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„Inhalt wichtiger“ als Abschlusstermin

In einem ZIB2-Exklusivinterview hat die US-Botschafterin in Wien, Alexa Wesner, die US-Standpunkte beim Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA verteidigt. Sie räumte ein, dass es noch einige Reibungspunkte gebe, beide Seiten aber guten Willens seien, die Verhandlungen bald abschließen zu können. In Sachen Lebensmittelsicherheit beruhigte Wesner: Auch die USA hätten hohe Standards - und niemand sei an einer Verwässerung interessiert.

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Die Sicherheit von Konsumenten, Umwelt und Arbeitnehmern seien für beide Seiten sehr wichtig, so die Botschafterin im Gespräch mit Sonja Sagmeister. Bei TTIP gehe es nicht darum, Standards herunterzusetzen oder Vorschriften zu schwächen. Auf „beiden Seiten des Atlantik“ gebe es hohe Standards, manchmal zwar unterschiedliche, aber jedenfalls hohe. Auch die USA würden kein Abkommen unterzeichnen, das Regeln weniger streng mache, meint Wesner.

„Gen-Lachs“ spielt in TTIP keine Rolle

Sie höre sich gerade in Österreich häufig die Bedenken aus der Bevölkerung an, nutze aber auch die Gelegenheit, um „Mythen“ rund um das Abkommen aufzulösen. Natürlich seien es schwierige Verhandlungen, gerade beim Thema Biotechnologie. In den USA habe man die Haltung, dass die EU-Regeln zur Lebensmittelsicherheit auf wissenschaftlichen Beinen stehen sollten, so die Botschafterin in einem Seitenhieb auf Kritiker.

Das Interview zu TTIP in voller Länge

US-Botschafterin Wesner zeigte sich im Gespräch mit Sonja Sagmeister überraschend auskunftsbereit, was den Stand der TTIP-Verhandlungen betrifft.

Als Beispiel nennt Wesner den genmanipulierte Lachs, der kürzlich in den Schlagzeilen war. Jene Firma, die das Patent darauf hält, habe keine Absicht, das zu exportieren. Und die ganze Sache sei nicht Gegenstand der TTIP-Verhandlungen.

Kaum US-Agrarexporte nach Österreich

Gerade in Österreich ist laut Wesner der Anteil von US-Produkten auf dem Agrarmarkt verschwindend klein, nur 0,3 Prozent würden diese ausmachen. Bei Agrarimporten im Wert von Wert 151 Mio. Dollar würden die USA in Österreich nur an 27. Stelle der Länderliste stehen. Umgekehrt exportiere Österreich landwirtschaftliche Waren im Wert von 796 Mio. Dollar in die USA.

Beim Markenschutz für Regionalprodukte gibt es Reibungspunkte, wie Wesner zugibt. Allerdings existiere in den USA auch schon ein Markenschutz für einige dieser Produkte - und gerade diese würden sich in den USA auch gut verkaufen. „Da gibt es noch Verhandlungsspielraum. Es wird wichtig, uns hier zu einigen.“ EU-Kommissarin Cecilia Malmström gehe davon aus, dass von rund 1.000 geschützten Regionalprodukten 145 Marken auch in den USA anerkannt werden. „Ich bin optimistisch dass man da zu einem guten Ergebnis kommen werde“, so die Botschafterin.

US-Botschafterin Alexa Wesner im Gespräch mit ORF-Reporterin Sonja Sagmeister

ORF

Seit fast zweieinhalb Jahren ist Wesner US-Botschafterin in Wien

Streit über öffentliche Aufträge

Auch beim freien Marktzugang für öffentliche Aufträge glaubt Wesner an eine gütliche Einigung. Dass die USA hier per Gesetz heimische Anbieter bevorzugt, verteidigt sie. Derzeit werde das durch ein Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO) geregelt. Und schon derzeit würden in den USA europäische Firmen Aufträge in doppelter Höhe wie US-Unternehmen in Europa bekommen. Auch bei der Neuverhandlung der WTO-Regelung werde es ein gutes Ergebnis für die Europäer geben.

Auch was den Zeitpunkt des Abschlusses betrifft, zeigte sich Wesner optimistisch. Es gebe auf beiden Seiten den politischen Willen, das Abkommen habe bei US-Präsident Barack Obama hohe Priorität. Auch Malmström wolle TTIP noch heuer, also in der Amtszeit Obamas, abschließen. Es gehe aber nicht um Geschwindigkeit, sondern den Inhalt. „Alle wollen ein gutes Abkommen“, das stehe im Vordergrund.

Lob für internationale Rolle Wiens

Voller Lob zeigte sich die Botschafterin für die Bemühungen Österreich, als Gastgeber internationaler Konferenzen in Erscheinung zu treten. Gipfel wie die Syrien- und Iran-Gespräche seien zwar viel Arbeit, aber sie fühle sich geehrt, hier Gastgeber zu sein. „Wir wollen Österreich danken“, so die Botschafterin. Die Zusammenarbeit mit allen Beteiligten, auch der Regierung, funktioniere sehr gut. Und: „Außenminister John Kerry mag Wien so gerne, kein Wunder, dass er immer hier herkommt.“

Schweigsam zu NSA-Vorwürfen

Weniger gesprächig zeigte sich Wesner wenig überraschend auf die Frage nach den kolportierten NSA-Abhöraktionen in Österreich von 2005 bis 2008. Es gehe um „Anschuldigungen“, das sei das richtige Wort, so Wesner. Die Kooperation zwischen US- und österreichischer Exekutive sei „extrem gut“, das werde auch weiterhin so sein. Und gemeinsam werde man für die Sicherheit der Bürger der beiden Länder sorgen.

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