„Wohlmeinende“ Kundeninformation
Der Teufel steckt im Detail. Und manchmal versteckt er sich auch im Kleingedruckten – wie in den „Kundenrichtlinien“ zur Bankomatkarte der BAWAG P.S.K. Dort findet sich seit Oktober der Hinweis, dass Betreiber von Geldautomaten für die Behebung eine Gebühr verlangen könnten. Auch die BAWAG-Tochter easybank hat den gleichlautenden Passus in ihre neuen „Besonderen Bedingungen“ aufgenommen.
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Eigentlich ist die Bankomathebung in Österreich - mit wenigen Ausnahmen - für heimische Bankkunden gratis. Einzig einige westösterreichische Banken wie etwa die Raiffeisenbanken Tirol verlangen von ihren Kunden eine Gebühr, wenn diese von einem fremden Automaten Geld beziehen. Das ist innerhalb der EU eher die Ausnahme und lässt Österreichs Bankvertreter auch von Zeit zu Zeit an dem bestehenden Usus zweifeln.
Nachdenken über Gebühren
Erst im Dezember dachte der Vizegouverneur der Nationalbank, Andreas Ittner, laut über mögliche Bankomatgebühren nach. „Banken konnten es sich bisher leisten, Service de facto gratis zur Verfügung zu stellen“, bei einer hohen Zinsspanne habe man viel auffangen können, aber mit rückläufigen Gewinnmargen gehe das nicht mehr.
Darunter falle auch das Geldbeheben beim Bankomaten, konkretisierte Ittner auf Nachfrage. Reaktionen auf die Überlegungen des OeNB-Vizes blieben weitgehend aus. Einzig der ÖVP-Seniorenbund und sein damaliger Obmann Andreas Khol schlossen Gebühren kategorisch aus.
„Gesondertes Entgelt“ von „Dritten“
Eine andere Option brachten zuletzt die BAWAG P.S.K. und ihre Tochter easybank aufs Tapet. In den BAWAG-„Kundenrichtlinien“ zur Bankomatkarte findet sich seit Oktober der Hinweis, dass die Behebung an Bankomaten, „mit deren Betreiber die BAWAG P.S.K. einen diesbezüglichen Vertrag abgeschlossen hat“, gratis ist – soweit also Status quo.
Doch der Warnhinweis geht weiter: „Betreiber von Geldautomaten (‚Dritte‘), mit welchen die BAWAG P.S.K. keinen diesbezüglichen Vertrag abgeschlossen hat, können die Durchführung von Kartentransaktionen, insbesondere Bargeldbehebungen, an Geldautomaten gegen Verrechnung eines gesonderten Entgelts anbieten“, so die nicht ganz einfache Formulierung.

ORF.at/Martin Steinmüller
Zumindest bei den bankeigenen Bankomaten ist das Geldabheben für BAWAG-Kunden auch in Zukunft gratis
Ähnlich kompliziert weist der Text noch darauf hin, dass man in so einem Fall auf dem Bankomatbildschirm informiert werde und vor der Transaktion den Bedingungen zustimmen müsse. Keinen Zweifel lässt der Hinweis aber daran, dass das Entgelt der Kunde selbst zu tragen habe. Der gleiche Passus fand auch Eingang in die „Besonderen Bedingungen für easy karte“ der easybank, die seit März gelten.
BAWAG beruhigt
In den Richtlinien und AGBs anderer österreichischen Banken wie der Raiffeisengruppe oder der Bank Austria fehlen entsprechende Hinweise noch völlig. Und auch bei der BAWAG war man auf Nachfrage von ORF.at um Beruhigung bemüht. Zurzeit gebe es laut Informationen der Bank keine Betreiber, „die in der beschriebenen Weise vorgehen“.
Der Warnhinweis - eine laut Bank „wohlmeinende Information an den Kunden“ - solle jedoch dafür „sensibilisieren“, dass eine solche Vorgangsweise möglich sei. Die Warnung sei darüber hinaus - weil eben nur Hinweis - nicht Bestandteil der Kundenrichtlinien. In gleicher Weise argumentierte gegenüber ORF.at auch die BAWAG-Tochter easybank.
Für Konsumentenschützerin „nicht ganz schlüssig“
Über diese Auslegung könne man allerdings streiten, so Gabriele Zgubic gegenüber ORF.at. Sie ist bei der Arbeiterkammer (AK) Wien für Konsumentenschutz verantwortlich und Aufsichtsratspräsidentin des Vereins für Konsumenteninformation (VKI). Die Konsumentenschützerin stößt sich an den Ausführungen, wonach die Bank mit „Dritten“ einen oder keinen Vertrag schließe. Das sei „nicht ganz schlüssig“, da für den Kunden nicht hervorgehe um welche Geräte es sich dabei handle, so Zgubic.
Darüber hinaus sei infrage zu stellen, ob ein solcher Warnhinweis nicht auch Auswirkungen auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen hätte. Ganz generell zweifelt die AK-Mitarbeiterin daran, dass eine Bank ihren Kunden „so einfach“ mögliche Gebühren umhängen könne.
Vertragspartner oder „Erfüllungsgehilfe“
Hinter den unterschiedlichen Ansichten von Konsumentenschützerin und Bank stehen grundlegende Auffassungsunterschiede über die Rolle von Bankomatbetreibern. Es geht um die Frage, ob ein Kunde bei der Behebung mit dem Betreiber einen eigenen Vertrag abschließt oder solche Anbieter nur „Erfüllungsgehilfen“ der Bank sind.
Für Konsumentenschützerin Zgubic ist nach österreichischem Recht Letzteres der Fall. Sie verweist auf Fälle, wo Bankomatbetreiber im Ausland österreichischen Bankkunden Gebühren verrechneten. Immer, wenn ein Kunde sich daraufhin beschwert hätte, seien die Kosten schließlich von der eigenen Bank übernommen worden, so Zgubic. Allerdings sei das immer auf dem Weg der Kulanz passiert – ein Gerichtsurteil habe es zu solchen Fällen noch nicht gegeben.
EU-Verordnung gegen Gebühren
Argumentationsgrundlage gegen Bankomatgebühren für österreichische Bankkunden im EU-Raum ist eine Verordnung der Union - konkret die Verordnung Nr. 924/2009. In ihr ist unter anderem geregelt, dass Gebühren für Behebungen im EU-Ausland nur so hoch sein dürfen wie Inlandsbehebungen an institutsfremden Geldautomaten. Auf diese Art legen zumindest die Erläuterungen der EU-Kommission den betreffenden Artikel in der Verordnung aus.
Im Umkehrschluss könnte das freilich bedeuten: In dem Moment, in dem Kunden in Österreich bei Bankomaten eine Gebühr zahlen müssen, ist es auch mit den Gratisbehebungen in der Euro-Zone vorbei. Der Warnhinweis mag für BAWAG-Kunden also doch mehr sein als eine „wohlmeinende Information“.
Martin Steinmüller, ORF.at
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