Ministerrochaden beschlossen
Die SPÖ wird mit Sozialminister Rudolf Hundstorfer in die Bundespräsidentenwahl gehen. Das Parteipräsidium nahm den entsprechenden Vorschlag von Parteichef Werner Faymann am Freitag einstimmig an. Der SPÖ-Vorstand machte kurz darauf endgültig den Weg frei - mit Standing Ovations und ohne Gegenstimme.
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Ebenfalls im Präsidium und im Vorstand einstimmig angenommen wurde die durch Hundstorfers Kandidatur notwendig werdende Umbildung der SPÖ-Regierungsriege. Das Sozialministerium übernimmt Infrastrukturminister Alois Stöger. Dessen bisheriges Ressort wird auf seinen unmittelbaren Nachfolger, Noch-Verteidigungsminister Gerald Klug, und Staatssekretärin Sonja Steßl aufgeteilt, in deren Kompetenz die Digitalagenden fallen. Neuer Ressortchef für Sport und Verteidigung wird der bisherige burgenländische Polizeichef Hans Peter Doskozil.
„Ein spezieller Tag“
Vor der Sitzung hatte Hundstorfer noch um etwas Geduld gebeten. Gleichzeitig machte er aber schon klar, dass die Kandidatur eine „ordentliche Herausforderung“ und eine „ordentliche Bürde“ sei. Er verspüre bereits „ein leichtes Kribbeln“, meinte er gegenüber Journalisten. Es sei „wahrscheinlich ein spezieller Tag“, anders als seine tägliche Routine, so Hundstorfer.
Es handle sich um eine „hohe Verantwortung“ und eine „große Herausforderung“, sagte Hundstorfer nach der Kür: „Man tritt an, um zu gewinnen.“ Dass ihn die ÖVP bei ihrer Klausur bereits mit kritischen Tönen bedacht hatte, schmerzte den bisherigen Sozialminister nicht: „Es ist klar, dass da jetzt nicht Liebesbezeugungen kommen.“ Seiner bisherigen Tätigkeit dürfte der Neo-Kandidat nicht lange nachtrauern: Die Arbeit im Sozialministerium habe ihm „viel Spaß gemacht“, betonte Hundstorfer - „aber Strich ist Strich“.
Porträt Hans Peter Doskozil
Doskozil rückt an die Spitze des Verteidigungsministeriums.
Spitzen gegen ÖVP
Vor dem Präsidium hatte ihm die versammelte SPÖ-Prominenz Rosen gestreut. „Rudolf Hundstorfer ist jemand, dem man vertrauen kann“, bewarb Parteichef Faymann den Präsidentschaftsanwärter. Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl hält Hundstorfer „für einen ausgezeichneten Bundespräsidenten“. Angesichts der jüngsten Töne zur Flüchtlingskrise aus der ÖVP rechnet er aber mit einem „eher bitteren Wahlkampf“. Wenn man ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner und Klubchef Reinhold Lopatka so zuhöre, „könnte man den Eindruck gewinnen, da sind Pressesprecher der FPÖ am Werk“. Auch die restlichen Rochaden in der Regierungsmannschaft gehen für ihn „in Ordnung“.
ÖGB-Präsident Erich Foglar machte kein Hehl daraus, dass die Gewerkschafter in der SPÖ seinen Vorgänger bei der Hofburg-Kampagne voll unterstützen werden. Dass sich Hundstorfer in der Flüchtlingspolitik gegen ÖVP-Kandidat Andreas Khol schwertun könnte, glaubt Foglar nicht. Es sei bekannt, dass Hundstorfer wie die SPÖ für die Einhaltung der Menschenrechte stehe, und Asyl sei ein Menschenrecht.
Blecha hofft auf Khol-Rückkehr in Seniorenrat
Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser ist sich sicher, dass man mit Hundstorfer Erfolg haben wird: „Wenn die SPÖ antritt, dann möchte sie gewinnen.“ Die meisten Lacher auf seiner Seite hatte vor dem Präsidium Pensionistenchef Karl Blecha. Dieser meinte, er werde jetzt einmal den überparteilichen Seniorenrat interimistisch allein leiten: „Und dann hoffe ich, dass der Andreas Khol wieder zurückkehrt.“
Niessl begrüßt Doskozil-Aufstieg
Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl, der schon seit Monaten eine Kandidatur Hundstorfers favorisiert hatte, zeigte sich zufrieden, dass sein Wunsch nun in Erfüllung geht. Die burgenländische SPÖ werde den Sozialminister voll und ganz unterstützen.
Dass der burgenländische Polizeichef Doskozil neuer Verteidigungsminister wird, findet Niessl nachvollziehbar. Schließlich habe sich dieser bei der Bewältigung des Flüchtlingsaufkommens in Nickelsdorf sehr beeindruckend geschlagen. Und dass Doskozil polittauglich sei, habe er immer schon gesagt.
Spott von Mitterlehner
Spott kam umgehend von ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner über das „Ringelspiel“ im roten Regierungsteam - insbesondere dafür, dass der als farblos geltende Stöger mit dem Sozialministerium bereits sein drittes Ressort übernimmt. „Ein Ringelspiel dreht sich schnell und kost’ nicht viel“, ätzte Mitterlehner: „Bei der Geschwindigkeit und bei den Kompetenzen muss man sich fragen, was das Nächste ist - ich glaub’, Bundeskanzler.“
Eine „Schonfrist“ will der Vizekanzler den neuen Regierungskollegen nicht gewähren und pochte neuerlich auf Änderungen im Pensionssystem und bei der Mindestsicherung. Den Kandidaten Hundstorfer bezeichnete der ÖVP-Chef zwar als „gut aufgelegten, flotten Ballbesucher“ - das entspreche aber nicht den Notwendigkeiten für das Amt.
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid schlug umgehend zurück: „Mitterlehner ist jetzt offenbar erster Küchengehilfe in (Reinhold, Anm.) Lopatkas Giftküche.“ Mitterlehners Äußerungen über Regierungskollegen seien „völlig unangebracht“, der Vizekanzler lehne sich da weit aus dem Fenster. „Nach den Pleiten, Pech und Pannen rund um die Doch-nicht-Kandidatur von (Erwin, Anm.) Pröll und dem Chaos in der ÖVP beim Thema Flüchtlinge liegen offensichtlich die Nerven blank“, so Schmid.
Auch FPÖ und NEOS ätzen
Auch FPÖ und NEOS ließen kein gutes Haar an Hundstorfer. Für die FPÖ besteht dessen Karriere nur aus „negativen Glanzpunkten“. Seine Leistungsbilanz sei „nur für Realitätsverweigerer ein Empfehlungsschreiben für die Hofburg“, so FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. Und: Die durch Hundstorfers Nominierung ausgelöste Umbildung in der roten Regierungsmannschaft sei ein „rein innergewerkschaftlicher Kuhhandel“.
NEOS nannten den bisherigen Sozialminister einen „Verweigerer von dringend notwendigen Reformen im Pensionssystem und am Arbeitsmarkt“. Er hinterlasse „gigantische Baustellen“, so Sozialsprecher Gerald Loacker und verwies unter anderem auf die Rekordarbeitslosigkeit. Die Grünen hingegen äußerten sich wie schon bei der Kür von ÖVP-Kandidaten Andreas Khol erst gar nicht.
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