UNO schlägt Alarm
Die Regierungsoffensive auf die syrische Großstadt Aleppo hat eine neue Fluchtbewegung ausgelöst. Seit Tagen sind Zigtausende Syrer an der syrisch-türkischen Grenze gestrandet. Entgegen allen anfänglichen Beteuerungen der Türkei, eine Politik der offenen Grenzen zu betreiben, bleiben die Grenzübergänge in der türkischen Grenzregion Kilis geschlossen.
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Am Dienstag schlug die UNO Alarm. Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) forderte die Türkei auf, sofort die Grenzen zu öffnen. 31.000 Menschen flohen laut UNO in den vergangenen Tagen aus Aleppo und seiner Umgebung zur türkischen Grenze. Zuvor war schon von 50.000 Flüchtlingen die Rede. UNO-Nothilfekoordinator Stephen O’Brien zeigte sich „tief beunruhigt“ über die Lage in den Flüchtlingscamps.

Omniscale/OSM/ORF.at
Die Aleppo-Offensive löste eine neue Fluchtbewegung Richtung Türkei aus
Die Türkei will den Großteil der Menschen auf syrischem Gebiet versorgen und lässt kaum Syrer ins Land. Am Wochenende hieß es noch, man wolle die Grenze nur im Fall einer „außergewöhnlichen Krise“ öffnen. Einzig Schwerkranke und Verletzte werden über die Grenze gelassen.
Katastrophale Zustände in Lagern
Schätzungen zufolge sind 80 Prozent der Zehntausenden Flüchtlinge Frauen und Kinder. Es gebe auch Berichte über getötete und verletzte Zivilisten, denn bei den Kämpfen um Aleppo seien auch zwei Krankenhäuser getroffen worden, sagte O’Brien. Helfern zufolge herrschen in den Lagern katastrophale Zustände. Es gebe keinen einzigen freien Platz mehr, in und um die syrische Grenzstadt Asas schlafen Familien auf der Straße oder zu je 20 Personen in für sieben Menschen vorgesehenen Zelten.

AP/IHH
Die Türkei errichtete bei der syrischen Stadt Asas bisher acht Flüchtlingslager
Die Türkei errichtete nach Angaben der regierungsnahen türkischen Hilfsorganisation IHH bisher acht Flüchtlingslager rund um Asas. In der Türkei halten sich bereits mehr als 2,5 Millionen syrische Kriegsflüchtlinge auf.
Angst vor Belagerung Aleppos
Indes wächst die Sorge vor einem Belagerungszustand in der bisher zwei Millionen Einwohner zählenden Stadt Aleppo. Nach wie vor befinden sich rund 300.000 Zivilisten in der Großstadt. Schafft es die syrische Armee, Aleppo einzukreisen, könnten rund 300.000 Menschen von weiterer Versorgung abgeschnitten werden, warnte die UNO am Dienstag.
Denn die Regierungsoffensive schnitt bereits die letzte für Nachschub sorgende Verbindung zwischen der türkischen Grenze und den von Rebellen gehaltenen Teilen der Stadt ab. Eine Belagerung Aleppos könnte mit einer Flucht von bis zu 150.000 weiteren Zivilisten einhergehen, so die UNO auf Basis von Schätzungen örtlicher Stellen. Die türkische Regierung erwartet „im schlimmsten Fall“ 600.000 Flüchtlinge, die sich Richtung Türkei auf den Weg machen.
Vorräte werden knapp
Aus Sorge decken sich die in Aleppo zurückgebliebenen Menschen mit Grundnahrungsmitteln und Gütern des täglichen Bedarfs ein. Vorräte an Reis, Mehl und Benzin sind bereits knapp geworden. „Aber selbst wenn wir verhungern, einige von uns müssen bleiben“, sagte Abd Rahman, ein Bewohner Aleppos, gegenüber der dpa. „Wenn alle flüchten, ist keiner mehr da, um unsere Stadt zu verteidigen.“ Schon seit Monaten mangle es an Trinkwasser.
Ärzte bereiten sich ebenfalls auf eine mögliche Belagerung der Stadt vor. Sie sammeln Medikamente, Verbände und Betäubungsmittel. Erschwert wird die Lage, weil täglich in Aleppo Häuser, Straßen und Krankenhäuser bombardiert werden, so Augenzeugenberichte.
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