Seismische Signale für Experten zu schwach
Das kommunistische Nordkorea ist wieder auf Konfrontationskurs mit dem Großteil der internationalen Gemeinschaft und der UNO. Grund ist diesmal die Meldung über den Test einer Wasserstoffbombe - der erste angeblich erfolgreiche.
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Der Test sei eine „strategische Entscheidung“ von Machthaber Kim Jong Un gewesen, hieß es dazu Anfang Jänner im staatlichen TV. Internationale Proteste ließen nicht lange auf sich warten, aber auch Skepsis nicht. „Was genau hat Nordkorea gezündet?“, fragte der deutsche „Spiegel“. Es sei angesichts der aufgezeichneten seismischen Signale eher keine Wasserstoffbombe gewesen, die Messungen zeigten eher Ähnlichkeiten mit früheren Atomtests. Deutsche Experten seien durch „eine Art Fingerabdruck“ früherer Versuche zu diesem Schluss gekommen.
Entweder „lügt Kim“ - oder Test ging schief
Die britische BBC zitierte ähnlich einen Experten mit den Worten, der „Knall“ einer H-Bombe, technisch schwieriger zu bauen als „normale“ Kernwaffen, hätte „zehnmal stärker“ sein müssen. Fazit: Entweder „lügt Kim“ und es sei keine Wasserstoffbombe gewesen oder aber es war eine und der Test sei in Wirklichkeit schiefgegangen. Wasserstoffbomben verfügen über eine deutlich größere Sprengkraft als Atombomben.

APA/ORF.at
Beim US-TV-Sender CNN hieß es, dass, wenn der Test tatsächlich erfolgreich war, das ein „kolossaler Fortschritt“ des international weitgehend isolierten Landes sein würde. Aber auch CNN meldete unter Berufung auf seismische Messungen Zweifel an. Die vom United States Geological Survey (USGS) gemessene Magnitude von 5,1 würde eher dem letzten bekannten Plutoniumtest von 2013 entsprechen. Erdbebeninformationszentren in Südkorea, China, den USA und Europa hatten eine Stärke zwischen 4,9 und 5,2 auf der Richter-Skala registriert.
Auch das Weiße Haus widersprach den Berichten Nordkoreas. Eine erste Analyse der US-Regierung komme zu anderen Erkenntnissen, sagte der Sprecher von US-Präsident Barack Obama, Josh Earnest. Man sehe keinen Grund, von einer veränderten Bewaffnung Nordkoreas auszugehen. Der Test müsse weiter untersucht werden.
„Rang eines fortgeschrittenen Atomstaates“
„Mit dem perfekten Erfolg unserer historischen Wasserstoffbombe haben wir den Rang eines fortgeschrittenen Atomstaates erreicht“, hatte es nach dem angeblichen Testerfolg im nordkoreanischen Fernsehen geheißen. In einer dort verlesenen Erklärung wurde zugleich versichert, dass Nordkorea niemals als Erstes Atomwaffen einsetzen wolle. „Solange die USA aber ihre bösartige Anti-Nordkorea-Politik fortsetzen, so lange werden wir nicht aufhören, unser Atomprogramm weiterzuentwickeln.“

AP/Ahn Young-joon
Auf dem Hauptbahnhof von Seoul, der Hauptstadt Südkoreas, sahen Passanten die TV-Ansprache aus Nordkorea
Der für das Ausland überraschende Test wurde nach Angaben aus Pjöngjang von Staatschef Kim Jong Un persönlich angeordnet. Er erfolgte zwei Tage vor dessen Geburtstag. Kim hatte erst im Dezember erstmals angedeutet, dass sein Land eine Wasserstoffbombe besitze. Nordkorea sei „ein mächtiger Atomstaat, der bereit ist, eine selbstständige Atombombe und eine Wasserstoffbombe zu zünden, um seine Souveränität zu verteidigen“, sagte er laut einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur KCNA.
UNO-Sicherheitsrat überlegt weitere Maßnahmen
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen berief nach dem mutmaßlichen Waffentest eine Dringlichkeitssitzung ein. „Auch wenn wir zurzeit noch nicht bestätigen können, dass ein Test durchgeführt wurde, verurteilen wir jegliche Verletzung der UNO-Resolutionen und rufen Nordkorea erneut auf, sich an internationale Vereinbarungen zu halten“, hieß es von der UNO. Nach der Sitzung wurden Nordkorea „zusätzliche Maßnahmen“ in Form weiterer Sanktionen in Aussicht gestellt.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg forderte die nordkoreanische Regierung auf, ihr Atomprogramm einzustellen. Das Land müsse die Atomwaffen und Raketen glaubhaft zerstören und sich an Verhandlungen über die nukleare Abrüstung beteiligen, so Stoltenberg.
„Ernsthafte Bedrohung“ für Japan
Zweifel an der nordkoreanischen Wasserstoffbombe meldete schließlich auch der Nachbar Südkorea an. Der Vizeaußenminister Lim Sung Nam wurde mit den Worten zitiert, Nordkoreas Test sei jedenfalls eine Provokation und eine klare Verletzung von UNO-Resolutionen. Zwischen dem kommunistischen Nordkorea und dem demokratischen Südkorea herrscht seit Jahrzehnten formell noch Kriegszustand. Ende November hatten beide Länder erklärt, einen neuen Anlauf zur Entspannung nehmen zu wollen.

Reuters/Issei Kato
Japan registrierte einen starken Erdstoß in Nordkorea
Die Regierung in Japan verurteilte den Test ebenfalls scharf. „Das ist eine ernste Bedrohung für die Sicherheit unseres Landes“, sagte Ministerpräsident Shinzo Abe in Tokio. Der Test sei absolut nicht hinnehmbar.
Mahnungen auch aus China und Russland
Heftige Kritik kam auch vom traditionellen Verbündeten China. China sei „entschieden gegen“ den Waffentest, der „ungeachtet des Widerstands der internationalen Gemeinschaft“ ausgeführt worden sei, sagte die Sprecherin des Außenministeriums in Peking, Hua Chunying. „Wir fordern die Demokratische Volksrepublik Korea nachdrücklich auf, an ihrer Verpflichtung zur Entnuklearisierung festzuhalten und keine Maßnahmen zu ergreifen, die die Situation verschlechtern würden.“
Das Außenministerium in Moskau reagierte ebenfalls empört: Falls Pjöngjang tatsächlich einen Nukleartest unternommen habe, wäre das eine schwere Verletzung des Völkerrechts und der UNO-Resolutionen, sagte Sprecherin Maria Sacharowa laut Agentur Interfax. „Solche Aktionen können die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel, die das Potenzial zu einer militärpolitischen Konfrontation haben, zur Eskalation bringen.“
Nordkorea hat in der Vergangenheit bereits drei Atomtests durchgeführt, den bisher letzten im Jahr 2013. Die Vereinten Nationen haben wegen des Atom- und Raketenprogramms Sanktionen gegen das verarmte und abgeschottete Land verhängt.
Für EU „Bedrohung für den Frieden“
Sollte sich der Test bestätigen, wäre die Aktion ein „schwerer Bruch“ von Nordkoreas internationalen Verpflichtungen gemäß UNO-Resolutionen und „eine Bedrohung des Friedens und der Sicherheit der gesamten nordostasiatischen Region“, sagte EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Auch die USA und Frankreich verurteilten den Schritt Nordkoreas.
Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) verurteilte den jüngsten Atomtest Nordkoreas „auf das Schärfste“. Er sieht eine „neuerliche eklatante Verletzung der Resolutionen des UNO-Sicherheitsrats und eine Brüskierung der internationalen Staatengemeinschaft“. Nordkorea stellte sich durch so verantwortungslose Schritte nur noch tiefer ins internationale Abseits, so Kurz in einer Aussendung.
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