Flächendeckend Schwächen in Österreich
In einer am Mittwoch veröffentlichten Sonderauswertung zur letzten PISA-Studie in Österreich 2012 widmet sich die OECD ausschließlich „Schülern mit Leistungsschwächen“, und zwar gravierenden: Es geht um jene, die sich als Erwachsene in der Gesellschaft „nicht vollständig zurechtfinden“ werden können. Oft sind sie es, die Klassen wiederholen, was laut Statistik ihre Chancen noch schlechter macht.
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Das „Sitzenbleiben“ wurde OECD-weit als größter Risikofaktor ausgemacht, um an das unterste Ende der Bildungschancen abzurutschen. Wer eine Klasse wiederholte, hatte selbst unter Berücksichtigung des sozioökonomischen Hintergrunds und der anderen Charakteristika das 6,4-fache Risiko auf eine Einordnung als leistungsschwacher Schüler. Für Österreich stuft die OECD gleich elf Prozent (OECD-Schnitt: zwölf Prozent) der 15- und 16-Jährigen als in allen getesteten Fachgebieten leistungsschwach ein.
Wie man „schwache Schüler“ definiert
Als „Schüler mit Leistungsschwächen“ definiert die OECD jene Jugendlichen, die bei der PISA-Studie in allen getesteten Fächern eine bestimmte Punktezahl unterschritten haben. 2012 wurden Lesen, Naturwissenschaften und schwerpunktmäßig Mathematik abgefragt. Die im Dreijahresrhythmus stattfindenden Tests haben wechselnde Schwerpunkte. Der erst nach politischem Tauziehen durchgeführte Test 2015, dessen Resultate Ende 2016 vorliegen werden, legte das Schwergewicht auf Naturwissenschaften.
Die elf Prozent der schwächsten Schülerinnen und Schüler, rund 9.500 in absoluten Zahlen, können mit Hilfe klarer Anweisungen und unter Heranziehung einer einzigen Informationsquelle zum Teil zwar simple Schlüsse ziehen, etwas komplexere Aufgaben aber nicht selbstständig lösen. Damit liegt Österreich deutlich über dem OECD-Schnitt, ebenso wie bei Schwächen nach jeweils einzelnen Fachgebieten aufgeschlüsselt.
Österreich im untersten Drittel
Zu schwachen Schülern gehören in Österreich in Mathematik 19 Prozent (OECD-Schnitt: 23 Prozent), im Lesen 19,5 Prozent (OECD: 18 Prozent) und in Naturwissenschaften 16 Prozent (OECD: 18 Prozent). In Mathematik ist dieser Anteil in Österreich gegenüber der ersten PISA-Studie praktisch konstant geblieben, im Lesen und in den Naturwissenschaften ist er jeweils um etwa einen Prozentpunkt leicht zurückgegangen. Der Wert von elf Prozent betrifft jene Schüler, die in jeder der drei Einzeldisziplinen schwach sind.
OECD-weit am geringsten ist die Zahl der in allen drei Disziplinen schwachen Schüler in Schanghai und Hongkong mit jeweils knapp zwei Prozent. In Europa liegen Estland (drei Prozent), Finnland (fünf Prozent), Polen und Liechtenstein (je sechs Prozent) am besten. Am unteren Ende der Skala findet sich Peru (53 Prozent), innerhalb der EU haben Bulgarien (29 Prozent), Rumänien (24 Prozent) und die Slowakei (19 Prozent) Aufholbedarf. Insgesamt befindet sich Österreich am Beginn des unteren Drittels aller Teilnehmerstaaten.
„Hochrisiko-Charakterprofil“ erstellt
Die OECD geht in der Sonderauswertung vor allem den Gründen für die Leistungsschwächen nach. Ergebnis: „Den“ einzigen Risikofaktor gibt es nicht, vielmehr „eher eine Kombination und Anhäufung verschiedener Hindernisse und Benachteiligungen, die Schüler ihr ganzes Leben lang begleiten“, etwa Geschlecht, sozioökonomischer Status, Migrationshintergrund, Sprache, Familiensituation, Wohnort, Schulwahl sowie der Besuch eines Kindergartens und der Umstand, ob eine Klasse wiederholt wurde.
Das höchste Risiko eines schlechten Abschneidens hätte OECD-weit demnach ein Mädchen mit Migrationshintergrund aus einem Alleinerzieher-Haushalt auf dem Land mit geringem Einkommen und Bildung, in dem eine andere Sprache als jene des Untersuchungslandes gesprochen wird, das keinen Kindergarten besucht hat und in eine Schule mit berufsbildendem Schwerpunkt geht, wo es bereits eine Klasse wiederholt hat. Für Österreich gilt Ähnliches, allerdings sind die Zusammenhänge mit der Familiensituation und dem Wohnort schwächer.
Einkommen in Österreich entscheidender
Der sozioökonomische Hintergrund spielt eine wichtige Rolle: 34 Prozent der Schüler aus Haushalten mit geringem Einkommen bzw. Bildung fielen in Österreich unter die Leistungsschwachen etwa in Mathematik - vergleichsweise waren es nur sechs Prozent aus finanzkräftigeren bzw. höher gebildeten Familien. Geld macht vor allem in Österreich einen Unterschied: Im OECD-Schnitt haben die mit den sozioökonomisch „besten Karten“ ein zehnprozentiges Risiko, in Mathematik ans unterste Ende abzurutschen.
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