„Zweifel“ an „vollständiger Zahlung“
Österreich hat 2014 mit 2,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), also rund neun Mrd. Euro, den zweithöchsten Anteil an notleidenden Krediten in der EU aufgewiesen. Schlechter lag laut Daten der EU-Statistikbehörde Eurostat von Mittwoch nur Slowenien mit 13,3 Prozent. 2013 hatte der Anteil hierzulande nur 0,08 Prozent betragen. Der Wert stieg damit innerhalb eines Jahres um das 27-Fache.
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In der Statistik geht es ausschließlich um Schulden des Staates und Außenstände, die ihm zuzuordnen sind oder letztlich auf ihn durchschlagen können. Dabei geht es also auch um ausgegliederte Gesellschaften, Auftritte des Staates als Wirtschaftstreibender, öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP; auch Public-private-Partnership, PPP) und übernommene Haftungen. Es geht nicht um die Summe offener Kredite, sondern nur um jene Zahlungen, die seit mindestens 90 Tagen zumindest zum Teil fällig sind.
Nur Geld, das seit mindestens 90 Tagen fällig ist
Eurostat unterscheidet zwischen notleidenden Krediten und Eventualverbindlichkeiten. Einen Kredit stuft die EU-Statistikbehörde als notleidend ein, wenn für Zins- oder Tilgungszahlungen der Fälligkeitstermin seit mehr als 90 Tagen verstrichen ist oder wenn ebenso lange fällige Zinszahlungen „bezweifeln lassen, dass die Zahlungen vollständig geleistet werden“. Bei Österreichs 2,2 Prozent geht es ausschließlich um notleidende Kredite.
In den „Topf“ der Eventualverbindlichkeiten nimmt Eurostat wiederum alle Garantien und Forderungen und andere „potenzielle Verbindlichkeiten“, die mit dem Staat in Verbindung stehen oder auf ihn zurückfallen könnten. Hier liegt Österreich mit einem Wert von 33,8 Prozent des BIP im statistischen Mittelfeld. Der Wert ist allerdings aufgrund der oft komplett unterschiedlich aufgestellten Volkswirtschaften nur bedingt aussagekräftig: Rumänien bleibt hier etwa unter zehn Prozent, Deutschlands Wert liegt über 115 Prozent.
Bei Staatsgarantien in Gesellschaft Griechenlands
Hinter Österreich rangieren Tschechien (1,6 Prozent), Portugal (1,4 Prozent) und Irland (1,2 Prozent), das seinen Status innerhalb eines Jahres um 10,2 Prozentpunkte verbessern konnte. Alle anderen Staaten weisen weniger als 1,0 Prozent Anteil notleidender Kredite am BIP auf. 0,0 Prozent weisen Estland, Italien, Luxemburg, Ungarn, Malta und Rumänien auf. Keine Daten lagen aus Belgien, Frankreich, Kroatien, Zypern und der Slowakei vor.
Bei den eigens ausgewiesenen Garantien des Staatssektors liegt Österreich mit 26,5 Prozent des BIP 2014 an zweiter Stelle der EU hinter Griechenland (28,0 Prozent) und konnte sich damit gegenüber 2013 mit damals 35,01 Prozent verbessern. Die gesamten heimischen Staatshaftungen werden als „einmalige Bürgschaften“ gewertet - bereits das ist ein starker Hinweis darauf, woher Österreichs unrühmlicher Platz in dem Ranking kommt. Doch Eurostat wird in den Erläuterungen zu den Zahlen noch deutlicher.
Die „Entschuldungseinrichtung“, die sie meinen
In den Kommentaren zu einzelnen Ländern heißt es - neben dem Vermerk, dass die österreichischen ÖPPs nicht lückenlos dokumentiert seien - im Hinblick auf die notleidenden Kredite, dass die „Mehrzahl“ davon auf „eine Entschuldungseinrichtung“ zurückgeht, „die im Sektor Staat klassifiziert ist“. Gemeint ist damit zweifellos die Heta, die „Bad Bank“ der Kärntner Hypo. Noch bis Mai sind die fälligen Zahlungen der Heta durch ein staatliches Moratorium ausgesetzt.
Seit letzter Woche und noch bis zum 11. März steht zudem Österreichs Vergleichsangebot an die Gläubiger der Kärntner Hypo, sich mit nur einem Teil ihrer Forderungen, dafür aber jetzt und ohne Klagskrieg zufriedenzugeben. Vorerst signalisierten erst die Landeshypos, die gegen die untergegangene Kärntner Schwesterbank ebenfalls (vergleichsweise geringe) Forderungen haben, Zustimmung zum Angebot. Viele andere Großschuldner erklärten, auf 100-prozentiger Bezahlung zu beharren.
Immer realistischer wird also das Szenario eines jahrelangen juristischen Tauziehens um die offenen Forderungen gegen die Heta, für die sich Kärnten mit 100 Prozent an Landeshaftungen verbürgt hat. Österreichs Position am Ende des europaweiten Zahlungsmoral-Rankings könnte sich damit künftig eher verfestigen oder gar verschlechtern denn verbessern.
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