Regulierung per Knopfdruck
Fast 3.000 Kubikmeter Wasser stürzen pro Sekunde die bis zu 57 Meter hohen Klippen der Niagarafälle in die Tiefe. Das beeindruckende Naturschauspiel ist mit vielen Millionen Besuchern im Jahr das beliebteste Tourismusziel Nordamerikas. Für Reparaturmaßnahmen überlegt der US-Bundesstaat New York, den Wasserhahn auf seiner Seite vorübergehend abzudrehen.
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Schon jetzt stürzt nicht das ganze Wasser, das der Niagara River heranspült, über die berühmten Klippen zwischen den USA und Kanada. Ein großer Teil davon wird in ein Kraftwerk zur Stromgewinnung umgeleitet. Und über Nacht - und außerhalb der Saison, wenn wenig Touristen kommen - wird die Wassermenge noch einmal deutlich gedrosselt. Die Niagarafälle lassen sich per Knopfdruck regulieren.
Viele Münzen und zwei Leichen
Wie die Lokalnachrichtenseite Buffalo News berichtet, stehen auf US-Seite der Wasserfälle dringende Reparaturmaßnahmen an zwei alten Brücken an. Dafür könnten die Niagarafälle zum zweiten Mal in ihrer Geschichte praktisch „abgeschaltet“ werden.

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So sahen die (fast ganz) trockenen Fälle im Jahr 1969 aus, das Wasser wurde bis auf ein Rinnsal reduziert
Im Jahr 1969 war das erstmals geschehen. Damals wurde das Wasser für fast fünf Monate umgeleitet, um die Erosionsauswirkungen zu untersuchen, die dafür sorgen, dass jährlich große Gesteinsmassen über die Klippen in den darunterliegenden Ontariosee stürzen. Freigelegt wurden die nackten Klippen mit enormen Geröllmassen. Außerdem fand man unzählige Münzen, die Besucher in der Hoffnung, es bringe Glück, die Wassermassen hinunterwarfen. Auch zwei Leichen von mutmaßlichen Selbstmördern wurden entdeckt. Eine davon wurde niemals identifiziert.
Wohl nicht vor 2019
Die Pläne, das Wasser komplett abzudrehen, sind noch nicht fix, auch die finanziellen Mittel dafür wurden laut Buffalo News noch nicht aufgebracht. Vor 2019, wird gemutmaßt, werde das also ohnehin nicht passieren. Und während sich Anrainer zum Teil skeptisch und zum Teil begeistert zeigen, gibt es unterschiedliche Meinungen darüber, wie sich ein mehrmonatiges Abschalten der Wasserfälle auf die Touristenzahlen auswirken würde.

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Wo normalerweise Millionen Liter Wasser hinunterstürzen, zeigt sich ohne Wasser eine ganze Menge an Steinen. Die Tourismusattraktion ist ein enormer Wirtschaftsfaktor für die Region.
Einerseits sind Wasserfälle ohne Wasser natürlich nicht besonders spektakulär. Auf der anderen Seite jedoch hätten Besucher dann zum ersten Mal seit 50 Jahren die Möglichkeit, das Flussbett zu sehen - und es vielleicht sogar zu durchwandern. Auch im Jahr 1969 seien unzählige Touristen zu den trockenen Fällen gepilgert, schreibt der „Guardian“ unter Berufung auf Zeitungsberichte von damals.
Umweltauswirkungen nicht ganz klar
Die Maßnahme würde sich auch auf das Ökosystem auswirken. Einige Fische und Amphibien würden ihren Lebensraum verlieren, auch ist nicht ganz klar, wie sich das Fehlen des Wassers auf das Gestein auswirkt. Allerdings erwarten Experten lediglich einen lokal begrenzten Einfluss. Jill Jedlicka, Geschäftsführer der Buffalo Niagara Flusserhaltung, sagte gegenüber den Buffalo News, man müsse noch abwarten, um die Konsequenzen abschätzen zu können. „Das Wichtigste ist, nichts zu schädigen.“ Schließlich ist das Gebiet auch wichtiger Lebensraum für viele Vogelarten.
Dennoch werden keine Langzeitauswirkungen erwartet. Denn betroffen wäre lediglich die deutlich kleinere US-Seite der Niagara Falls, die American Falls, in der nur etwa 15 Prozent des Wassers über die Klippen fließen. Deutlich spektakulärer und beeindruckender sind die Horseshoe Falls, die zum größten Teil auf kanadischer Seite liegen. Sie haben eine Kantenlänge von 670 Metern. Zum Vergleich: Die American Falls sind 260 Meter lang.
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