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Entwurf zu Bericht durchgesickert

Der Europarat hat die Initiative der nationalkonservativen Regierung in Polen zum Umbau des Verfassungsgerichts kritisiert. Das Gericht sei ein zentrales Element zur Sicherstellung der institutionellen Gewaltenteilung, gerade in Zeiten starker politischer Mehrheiten, hieß es in einer Stellungnahme des Europarats, die Ende Februar bekanntwurde.

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„Solange das Verfassungsgericht seiner Arbeit nicht effizient nachgehen kann, ist nicht nur die Rechtsstaatlichkeit in Gefahr, sondern auch die Demokratie und die Menschenrechte“, hieß es. Wegen Zweifeln an der Einhaltung demokratischer Prinzipien steht Polen seit Jänner im Visier der EU-Kommission. Die Brüsseler Behörde hat gegen die Regierung ein Verfahren eröffnet, in dem die Reformen des Verfassungsgerichts und der öffentlich-rechtlichen Medien bewertet werden.

Polen bat selbst um Einschätzung

Die polnische Regierung hatte den Europarat im Dezember selbst um eine Bewertung der Reform gebeten, nachdem es zuvor scharfe Kritik aus der EU gegeben hatte. Die Venedig-Kommission, die den Europarat in juristischen Fragen berät, hatte bei einem Besuch in Warschau die umstrittene Reform des Verfassungsgerichts geprüft.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn, dessen Land zu dem Zeitpunkt die EU-Ratspräsidentschaft innehatte, hatte gesagt, was in Polen passiere, sei so, als ob man in Deutschland das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mundtot machen wolle. „Die Entwicklung in Warschau erinnert leider an den Kurs, den auch diktatorische Regime gegangen sind“, hatte er Reuters gesagt.

Warschau empört über Durchsickern

Der endgültige Bericht der Kommission soll noch im März fertig werden - dass ein Entwurf schon davor durchsickerte, ärgerte die polnische Regierung. Außenminister Witold Waszczykowski beklagte sich in einem Schreiben an Thorbjörn Jagland, den Generalsekretär des Europarats, darüber, dass der Bericht publik wurde. Die Regierung in Warschau bat infolgedessen um einen Aufschub des endgültigen Votums des Rates. Das Durchsickern des Entwurfs habe das Vertrauen seiner Regierung in die Arbeit der Kommission „ernsthaft erschüttert“, so Vizeaußenminister Aleksander Stepkowski.

Kritiker sehen Verfassungsgericht gelähmt

Die Gesetzesnovelle unterbindet nach Meinung von Kritikern die Gewaltenteilung in Polen und lähmt das Gericht. Unter anderem ist darin für Entscheidungen eine Zweidrittelmehrheit bei Richterentscheidungen vorgeschrieben und auch die Reihenfolge, in der Fälle bearbeitet werden müssen. Auch waren Ernennungen bei dem Gericht, die noch die Vorgängerregierung beschlossen hatte, kassiert worden, und der polnische Präsident hatte die dann neu ernannten Richter umgehend vereidigt.

Das Papier des Europarats ist ein Entwurf, der noch verändert werden kann. Über den Entwurf hatte zunächst die polnische Zeitung „Gazeta Wyborcza“ berichtet. Ein Sprecher des Europarats bestätigte auf Reuters-Anfrage den genannten Wortlaut. Dem Europarat gehören Mitglieder aus 47 Ländern an. Er dient als Forum für Debatten über Menschenrechtsfragen. Bewertungen haben keine rechtliche Bindung. Er ist auch nicht Teil der Europäischen Union.

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