Ölstaaten ziehen die Notbremse
Die Ölminister der wichtigsten Förderländer ziehen angesichts der fallenden Ölpreise die Notbremse. Sie einigten sich am Dienstag auf eine Begrenzung der Ölförderung. Die Produktion solle auf dem Niveau von Jänner eingefroren werden, sagte Katars Ölminister Mohammed bin Saleh Al Sada nach einem Krisentreffen mit seinen Amtskollegen aus Russland, Saudi-Arabien und Venezuela.
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„Wir glauben, dass dieser Schritt den Markt stabilisieren wird“, sagte er in Katars Hauptstadt Doha. Die Vereinbarung sei jedoch davon abhängig, dass sich andere Produzenten ihr anschlössen. Die im Vorfeld nicht erwartete Gesprächsrunde gilt als Ausdruck der Bemühungen des Ölförderkartells OPEC, dem Preisverfall beim Erdöl zusammen mit Nicht-OPEC-Mitgliedern wie Russland entgegenzuwirken. In den kommenden Monaten sollten weitere Schritte zur Stabilisierung des Marktes geprüft werden.

Reuters/Naseem Zeitoon
Der saudische Ölminister will den Preis stabilisieren
„Worten müssen Taten folgen“
„Das Treffen war erfolgreich“, sagte der saudische Ölminister Ali al-Naimi. Die Vereinbarung sei jedoch davon abhängig, dass sich andere Förderstaaten in- und außerhalb der OPEC ihr anschlössen. „Wir wollen keine großen Preisschwankungen. Wir wollen das Angebot nicht verringern. Wir wollen die Nachfrage bedienen und den Preis stabilisieren“, so der saudi-arabische Minister. Auf dem Ölmarkt wurde wegen dieser Einschränkung nicht damit gerechnet, dass es bald zu einer Begrenzung des Angebots kommt. Der Ölpreis gab daraufhin den Großteil seiner zuvor erzielten Gewinne wieder ab.
Ein Experte nannte zwei Gründe: Zum einen werde die Förderung auf einem sehr hohen Niveau eingefroren, so Frederik Kunze von der NordLB. Zum anderen sei fraglich, ob die Länder ihre Vereinbarung auch umsetzten. „Schließlich müssen den Worten auch Taten folgen.“
Überzeugungsarbeit in Förderländern
Die Minister wollen sich nun um weitere Förderländer bemühen. Am Mittwoch will der venezolanische Ressortchef Eulogio del Pino in die iranische Hauptstadt Teheran reisen. „Wir werden dort mit den Ministern aus dem Iran und dem Irak sprechen“, sagte er. Venezuela steckt wegen des Ölpreisverfalls in finanziellen Schwierigkeiten. Fachleute befürchten, dass die Regierung in Caracas Probleme mit der Rückzahlung von Anleihen bekommen könnte.
Das Land pocht deswegen schon seit Längerem auf ein gemeinsames Vorgehen der OPEC-Staaten, um den Preisverfall zu stoppen. Del Pino sagte, er hoffe darauf, dass der Ölminister von Katar mit ihm nach Teheran reisen werde. Nach dem Ende der westlichen Sanktionen meldet sich der Iran gerade zurück auf dem Ölmarkt. Auch der Irak hatte zuletzt seine Förderung ausgeweitet.
Iran und Aserbaidschan signalisieren Ablehnung
Der Iran reagierte äußerst zurückhaltend auf die Pläne. „Bisher sehen wir Bedarf auf dem Ölmarkt und wären daher nicht bereit, auf unseren Anteil zu verzichten“, sagte Ölminister Bidschan Namdar Sanganeh am Dienstag der Agentur IRNA zufolge. Sanganeh verwies auf das Treffen mit seinen Kollegen aus Venezuela, bei dem das Vorhaben besprochen werden solle. Sein Land kenne bisher die Details nicht.
Auch Aserbaidschan erteilte einer Obergrenze für die Ölförderung eine Absage. Das Land habe keine derartigen Pläne, sagte Vizeölminister Natik Abbassow. Einem Insider zufolge sei der Iran erst dann bereit zu Gesprächen über einen solchen Schritt, wenn die Produktion wieder auf dem Niveau sei, das sie vor den internationalen Sanktionen erreicht habe, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters: „Unsere Situation unterscheidet sich stark von der anderer Länder.“
Ölpreis im zarten Plus
Da sich die Förderländer in Katar nicht wie erwartet auf eine Drosselung der Produktion einigten, fiel das zeitweise am Dienstag erreichte 6,5-prozentige Plus des Ölpreises rasch wieder in sich zusammen. „Ein enttäuschender Ausgang eines Treffens, von dem sich die Leute eine Kürzung der Fördermengen erhofft hatten“, sagte Naeem Aslam, Chefmarktanalyst des Brokerhauses Ava Trade.
Olivier Jakob, Chef des ÖaAnalysehauses Petromatrix, ist anderer Ansicht und bezeichnete die nun erreichte Vereinbarung gleichwohl als Durchbruch: „Es ist die erste Entscheidung seit November 2014, das Angebot zu begrenzen.“ Der Ölpreis brach in den vergangenen 18 Monaten wegen des riesigen Angebots um rund drei Viertel ein. Zeitweise kostete der Rohstoff weniger als 30 Dollar pro Fass - so wenig wie seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr.
Gegen Mittag kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordsee-Sorte Brent zur Lieferung im April 33,90 Dollar (30,3 Euro). Das waren um 51 Cent mehr als am Montag. Der Preis für ein Fass der US-Sorte WTI zur Lieferung im März stieg um 43 Cent auf 29,87 Dollar.
Drittel der Ölfirmen droht Pleite
Wegen des drastischen Ölpreisverfalls steht einer Studie zufolge etwa ein Drittel der Firmen in der Branche noch in diesem Jahr vor dem Aus. Von den weltweit etwa 500 untersuchten Unternehmen seien ungefähr 175 von einer Insolvenz bedroht, hieß es in einer am Dienstag vorgestellten Untersuchung der Unternehmensberatung Deloitte.
Sie seien mit insgesamt mehr als 150 Mrd. Dollar verschuldet und könnten sich wegen fallender Aktienkurse über Kapitalerhöhungen kaum noch frisches Geld beschaffen. „Diese Firmen haben zu lange gewartet und jetzt sind sie in Gefahr zu sterben“, so Deloitte-Experte William Snyder. „Es dreht sich alles um Liquidität.“ Der Ölpreisverfall brachte den großen Firmen zuletzt die schwächsten Quartalsergebnisse seit einem Jahrzehnt, BP fuhr sogar einen Rekordverlust ein. Viele Firmen haben deswegen den Abbau von Stellen angekündigt und ziehen sich aus einigen Projekten zurück.
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