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„Strohfrau“ von Kaczynski?

Beata Szydlo hat ihre Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) nach acht Jahren wieder in Polen an die Macht geführt. Die Spitzenkandidatin bescherte den Nationalkonservativen bei der Parlamentswahl sogar die absolute Mehrheit. Trotz dieses Triumphs wird die 52-Jährige wohl auch als Regierungschefin weiter im Schatten ihres Mentors Jaroslaw Kaczynski stehen.

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Schon nach den ersten Prognosen am Wahlabend zeigte Szydlo ihre Affektion für Kaczynski, indem sie dem früheren Ministerpräsidenten umgehend huldigte. Der „großartige Erfolg“ ihrer Partei wäre ohne Kaczynski nicht möglich gewesen, sagte Szydlo. Die Tochter eines Bergarbeiters gilt Beobachtern als „Strohfrau“ von PiS-Chef Kaczynski. Die in Oswiecim (Auschwitz) geborene Ministerpräsidentin stammt aus einer Bergarbeiterfamilie, was sie bei jeder Wahlkampfveranstaltung herausstrich.

Ehemalige Bürgermeisterin

Szydlo schloss ein Ethnografiestudium an der Krakauer Jagiellonen-Universität ab. Von 1998 bis 2005 war sie Bürgermeisterin der Stadt Brzeszcze bei Auschwitz. Seitdem sitzt sie für die PiS im Parlament, wo sie stets die konservativen Positionen ihrer Partei vertritt.

Im Frühjahr meisterte Szydlo dann ihre erste Bewährungsprobe auf der großen politischen Bühne: Als Wahlkampfleiterin führte sie ihren Parteifreund Andrzej Duda zum Sieg bei der Präsidentenwahl. Im jetzigen Wahlkampf punktete Szydlo mit einer Reformagenda und einer „Wir schaffen das!“-Variante („Damy rade!“) als Schlachtruf. Sie ließ sich auch keine Gelegenheit entgehen, die scheidende Ministerpräsidentin Ewa Kopacz zu attackieren. Begleitet von einer Schar junger Parteianhänger bereiste sie ganz Polen, um für einen Machtwechsel und einen „guten Wandel“ in ihrem Land zu werben.

Unzufriedenheit genutzt

Die Kür Szydlos zur Spitzenkandidatin sei ein „Geniestreich“ Kaczynskis gewesen, sagte der Politikwissenschaftler Kazimierz Kik. Sie fülle ihre Rolle gut aus und habe es verstanden, die Unzufriedenheit über die Regierung für ihre Partei zu nutzen.

In der Flüchtlingskrise griff Szydlo die Sorgen vieler Polen auf, die eine Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Nahen Osten und Afrika ablehnen. Kaczynski gab gleichzeitig den Scharfmacher und sorgte mit drastischen Äußerungen über die angeblich von Flüchtlingen eingeschleppten Krankheiten für Wirbel.

Hauptthemen Zuwanderung und Sicherheit

„Die Polen sorgen sich vor allem um ihre Sicherheit“, sagte Szydlo. Den Plan der EU-Kommission zur Verteilung von Flüchtlingen lehnte sie ab. Szydlo warf den westlichen EU-Ländern vor, die Krise auf die Mitgliedsstaaten in Osteuropa abwälzen zu wollen, um so ihre eigenen Interessen zu verteidigen.

Szydlo ist verheiratet und hat zwei Kinder. Nach Kopacz, die nach einem Jahr aus dem Amt scheidet, wird nun also auch künftig eine Frau an der Spitze der polnischen Regierung stehen. Im Hintergrund dürfte aber weiterhin Kaczynski die Fäden ziehen.

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