Zusätzliche Hürden für Asylberechtigte
In Niederösterreich ist am Donnerstag eine Verschärfung der Mindestsicherung abgesegnet worden. St. Pölten ist mit dem Vorstoß nicht allein - auch in anderen Bundesländern sind Kürzungen für Flüchtlinge geplant. Eine Reform der Mindestsicherung steht auch auf Bundesebene auf der Agenda. Details sind noch offen - Hilfsorganisationen sehen dennoch den Sozialstaat bereits in Gefahr.
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Die in Niederösterreich beschlossenen Maßnahmen werden mit einer „Kostenexplosion“ bei der Mindestsicherung in den vergangenen Jahren, aber auch mit dem befürchteten Anstieg asylberechtigter Personen gerechtfertigt.
Für Asylberechtige, die Mindestsicherung beziehen, soll es in Niederösterreich künftig unter anderem verpflichtende Deutschkurse geben. Werden diese nicht besucht, droht eine Kürzung der Mindestsicherung um 50 Prozent. Wie im Burgenland bereits umgesetzt, sollen subsidiär Schutzberechtigte auch in Niederösterreich keine Mindestsicherung mehr bekommen - mehr dazu in oe1.ORF.at. Subsidiär Schutzberechtigte sind Personen, deren Asylantrag abgewiesen wurde, die aber nicht abgeschoben werden können, weil ihr Leben oder ihre Gesundheit im Herkunftsland aber bedroht wird.
„Gestrichen wird für alle“
Neben der Armutskonferenz und der Caritas kritisierte am Donnerstag auch die Diakonie die jüngsten Entwicklungen bei der Mindestsicherung scharf. Mit der Streichung bei subsidiär schutzberechtigten zerstöre das Land „die eigene vorbildliche Integrationspolitik der vergangenen Jahre“. Zudem werde von Flüchtlingen gesprochen, „aber gestrichen wird dann beim Wohnen für alle“.
Alarm schlägt auch das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR, laut dem auch eine zusätzliche Belastung für „das ohnehin schon strapazierte Grundversorgungssystem droht“. Dem Samariterbund zufolge habe die seit 2011 eingeführte Mindestsicherung „den Menschen in Österreich soziale Stabilität gebracht, die beibehalten werden soll“.
Der ÖGB warnt mit Blick auf die laufende Debatte über die Mindestsicherung vor einer „Demontage des Sozialstaates“. „Natürlich“ gebe es bei der Mindestsicherung aber auch Reformbedarf.
„Burgenland hat Zeichen der Zeit erkannt“
Die niederösterreichische ÖVP verwies im Vorfeld auf Überlegungen in anderen Bundesländern. „Das Bundesland Burgenland hat die Zeichen der Zeit längst erkannt und festgelegt, dass subsidiär Schutzberechtigte keinen Anspruch auf Leistungen aus der bedarfsorientierten Mindestsicherung haben, wenn sie Leistungen aus der Grundversorgung beziehen“, so der Landtagsabgeordnete Anton Erber (ÖVP), der gleichzeitig auf die geplanten Verschärfungen in anderen Bundesländern wie Salzburg und Oberösterreich verwies.
In Oberösterreich sorgen die von der Landesregierung geplanten Kürzungen der Mindestsicherung Asylberechtigte noch für heftige Debatten. Die Zeichen stehen angesichts einer schwarz-blauen Zweidrittelmehrheit dennoch auf baldige Umsetzung. Inhalt einer rechtlichen Prüfung ist in Oberösterreich aber auch, ob eine Kürzung der Mindestsicherung ausschließlich für Asylberechtigte überhaupt zulässig ist - mehr dazu in ooe.ORF.at.
„Schwierige Frage für Sozialdemokraten“
Burgenlands Soziallandesrat Norbert Darabos (SPÖ) spricht dennoch von einer „Maßnahme, die auch bei uns überlegt wird“. Verwiesen wird im Burgenland aber auch auf die auf Bundesebene noch laufenden Verhandlungen zur Neugestaltung der Mindestsicherung - mehr dazu in burgenland.ORF.at.
Auch in Salzburg will die ÖVP noch abwarten - in diesem Fall auf ein im März erwartetes Rechtsgutachten. Die Landtagsfraktionen zeigen sich in der Frage gespalten. Die FPS rund um den ehemaligen FPÖ-Politiker Karl Schnell ist mit der Forderung, die Mindestsicherung für Asylberechtigte zu halbieren, zuletzt aber noch abgeblitzt - mehr dazu in salzburg.ORF.at.
Integrationsvereinbarung in Vorarlberg
Inhalt heftiger Debatten ist das Thema Mindestsicherung auch in Kärnten. Freiheitliche, ÖVP, Team Kärnten Stronach und BZÖ sind für eine Kürzung der Mindestsicherung für Asylberechtigte - SPÖ und Grüne dagegen. Am Freitag sollen nun Experten zur Mindestsicherung Stellung nehmen - mehr dazu in kaernten.ORF.at.
Seit Montag in Kraft ist eine Neuregelung für den Erhalt der Mindestsicherung für Asylberechtigte unterdessen in Vorarlberg. Als erstes Bundesland hat Vorarlberg eine Integrationsvereinbarung für Flüchtlinge eingeführt. Bei Nichteinhaltung droht eine Kürzung der Mindestsicherung - mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.
In der Steiermark hält die ÖVP unterdessen den SPÖ-Vorschlag, die Mindestsicherung für Asylberechtigte teilweise zu streichen und stattdessen eine „Integrationshilfe“ einzuführen, zumindest für „diskussionswürdig“ - mehr dazu in steiermark.ORF.at. Klar gegen eine Kürzung der Mindestsicherung ist die SPÖ-geführte Wiener Landesregierung - mehr dazu in wien.ORF.at.
Faymann für stärkere Kontrollen
Auf Bundesebene hat die Regierung unterdessen noch keinen Modus gefunden, wie die Mindestsicherung neu gestaltet werden soll. Ob es Einschränkungen für anerkannte Flüchtlinge geben könnte, ließ Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) vor dem letzten Ministerrat offen, deutete aber seine Skepsis an. Kanzler Werner Faymann (SPÖ) will bei der Reform auf stärkere Kontrollen und Sachleistungen setzen.
Das Instrument der Mindestsicherung an sich verteidigte Stöger vehement. Einschränkungen für österreichische Familien, wie sie im ÖVP-Modell mit einer angedachten Deckelung mit 1.500 Euro die Folge sein könnten, plant er offenbar nicht. Aber auch bei Einschränkungen für anerkannte Flüchtlinge ist der Minister zurückhaltend, wenngleich er sich nicht endgültig festlegen wollte.
Reform soll bis Jahresende stehen
Die Grundprinzipien der Mindestsicherung seien Stöger zufolge das Vermeiden von Obdachlosigkeit sowie die Zurverfügungstellung eines Einkommens, mit dem man nicht hungern müsse. Diese Zielsetzung gelte für alle. Faymann verwies darauf, dass die geltende 15a-Vereinbarung zur Mindestsicherung zwischen Bund und Ländern noch bis Jahresende laufe. Spätestens bis dahin sollte ein geänderter Vertrag vorliegen.
Auch Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) wollte noch nicht ins Detail gehen. Dass Länder wie Oberösterreich nun eigene Regeln aufstellten, liege in deren Verantwortungsbereich. Im Ö1-Morgenjournal verteidigte Mitterlehner aber auch Bestrebungen, die Regeln für die Mindestsicherung für Flüchtlinge zu verschärfen - mehr dazu in oe1.ORF.at.
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