Zweifelhafte Waffengesetze
In mittlerweile 45 von 50 US-Bundesstaaten ist das offene Tragen von Handfeuerwaffen bereits erlaubt. Ausgerechnet Texas, das als Herz der US-amerikanischen Waffenlobby gilt, zog gesetzlich erst mit Jahresbeginn nach.
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Am 13. Juni 2015 wurde jene Gesetzesvorlage unterzeichnet, die Waffenbesitzern in Texas diese Freiheit nun ebenfalls einräumt. Bis dato war es schon erlaubt, Gewehre und Flinten offen mit sich zu führen, zumindest solange man damit nicht „Anlass zur Sorge“ bot. Und auch Handfeuerwaffen durfte man mit sich tragen, aber nur verdeckt und nur mit einer entsprechenden Lizenz.
Erwerb und Besitz ohnehin erlaubt
Doch auch Ausnahmen gab es: Befindet man sich etwa auf eigenem Grund und Boden oder hat ebendort per Gesetz das Sagen, durfte man bereits vor dem 1. Jänner 2016 eine Pistole oder Revolver sichtbar tragen. Das gilt auch für die genehmigte Jagd und auch öffentliche Events wie Waffenmessen. Der Erwerb und Besitz von Waffen an und für sich, egal welcher Art, ist ohnehin erlaubt - sofern man über 18 Jahre alt ist.
Nun fühlen sich Befürworter des Gesetzes bestätigt, wie etwa die texanischen Waffenrechtler von „Open Carry“. Sie trugen sich bisher mit der Sorge, dass man großkalibrige Handfeuerwaffen nicht problemlos unter der Kleidung tragen könne, so deren Präsident C. J. Grisham gegenüber dem „Wall Street Journal“.
75 Prozent der Polizeichefs dagegen
Die Leute sollten mehr Angst vor denen haben, von denen sie nicht sicher wüssten, ob sie eine Waffe tragen, als vor jenen, bei denen man es tatsächlich sieht, so Grisham weiter. Die Exekutive vertritt eine andere Auffassung: Bevor das Gesetz verabschiedet wurde, sprachen sich 75 Prozent der Polizeichefs in Texas aus Sicherheitsgründen dagegen aus, dass Handfeuerwaffen offen getragen werden dürfen. Und sie waren es auch, die nach Verabschiedung ein Veto beim zuständigen Gouverneur Greg Abbott einlegten.
Dabei ging es jedoch nicht um das Verbot als solches, sondern um die Frage, ob jeder, der sichtbar mit einer Pistole im Holster unterwegs ist, ohne Angabe von Gründen kontrolliert werden dürfe. Der Entscheid: Die Exekutive darf, wird sich aber, so der US-TV-Sender 6 ABC, in Zurückhaltung üben, will man mit dieser Vorgehensweise doch künftig dem Vorwurf entgehen, man würde vorwiegend Schwarze und Latinos ins Visier nehmen.
Obama scheiterte mit schärferen Waffengesetzen
Man wolle zwar nicht tatenlos zusehen und es so zu Schießereien kommen lassen, aber indem man jede Person mit sichtbar getragener Handfeuerwaffe schikaniere, würde man derlei Vorkommnisse auch nicht verhindern können, so der weitere Tenor. Diese Laissez-faire-Haltung ist überraschend: Denn allein 2015 kam es in den USA dem Gun Violence Archive zufolge zu fast 52.000 Zwischenfällen mit Schusswaffen, über 13.000 Menschen kamen dabei ums Leben.
US-Präsident Barack Obama scheiterte in der Vergangenheit dennoch immer wieder mit Initiativen für schärfere Waffengesetze im Kongress, wo vor allem die Republikaner nicht am in der Verfassung verankerten Recht auf Waffenbesitz rütteln wollen. Fast ein Drittel der erwachsenen US-Bürger besitzt mindestens eine Schusswaffe. Geschätzt 300 Millionen Schusswaffen seien in Gebrauch.
Große regionale Unterschiede
Eine in der Fachzeitschrift „Injury Prevention“ vorgestellte Studie, bei der für ihre Hochrechnung eine Umfrage 4.000 US-Bürgern ab 18 Jahren befragt worden waren, ergab, dass zum großen Teil weiße, verheiratete Männer über 55 Jahre Waffenbesitzer seien. Bei Waffenbesitzern ist die Wahrscheinlichkeit mehr als doppelt so hoch, dass auch Personen in ihrem Familien- und Freundeskreis Waffen besitzen und im Alltagsleben verwenden, so die Studie.
Unter den Bundesstaaten gibt es der Studie zufolge immense Unterschiede: So sind lediglich etwa fünf Prozent der Erwachsenen in Delaware Waffenbesitzer - und fast 62 Prozent der Bürger Alaskas.
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