Themenüberblick

Deutsch-türkische Kooperation forciert

Zur Bewältigung der Flüchtlingskrise setzt die deutsche Kanzlerin Angela Merkel zunehmend auf eine Koalition der Willigen in der EU sowie eine deutsch-türkische Kooperation. Zusammen mit Ministerpräsident Ahmet Davutoglu plädierte sie in Ankara für eine Beteiligung der NATO am Kampf gegen die Schlepper im Seegebiet zwischen Griechenland und der Türkei.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Merkel sprach zudem von „gemeinsamen Polizeikooperationen gegen illegalen Grenzübertritt“. Zudem müsse geprüft werden, wie die Arbeit der türkischen Küstenwache und der EU-Grenzschutzagentur Frontex koordiniert werden könne. Die Türkei werde „zusammen mit deutschen Polizisten die Grenzen sichern und Schleuser bekämpfen“, sagte Davutoglu.

„Erörtern, wie NATO unterstützen kann“

Beim Treffen der NATO-Verteidigungsminister in dieser Woche müsse erörtert werden, „inwieweit die NATO bei der Überwachung der Situation auf See hilfreich sein und die Arbeit von Frontex und der türkischen Küstenwache unterstützen kann“, sagte Merkel. „Wir können nicht von der Türkei auf der einen Seite erwarten, dass sie alles stoppt, und auf der anderen Seite sagen wir, über die Kontingente sprechen wir dann in einem halben Jahr“, sagte Merkel mit Blick auf die von der EU geforderten Grenzkontrollen an der türkisch-griechischen Grenze.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu

APA/AFP/Adem Altan

Merkel und Davutoglu in Ankara

Beides müsse Hand in Hand gehen. „Deshalb gibt es jetzt eine Gruppe freiwilliger Länder in der EU, die auf diesem Gebiet auch die ersten Schritte tun werden“, kündigte Merkel an. Mit der Türkei sei am Montag eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden, damit in der kommenden Woche klar sei, wie die Aufnahme dieser Kontingentflüchtlinge organisiert werden könne.

Steinmeier gegen NATO-Einsatz

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier äußerte sich hingegen kritisch zu einem möglichen NATO-Einsatz im Rahmen der Bewältigung der Flüchtlingskrise: „Die NATO kann keine Rolle bei der Steuerung der Flüchtlingsmigration spielen“. Möglich sei es dagegen, die NATO bei der Aufklärung einzubinden. Es sei etwa „das Überlassen von Lagebildern, die eine effektive Bekämpfung der Schlepperkriminalität möglich machen“, denkbar.

Soforthilfe und Mechanismen für Kontingente

Für die Zehntausenden notleidenden syrischen Flüchtlinge, die vor Bombardierungen in ihrem Land bis zur türkischen Grenze geflohen sind, sicherte Merkel dem türkischen Premier Soforthilfe durch das Technische Hilfswerk zu. Ankara versucht, die Flüchtlinge auf syrischem Gebiet zu versorgen, lässt die Menschen aber nicht einreisen.

Merkel betonte, dass auch künftig syrische Flüchtlinge nach Europa und damit auch nach Deutschland kommen werden. Die Regierung in Ankara hat der EU zugesagt, die Grenzen besser zu schützen. Im Gegenzug verspricht die EU der Türkei mindestens drei Milliarden Euro für die Versorgung der Flüchtlinge im Land. Die Türkei hat nach eigenen Angaben bereits rund 2,5 Millionen Flüchtlinge alleine aus dem Bürgerkriegsland Syrien aufgenommen.

Scharfe Kritik an Russland

Auf die Frage, ob die Türkei nicht viel mehr Geld brauchen werde, sagte Merkel: „Jetzt, würde ich sagen, geben wir erst mal das Geld aus. Wenn es alle ist, können wir auch wieder neu sprechen.“ Merkel, die vor ihrem Abflug auch mit Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan zusammenkam, beklagte, Russland verletze mit den Bombardements die UNO-Resolution gegen Angriffe auf Zivilisten. Sie sei „entsetzt über das menschliche Leid“. Davutoglu warf Moskau vor, überhaupt nichts zum Frieden beitragen zu wollen.

Erdogan hatte am Sonntag erklärt, die Schutzsuchenden würden „wenn nötig“ aufgenommen. Doch blieb der Grenzübergang Öncüpinar vorerst geschlossen. Hilfsorganisationen warnten vor einer neuen humanitären Katastrophe. Unterdessen sind bei zwei Bootsunglücken vor der türkischen Küste 38 Flüchtlinge ertrunken, darunter elf Kinder.

Links: