Wunsch nach fairer Verteilung
In der Flüchtlingsfrage sind die Regierungen der EU gespalten: Während einige Staaten Asylsuchende in hoher Zahl aufnehmen, weigern sich andere völlig. Ihre Bürger scheinen das anders zu sehen. Über die Grenzen hinweg fordern sie eine faire Verteilung und verlangen vor allem eine gemeinsame Antwort auf die neuen Herausforderungen.
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Das ist zumindest das Ergebnis einer am Dienstag im deutschen Gütersloh vorgestellten Umfrage der Bertelsmann-Stiftung. Laut dieser sprechen sich 87 Prozent der Befragten in allen 28 Mitgliedsstaaten für eine gemeinsame Sicherung der EU-Außengrenzen aus. 79 Prozent der EU-Bürger befürworteten, dass Asylsuchende auf alle Länder „fair verteilt werden“, ebenfalls 79 Prozent wollen die Reisefreiheit innerhalb der EU geschützt sehen.
Graben zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten
„Damit formuliert eine deutliche Mehrheit der Europäer in Sachen Flüchtlingspolitik eine klare Botschaft an den EU-Gipfel: Findet eine europäische Lösung, die auf Solidarität basiert, Stabilität bringt und die Reisefreiheit wahrt!“, sagte Aart de Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann-Stiftung.
„Die europäischen Staats- und Regierungschefs sollten sich den klaren Wunsch ihrer Bürger nach einer europäischen Lösung zu Herzen nehmen“, so De Geus weiter. Die Umfrage zeigt aber auch, dass zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten ein Graben besteht, der noch überwunden werden muss.
Fremd im eigenen Land
In den seit 2004 und 2007 aufgenommenen neuen Ländern wie Polen, Tschechien, Bulgarien und Rumänien befürwortet eine Mehrheit von 54 Prozent die faire Verteilung der Asylwerber, in den alten Staaten sind es mit 85 Prozent deutlich mehr. Nur 41 Prozent unterstützen die Forderung, dass die Staaten, die sich ihrer Verantwortung in der Flüchtlingsfrage entziehen, weniger Geld aus der EU-Kasse erhalten, in den alten Mitgliedsstaaten sind dagegen 77 Prozent für einen solchen Ausgleich.
Die hohen Zustimmungswerte bei dieser Frage und jener der Umverteilung sagen aber nichts über den tatsächlichen Umgang mit Flüchtlingen aus. Denn ungeachtet der Forderung nach europäischen Lösungen zeigt die Umfrage auch Vorbehalte gegen Flüchtlinge und Sorgen vor negativen Folgen in der Bevölkerung auf. Die Hälfte der Befragten (50 Prozent) erklärte, dass man sich manchmal wie Fremde im eigenen Land fühle. 58 Prozent fürchten negative Folgen für die Sozialsysteme.
Die Umfrage
Die Bertelsmann-Stiftung befragte im Dezember 2015 repräsentativ 11.410 Bürger in allen 28 EU-Mitgliedsländern. Unter anderem sollten die Befragten beantworten, ob sie den Thesen „Die EU braucht eine gemeinsame Kontrolle der Außengrenze“ und „Die Anzahl der Asylsuchenden sollte fair verteilt werden“ zustimmen oder nicht.
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