Reformen „ins Leere gelaufen“
Nach Ansicht des OECD-Bildungsexperten Andreas Schleicher hat Österreich im Unterschied zu Deutschland zu wenig getan, um die Zahl der leistungsschwachen Schüler zu senken. „Viele Reformen sind interessant, aber nicht in der nötigen Konsequenz durchgeführt worden“, so Schleicher im Ö1-„Mittagsjournal“. „Die verschiedenen Ebenen in Österreich, Bund und Länder, haben nicht an einem Strang gezogen.“
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Deutschland habe dagegen einiges getan und die Zahl seiner leistungsschwachen Schüler deutlicher reduziert als Österreich, betonte Schleicher im Zuge der Präsentation der PISA-Auswertung zu leistungsschwachen Schülern in Berlin. „Frühe Förderung, Ganztagsschulen, Bildungsstandards, Investitionen in Lehreraus- und -weiterbildung - da ist in Deutschland viel in Gang gekommen.“
Ministerin sieht sich in ihren Forderungen bestätigt
Zum Unterschied von Deutschland sind laut Schleicher in Österreich „viele der Reformen ein bisschen ins Leere gelaufen oder ins Gegenteil verkehrt worden“. Die Studie habe etwa gezeigt, dass in jenen Ländern, die es geschafft hätten, die besten Lehrer und Direktoren in die schwierigsten Klassen bzw. Schulen zu bringen, der Anteil an schwachen Schülern am geringsten sei - gleichzeitig hätten die leistungsstarken Schüler davon profitiert.
Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) sieht durch die PISA-Auswertung allerdings vor allem eigene Forderungen und Konzepte wie die Ganztagsschule, gemeinsame Schule und ein zweites Kindergartenjahr bestätigt. „Die Ganztagsschulen bieten eine Verlängerung des Schulalltags und stellen damit eine effektive Förderung der SchülerInnen dar“, so die Ministerin in einer Aussendung. „Risikofaktoren wie geringe Sprachkenntnisse oder Sozialstatus sind besser ausgleichbar. Mit der Durchmischung der SchülerInnen kann gezielt auf diese Faktoren eingegangen werden.“
Jank prophezeit baldige Spitzenplätze
Auch ÖVP-Bildungssprecherin Brigitte Jank sieht keinen Grund für ein Umdenken. Die Studienergebnisse hätten gezeigt, „dass wir mit der bereits eingeleiteten Bildungsreform und besonders mit dem zweiten verpflichtenden Kindergartenjahr den richtigen Weg einschlagen“, meinte sie in einer Aussendung. Mit den beschlossenen Maßnahmen werde „die Qualität im Unterricht steigen und das Schulsystem im internationalen Vergleich an die Spitze geführt“.
Opposition fordert Umdenken ein
Für NEOS-Chef Matthias Strolz wird mit der Auswertung jedoch „ein weiteres Mal bestätigt, welch dringenden Erneuerungsbedarf wir im österreichischen Schulsystem haben“. Die Regierung schaffe es allerdings „nicht einmal, an den kleinen Stellschrauben zu drehen - von einer echten Reform kann keine Rede mehr sein“. Er setzt daher auf Schulautonomie.
Das Team Stronach will dagegen, dass sich Direktoren ihr Lehrerpersonal selbst auswählen können, mittels individuellen Bildungsschecks eine „Privatschule für alle“ realisiert wird und eigene Deutschklassen für Flüchtlinge eingerichtet werden. „Erst wenn sie unsere Sprache ausreichend beherrschen, sollen sie am Regelunterricht teilnehmen dürfen“, so Bildungssprecher Robert Lugar in einer Aussendung.
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