Themenüberblick

„Es wird Unvorhersehbares geschehen“

Mit Feuerwerken und dem Abbrennen von Räucherstäbchen ist in China am Montag das Jahr des Affen begrüßt worden. Der Affe wird nach dem traditionellen chinesischen Mondkalender die Geschicke der kommenden Monate prägen - und nach Ansicht von Feng-Shui-Meistern für unruhige Zeiten sorgen. Denn erstmals seit 60 Jahren ist der Affe mit dem Element Feuer verbunden.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Der Affe sei traditionell mit dem Element Metall verbunden, das für Härte stehe, während das Feuer die Sonne darstelle, sagt Alion Yeo, ein angesehener Feng-Shui-Meister in Hongkong. „Wenn diese beiden Elemente (Affe und Feuer) sich verbinden, haben wir eine extrem hohe Temperatur. Wir müssen mit vielen Streitereien rechnen, mit Krankheit“, sagt Yeo. „Man kann sogar das Metall und das Feuer mit Raketen, Kugeln oder Gewehren in Verbindung bringen.“

Ganzes Land kommt zum Stillstand

Das chinesische Neujahrsfest ist zugleich das zentrale Familienfest der Kultur. In der größten Reisewelle der Welt sind zig Millionen Chinesen in ihre Heimatorte gefahren. Fabriken und Büros sind für mindestens eine Woche geschlossen, sodass das Reich der Mitte praktisch zum Stillstand kommt. Auch viele chinesische Exilkommunen rund um die Welt stehen im Zeichen des Fests, das zugleich den traditionellen Frühlingsbeginn markiert.

Feierlichkeiten zum Chinesischen Neuen Jahr

Reuters

Traditionelle Löwenfigur bei den Neujahrsfeiern in Peking

Zuletzt hatte es 1956 eine Verbindung von Affe und Feuer gegeben. Damals besiegelte etwa die Sues-Krise das Ende des britischen Empire. Die Hongkonger Wahrsagerin Thierry Chow prophezeit nun ein „dramatisches“ Jahr: „Das Feuer ist das dominierende Element. Wenn es auf den Affen übergreift, geht er überall hin, ist er unvorhersehbar“, sagt sie. „Es wird viel Unvorhersehbares geschehen.“ Neben Instabilität seien aber auch Innovationen zu erwarten, weil die Technologie mit dem Feuer verknüpft sei.

Silvestershow ohne „Affenkönig“ empört Seher

Das Jahr des Affen ist bei zukünftigen Eltern beliebt, da viele glauben, dass ihre Kinder selbstbewusst, schlau und erfindungsreich werden können, wenn sie in diesem Jahr geboren sind. Jeder in China kennt auch die Geschichte vom Affenkönig Sun Wukong aus dem historischen Roman „Die Reise nach Westen“. Die mutige, einfallsreiche und witzige Figur taucht in vielen Opern, Filmen und Fernsehserien auf.

Die Verfilmung in einer berühmten TV-Serie von 1986 ist bis heute schon 3.000 mal auf verschiedenen Sendern gelaufen. Der damalige Darsteller Liu Xiao Ling Tong verkörpert seither für Chinesen wie kein anderer den Affenkönig, wurde aber nicht zur diesjährigen Neujahrsgala eingeladen, was Proteste der Fernsehzuschauer auslöste. Rund 690 Millionen Chinesen sollten nach den Erwartungen in diesem Jahr wieder die traditionelle Gala gesehen haben, die damit die meistgesehene Fernsehshow der Welt ist.

„Nur“ doppelter WHO-Luftgrenzwert

Wie in den Vorjahren wurde der Einsatz von Feuerwerk in vielen Städten weiter begrenzt, um die Luftverschmutzung und die Feuergefahr zu verringern. Erstmals erteilte die Metropole Shanghai sogar ein Verbot für Kracher und Raketen. In der Hauptstadt Peking begannen anders als in den Jahren zuvor viele Menschen nicht schon am Sonntagnachmittag (Ortszeit), sondern erst am späten Abend und zu Mitternacht damit, Böller und Raketen zu zünden.

Feierlichkeiten zum Chinesischen Neuen Jahr

Reuters/Bobby Yip

Eine Figur der Neujahrsparade in Hongkong

Viele Großstädte hatten die Bürger dazu aufgefordert, mit dem Feuerwerk sparsam umzugehen. Feuerwerk hatte die Smog-Werte in den Jahren zuvor in vielen Städten auf ein Vielfaches der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Höchstwerte hochschnellen lassen. Montagfrüh (Ortszeit) lag der Luftindex der US-Botschaft in Peking bei 50 (200 Prozent des offiziellen WHO-Grenzwerts), was für die Hauptstadt ein guter Wert ist.

Tradition bröckelt

Traditionsbewusste Chinesen fügten sich den Feuerwerksverboten nur ungern. Auch in der offiziellen Zeitung „China Daily“ fand die Sorge um den Verlust der gewohnten Atmosphäre Widerhall - abgesehen vom Aberglauben, dass die Knallerei böse Geister vertreiben soll, was im Jahr des feurigen Affen nötiger sei als in anderen Jahren. Ohnehin bröckelt aber die Tradition: Immer mehr junge Chinesen nutzen die freien Tage nicht für die Heimkehr zur Familie, sondern für Urlaubsreisen ins Ausland.

Links: