Themenüberblick

Einmal anonym ist nicht immer anonym

Die Innenminister der EU haben sich im Dezember 2015 auf das umstrittene System zur Speicherung von Fluggastdaten in Europa zur Terrorabwehr geeinigt. Auch der zuständige Ausschuss im Europaparlament stimmte mit einer Mehrheit für das Vorhaben. Vermutlich im März muss es noch im Plenum des Europaparlaments angenommen werden.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Die Daten des Fluggastdatenregisters (PNR) sollen nach den aktuellen Plänen für sechs Monate personalisiert und danach weitere fünf Jahre anonymisiert (mit der Option auf eine „Re-Identifizierung“) gespeichert werden. Bei Verdacht auf Terrorismus und andere schwere Straftaten sollen die Sicherheitsbehörden darauf zugreifen dürfen.

60 Datensätze pro Passagier

Erfasst werden sollen insgesamt rund 60 verschiedene Informationen, neben Namen, E-Mail-Adressen, Telefon- und Kreditkartennummern unter anderem auch die Essenswünsche der Passagiere. Innereuropäische Flüge und Charterflüge sollen „auf freiwilliger Basis“ erfasst werden.

Seit fünf Jahren wird das umstrittene Vorhaben in der EU diskutiert, seit dem Anschlag auf das französische Satiremagazin „Charlie Hebdo“ im Jänner 2015 wurde das Thema verstärkt aufgegriffen. Das EU-Parlament hatte das Vorhaben wegen massiver Datenschutzbedenken lange Zeit blockiert. Bereits seit 2012 erhalten die USA auf Basis des PNR-Abkommens die Daten von EU-Passagieren auf Flügen in die USA. Ähnliche Abkommen hat die EU mit Kanada und Australien. Umstritten war bisher, wie die EU mit diesen Daten umgeht.

Kritik von EU-Datenschützer

Im Vorfeld hatte der EU-Datenschutzbeauftragte, Giovanni Buttarelli, die EU-Institutionen aufgerufen, die Pläne für eine europäische Flugpassagierdatenspeicherung (PNR) zu überdenken. Der Beweis für die Rechtfertigung eines EU-PNR-Systems müsse erst erbracht werden, kritisierte Buttarelli.

Es gebe andere, bereits bestehende Anti-Terror-Maßnahmen, die weniger Datenschutzbedenken verursachten, etwa die Schengen-Polizei- und Visadatenbanken SIS und VIS. Auch erweiterte Passagieraufzeichnungen durch die Grenzschutzbehörden, die EU-Grenzschutzagentur Frontex und die Schaffung eines Zentrums zur Terrorismusbekämpfung bei Europol nannte der Datenschutzbeauftragte als Alternativen.

Millionen Unverdächtige betroffen

„Ein EU-PNR-Programm wäre die erste großflächige und unterschiedslose Sammlung von personenbezogenen Daten in der Geschichte der Union. Nachdem es wahrscheinlich zumindest alle Flüge in die und aus der EU umfasst und möglicherweise auch Flüge innerhalb der EU, wären potenziell Millionen von unverdächtigen Passagieren durch den EU-PNR-Vorschlag betroffen.“

Es sei seine Pflicht, als EU-Datenschutzbeauftragter auf die ernsthaften Auswirkungen der Fluggastdatenspeicherung auf die Rechte auf Privatsphäre und Datenschutz hinzuweisen, erklärte Butarelli. „Unsere Freiheiten können nicht geschützt werden, indem wir das Recht auf Privatsphäre unterminieren.“

Links: