Zentrale Weichenstellung vor US-Wahl
Am Dienstag - am „Super Tuesday“ - erfolgt die traditionell wichtigste Weichenstellung der US-Parteien zur Spitzenkandidatur für die Präsidentschaftswahl im November. In elf (Demokraten) beziehungsweise zwölf (Republikaner) der 50 US-Staaten stimmen die Parteianhänger dabei heuer über die Bewerber ab und schicken damit die entsprechende Zahl von Delegierten zur Kandidatenkür im Sommer.
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Heuer entscheiden sowohl Republikaner als auch Demokraten über ihre Kandidaten in den Bundesstaaten Alabama, Arkansas, Colorado, Georgia, Massachusetts, Minnesota, Oklahoma, Tennessee, Texas, Vermont und Virginia. In Alaska stimmen am Dienstag nur die Republikaner ab. Das Schwergewicht auf südlichen Staaten ist ein geschichtliches Erbe, entstand doch der „Super Tuesday“ bei der Wahl 1988 durch eine damals sehr angefeindete Finte der Südstaaten-Demokraten, um ihren bevorzugten Kandidaten zu pushen.
„Super Duper“ war dann doch zu viel
Die Südstaaten-Demokraten wollten damals mit ihrem gemeinsamen Wahltermin eigentlich nur ihrem Repräsentanten Dick Gephardt zum Durchbruch verhelfen, womit sie ohnehin scheiterten: Das Rennen machte damals Michael Dukakis. Was folgte, war jedoch eine Eigendynamik: Auch andere Staaten erkannten, dass eine frühe Wahl im Pulk mehr politisches Gewicht und Aufmerksamkeit sowie mehr lokale Werbeeinnahmen generiert.
Die Entwicklung, dass (fast) jeder beim „Super Tuesday“ mitmachen wollte, gipfelte bei den Vorwahlen 2008, als 24 Bundesstaaten am selben Tag entschieden, was nicht zuletzt Medien in Verlegenheit über die Benennung brachte: Vom „Giga Tuesday“ über den „Super Duper Tuesday“ bis zum „Tsunami Tuesday“ war alles dabei. Die De-facto-Ausschaltung des Kandidatenausleseprozesses passte den Parteien aber nicht in den Kram: Durch Änderungen der Statuten wurde der „Tuesday“ wieder auf „normal super“ zurückgestutzt.
Durcheinander aus verschiedensten Wahlformen
Dass der „Super Tuesday“ alle vier Jahre aufs Neue zustande kommt, ist einer Art politischer Schwarmintelligenz geschuldet: Eine Regel gibt es dafür nicht, wie überhaupt Republikaner und Demokraten jedes einzelnen Bundesstaates selbst über den Vorwahlmodus bestimmen können. Damit ergibt sich für die US-Vorwahlen ganz allgemein ein Durcheinander aus verschiedenen Wahlformen und auch Wahlterminen, heuer eben etwa in Alaska, wo nur die Republikaner beim „Super Tuesday“ mitmachen wollten. Die Demokraten wählen dort heuer erst am 26. März.
Primary, Caucus und noch mehr Unterschiede
Auch am „Super Tuesday“ sind die Wahlformen alles andere als einheitlich: Manche halten „closed primaries“ (nur für Parteimitglieder) ab, manche „semi-open primaries“ (auch für Parteifreie), Dritte wieder „open primaries“ (für jeden Wähler). Damit sind die Unterschiede aber nicht vorbei: Bei manchen Wahlen sind die Delegierten später an die Wählerentscheidung gebunden, bei anderen können sie auf dem Parteitag über die Kandidatenkür frei entscheiden.
Und es gibt noch mehr Unterschiede: Bei manchen Vorwahlen gilt das Verhältniswahlrecht, bei anderen wieder das Mehrheitswahlrecht. Gemeinsam haben alle Vorwahlformen nur, dass man nur einmal zu einer Primary gehen darf, also keine Stimmen für Republikaner und Demokraten abgeben darf. Neben Primaries gibt es außerdem noch die Wahlform des Caucus, wo Parteigänger auf lokaler Ebene informell bei Versammlungen ihre Delegierten küren.
Der Dienstag, der Tote erwecken kann
Unter dem Strich bleibt jedenfalls: Beim „Super Tuesday“ sind sehr viele Delegiertenstimmen zu holen. Heuer sind es bei den Republikanern 641 von 1.237, die es in dieser Partei für die Kandidatenkür im Sommer braucht, bei den Demokraten 1.017 von insgesamt 2.383, also die Hälfte der nötigen Stimmen. Über die gewonnenen Stimmen hinaus geht es auch um den Schwung, den man für die restlichen Vorwahlen mitnehmen kann.
Wenn es bei einem „Super Tuesday“ einen klaren Sieger gibt, dann sieht man diesen üblicherweise auch als Kandidaten der jeweiligen Partei wieder - selbst wenn sich davor keine klare Tendenz abgezeichnet hat. 1992 etwa dachte der Gouverneur von Arkansas schon ans Aufgeben, weil er bis zum „Super Tuesday“ keine einzige Vorwahl gewonnen hatte. Am entscheidenden Dienstag funktionierte es aber: Bill Clinton war „back from the dead“, wurde Kandidat und schließlich der 42. Präsident der Vereinigten Staaten.
Lukas Zimmer, ORF.at
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