Ein USB-Stecker für alle Fälle
Mit Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Klinkenstecker erstmals bei der Telefonvermittlung eingesetzt, im Lauf der Zeit hat er sich zum Quasistandard im Audiobereich etabliert. Nun scheint das Ende einer Ära nahe. Zumindest im Mobilbereich könnte dem Klassiker schon bald das Aus drohen. Denn bei den immer dünner designten Smartphones zählt jeder Millimeter. Die Kopfhörerbuchse benötigt hier schlicht zu viel Platz.
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Angeheizt werden die Spekulationen über ein Klinken-Aus derzeit von Berichten, wonach Apple die Schnittstelle nicht mehr in sein nächstes iPhone integrieren wird. Technisch ist der Ersatz für die gute alte Klinke kein Problem. Neben Apples Lightning-Anschluss steht etwa mit der neuen USB-C-Schnittstelle bereits eine Anschlussmöglichkeit bereit, die mit einer Buchsengröße von 8,4 x 2,6 Millimetern auch in sehr flachen Smartphones und Tablets Platz findet.
Zwar gibt es auch einen besonders dünnen Klinkenanschluss, der unter anderem in früheren Nokia-Handys genutzt wurde, doch die Micro-Ausführung (2,5 Millimeter) hat es nie zum Standard geschafft. Neben der Original-Steckergröße von 6,35 Millimetern (1/4 Zoll) ist vor allem die 3,5-Millimeter-Variante (1/8 Zoll) weit verbreitet.

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Die Suche nach der richtigen Einsteckrichtung fällt bei USB-C weg
Einsteckrichtung egal: USB-C passt immer
Neben seinen kompakten Abmessungen punktet der neue USB-Stecker im Gegensatz zum entsprechenden USB-Vorgänger mit mehr Bedienkomfort. Denn bei dem Stecker mit den abgerundeten Ecken ist es egal, in welche Richtung er eingesteckt wird. Ein Komfort, der vor allem die Nutzer freut. Damit gehört das leidige „Vernudeln“ von Buchse und Stecker durch oftmaliges falsches Einstecken bei den älteren USB-Steckern (Typ A) der Vergangenheit an.
Ein Vorteil, den auch Apples Lightning-Stecker aufweist. Dieser ist aber im Unterschied zu USB-C proprietär. Will ein anderer Hersteller etwa Zubehör mit Lightning-Anschluss ausstatten, so muss er die Erlaubnis von Apple einholen und Lizenzgebühren bezahlen.
Fotos und Videos schneller übertragen
Angesichts immer größerer Datenmengen aus hochauflösenden Digitalkameras und externen Terabyte-Festplatten sorgt der Stecker in Kombination mit dem USB-3.1-Übertragungsstandard zudem dafür, dass das Überspielen der Fotos nicht zur Geduldsprobe für den Nutzer wird. Typ-C-Anschlüsse unterstützen zudem den DisplayPort-Standard. Daten sowie hochauflösende 4K-Videos samt Ton können mit einer Bruttodatenrate von bis zu zehn Gigabit pro Sekunde übertragen werden. Für die volle Geschwindigkeit sollen jedoch nur Kabel mit einer Maximallänge von einem Meter genutzt werden.

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Die USB-Designs von links nach rechts: Typ C, Typ B und der gängige Typ A
Auch können Geräte wie ein Notebook mit bis zu 100 Watt aufgeladen werden (USB Power Delivery). Die Stromversorgung funktioniert dabei in beide Richtungen. So kann der Nutzer etwa mit seinem voll geladenen Smartphone im Park ein Tablet eines Freundes aufladen, dessen Akku leer zu werden droht - oder umgekehrt.
Kein gleichzeitiges Anstecken mehr
Besser werde die Soundqualität dadurch wohl nicht, bewerten Audioexperten einen eventuellen Umstieg auf USB-C gegenüber ORF.at. Durch die lokale Nähe von schnellen USB-Signalen und eventuellen Ladeströmen gestalte sich das Layout der Leiterplatte schwieriger, da elektrische Störungen in die empfindlichen Audiosignale einstrahlen könnten. Für eine wirklich gute Wiedergabequalität sei ein Smartphone/Tablet aber ohnehin das falsche Grundgerät.
Mit USB-C würde auch der „Entwurschtel“-Vorteil des Klinkensteckers wegfallen. Derzeit lassen sich verdrehte Kabel der Kopfhörer durch den runden Stecker leicht wieder ausdrehen. Zusätzlich könnte die Nutzer die Tatsache verärgern, dass bei nur einem Universalanschluss nicht mehr Ladekabel und Kopfhörer gleichzeitig angesteckt werden können. Laden und Musik über Kopfhörer zu hören, wäre dann nur mit dem Kauf eines entsprechenden Adapters oder Bluetooth-Headsets möglich.
Bereits zahlreiche Geräte auf dem Markt
Nur von der Form kann man aber nicht auf die Geschwindigkeit des USB-Kabels schließen. Denn auch im neuen beidseitig einstöpselbaren C-Gewand kann noch ein alter Geschwindigkeitsstandard stecken. So etwa bei Googles Nexus 5x, das zwar über den schlanken C-Stecker verfügt, aber nur den wesentlich langsameren USB-2.0-Standard unterstützt.
Inzwischen finden sich bereits zahlreiche Geräte mit USB-C-Anschluss auf dem Markt. Den Übergang erleichtern etwa USB-Sticks mit Doppelanschluss, die sowohl den gewohnten Typ-A-, als auch den neuen Typ-C-Stecker aufweisen. Auch weiteres Zubehör sowie erste Smartphones, externe Festplatten und Notebooks, wie etwa Apples 12-Zoll-MacBook, sind bereits USB-C-fit. Der iPhone-Hersteller scheint allerdings vorerst nicht ganz auf den offenen Standard umsatteln zu wollen.

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Der Micro-USB-Stecker (oben) ist zwar auch klein, aber weniger komfortabel
Apple kocht eigenes Süppchen
Stattdessen halten sich hartnäckig Gerüchte, wonach Apple den Klinkenanschluss von dem nächsten iPhone verbannt und stattdessen auch bei Kopfhörern auf seinen selbst entwickelten Lightning-Anschluss setzt. Hersteller wie Bode und Bang & Olufsen sollen bereits entsprechende Kopfhörer vorbereiten, berichtet das Technikportal The Verge über Gespräche auf der CES in Las Vegas. Eine weitere Option wäre, Kopfhörer nur noch kabellos via Bluetooth zu verbinden, demnach soll der von Apple gekaufte Hersteller Beats bereits konkret an einem Modell aus zwei einzelnen Steckern für die Ohren für das iPhone 7 arbeiten.
Anfangs nur von asiatischen Zulieferern zugetragen, berichten nun auch US-Wirtschaftsmedien wie das „Forbes“-Magazin über den Wegfall der Klinkenbuchse im iPhone. Bei Apple hat das Einmotten von Standards durchaus Tradition. Er war der ersten Konzern, der konsequent auf ein Disketten- und später auch auf ein CD-Laufwerk verzichtete. Hemmungen vor einem Abschied von der Klinke sind also nicht zu erwarten.

Reuters/iFixIt.com
Der Aufbau des Klinkensteckers (links unten) reicht deutlich weiter in das Gehäuse hinein als Lightning (unten Mitte)
Gewohnte iPhone-Geheimniskrämerei
Den Kunden gefallen die Wechselpläne, wie schon zuvor beim Umstieg vom breiteren Dock-Connector auf den Lightning-Anschluss mit der Einführung des iPhone 5, weniger gut. Sie wittern ein Abkassieren durch Aufzwingen eines proprietären Standards. Vor allem das Anfallen von Tonnen an Elektroschrott durch Nutzloswerden der alten Kopfhörer, sowie die Kosten für neues Zubehör ärgern die Nutzer. Über eine Onlinepetition wollen sie Apple zum Umdenken bewegen.
Von dem US-Konzern selbst gibt es in gewohnter Apple-Manier bisher keine offizielle Stellungnahme, weder zu den Gerüchten noch zu den Sorgen der Nutzer. Es bleibt also nur abzuwarten, mit welchen Anschlüssen das für Herbst erwartete iPhone 7 ausgestattet sein wird bzw. wann, ob und unter welcher Modellnummer ein neues Apple-Smartphone auf den Markt gebracht wird. Denn auch das ist bisher in alter Apple-Tradition nicht offiziell bestätigt.
Beate Macura, ORF.at
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