Alpiner Schulterschluss
Die ÖVP hat sich mit der bayrischen Regierungspartei CSU zusammengetan, um in der Flüchtlingspolitik weiter Druck zu machen. In einer gemeinsamen Erklärung der ÖVP-Fraktion mit dem CSU-Landtagsklub werden „Obergrenzen“ und Grenzkontrollen gefordert. Die CSU-Landtagsfraktion erhöhte indes bei der Klausurtagung im oberbayrischen Wildbad Kreuth den Druck auf die deutsche Kanzlerin Angela Merkel.
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Wörtlich heißt es in dem Papier: „Wir müssen den unbegrenzten Zuzug nach Deutschland und Österreich stoppen. Es gibt keinen Rechtsanspruch für jedermann auf Einreise nach Europa.“ Die Kapazitäten bei der Aufnahme, Unterbringung, Versorgung und Integration seien begrenzt. „Wir erleben derzeit eine faktische Grenze der Belastbarkeit der nationalen Systeme. Daher müssen Obergrenzen festgelegt werden.“
Nötig sind aus Sicht von ÖVP und CSU zudem Grenzkontrollen, die zwischen Österreich und Deutschland abgestimmt werden sollen. Denn massenhafte unkontrollierte Grenzübertritte würden eine eklatante Gefahr für die innere Sicherheit in Europa darstellen: „Wir müssen Recht und Ordnung an unseren Grenzen wiederherstellen und geltendes Recht durchsetzen.“
EU soll in die Pflicht genommen werden
Angestrebt werde zwar an sich eine europäische Lösung. Da derzeit aber Unionsrecht, beispielsweise die Dublin-Verordnung und der Schengener Grenzkodex, nicht in der vorgesehenen Form angewendet würden, „können wir aktuell Recht und Ordnung nur durch nationales Vorgehen herstellen“, heißt es in dem Papier weiter.
International richteten die beiden Klubs aus, dass jene EU-Staaten, die zur Kontrolle der EU-Außengrenzen nicht willens oder in der Lage seien, akzeptieren müssten, dass die EU diese Aufgabe an ihrer Stelle übernehme. Die europäische Grenzschutzagentur Frontex müsse dazu entsprechend verstärkt und ausgerüstet werden.
ÖVP mit bayrischer CSU für „Obergrenzen“ bei Flüchtlingen
Die ÖVP hat jetzt gemeinsam mit der bayrischen CSU „Obergrenzen“ für Flüchtlinge gefordert.
Ähnliche Ausgangslage
Beide Parteien sind derzeit in einer ähnlichen Lage. Während die CSU bei ihrer Schwesternpartei CDU Druck auf eine restriktivere Flüchtlingspolitik macht, versucht die ÖVP den Koalitionspartner SPÖ in eine dementsprechende Richtung zu drängen. Und auch die Vorschläge lauten seit Monaten ähnlich. In Deutschland wie in Österreich wird eine „Obergrenze“ verlangt. Schon hierzulande ist eine Umsetzung rechtlich umstritten, in Deutschland ist das Recht auf Asyl noch dazu im Grundgesetz verankert.
Merkel hatte entsprechende Vorstöße der CSU mit dem Satz „das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte kennt keine Obergrenze“ abgeschmettert - und sich damit teilweise den Zorn der Parteikollegen zugezogen. Mittlerweile wurde die Debatte mit Begriffen wie „Orientierungsgröße“ und „feste Kontingente“ statt „Obergrenze“ zwar sprachlich variiert, an den juristischen Hürden ändert das freilich nicht viel.
„Transitzonen“ und „Wartezonen“
In Deutschland bereits vom Tisch ist eine andere Forderung der ÖVP: Monatelang hatte man im Nachbarland über Transitzonen gestritten, also Einrichtungen in denen Flüchtlinge wie auf einem Flughafen direkt an der Grenze aufgehalten und gegebenenfalls wieder abgeschoben werden sollten. Die Unionsparteien konnten sich hier nicht gegen den Koalitionspartner SPD durchsetzen, der von " Haftanstalten" sprach. Während in Deutschland nun Registrierzentren im Land kommen sollen, brachte die ÖVP vergangene Woche - wohl von der deutschen Debatte inspiriert - Wartezonen auf das Asylverfahren an der Südgrenze ins Spiel.
Schwächeanfall Seehofers
CSU-Chef Horst Seehofer erlitt am Dienstag während seiner Rede in Wildbad Kreuth kurzzeitig einen Schwächeanfall und musste seinen Vortrag sitzend beenden. Laut CSU war er von einem Infekt etwas geschwächt.
Briefe an Merkel
Indes nimmt der Druck auf Merkel zu: Rund 100 Unionsabgeordnete und damit etwa ein Drittel der Fraktion fordern mittlerweile von der Regierungschefin eine Kurskorrektur. Mit Verkehrsminister Alexander Dobrindt wandte sich auch ein Mitglied des Kabinetts gegen Merkels Haltung. Ungeachtet scharfer Kritik aus der CDU-Führung wurde der Parteivorsitzenden am Dienstag ein entsprechender Brief zugestellt, den 44 Abgeordnete unterschrieben.
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