Trotz aller Hürden gewählt
In Saudi-Arabien sind erstmals Frauen in einen Gemeinderat gewählt worden. Mindestens 19 Gemeinderätinnen schafften es, wie Medien und die Wahlkommission unter Berufung auf Teilergebnisse berichteten. Es war das erste Mal, dass in dem streng konservativen Königreich Frauen überhaupt zu Wahlen zugelassen wurden. Allerdings war es auch erst die dritte Wahl insgesamt in dem Land.
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Insgesamt standen am Samstag zwei Drittel der Sitze in den 284 Gemeinderäten zur Wahl, der Rest wird ernannt. Der Einfluss der Gremien ist begrenzt, die Befugnisse reichen über Straßenbau, öffentliche Anlagen und Müllabfuhr kaum hinaus. Die Gemeinderäte sind die einzigen Gremien in der absoluten Monarchie, das vom Volk gewählt wird.
Erfolg in Hafenstadt Dschidda
Salima Hisab al-Utaibi wurde in Madrika, einem Bezirk der Stadt Mekka, gewählt. Hanouf Mufrih bin Ayid al-Hazmi schaffte es in der nordwestlichen Region Dschaufb so die saudische Nachrichtenagentur. Mona al-Emery and Fadhila al-Attawy gewannen demnach Sitze in der nordwestlichen Region Tabuk.
Laut inoffiziellen Ergebnissen erhielten in der Hafenstadt Dschidda im Westen des Landes zudem die Kandidatinnen Lama Abdulasis al-Sulaiman und Rascha Hifsi ausreichend Stimmen für ein Mandat. Beide sind Unternehmerinnen. Sulaiman war bereits in den Vorstand der Industrie- und Handelskammer in Dschidda gewählt worden. Medienberichten zufolge wurden in der Hauptstadt Riad mindestens drei Frauen gewählt, in der Provinz Ihsa im Osten des Landes mindestens zwei weitere.

AP/Aya Batrawy
Frauen bei der Wahl in der Hauptstadt Riad
Nur rund 130.000 Wählerinnen
Menschenrechtler und Frauenrechtsaktivistinnen beklagten jedoch, die Kandidatur und die Registrierung als Wählerinnen sei Frauen schwer gemacht worden. Wegen des Fahrverbots seien Frauen logistisch auf Männer angewiesen. Auch mussten Wählerinnen bei der Registrierung einen Nachweis über ihren Wohnsitz vorlegen, der auf ihren Namen ausgestellt ist - eine Herausforderung in einem Land, in dem Frauen ohne einen Mann nur schwer Mietverträge abschließen oder Häuser kaufen können. So waren von den rund 1,5 Millionen registrierten Wählern nur etwa 130.000 weiblich. Laut der obersten Wahlkommission lag die Wahlbeteiligung unter Frauen allerdings bei 82 Prozent und unter Männern bei nur 44 Prozent.
Unter Druck gesetzt
Laut der saudischen Frauenrechtlerin Ludschain al-Hathlul boykottierten einige Frauen die Wahl von Anfang an - aus Unzufriedenheit mit dem Status quo. „Sie hatten das Gefühl, es ist nur ein Versuch, uns Frauen zu besänftigen.“ Hathlul und mehrere weitere Frauen wurden ohne klare Begründung von der Liste gestrichen, weil sie sich für eine Erlaubnis für Frauen am Steuer einsetzen. Hathlul legte erfolgreich Berufung ein.
Andere Kandidatinnen seien unter anderem von religiösen Gelehrten unter Druck gesetzt worden und hätten ihre Kandidatur in weiterer Folge zurückgezogen, berichtete die Nachrichtenagentur AFP. Hathlul sprach sich trotzdem für die Wahl aus: „Ich sehe die Wahl als große Chance, die Rechte der Frauen voranzubringen - und Frauen zu zeigen, wie es sich anfühlt, gleichberechtigt zu sein“, sagte sie. Rund 950 Kandidatinnen standen schließlich fast 6.000 Kandidaten gegenüber.
Schwieriger Wahlkampf
Für jene, die dem Druck standhielten, erwies sich der Wahlkampf als Kraftakt. Wegen der strikten Geschlechtertrennung in der Öffentlichkeit war dieser für die Kandidatinnen eine besondere Herausforderung. Männer und Frauen mussten getrennte Veranstaltungen abhalten. Viel Wahlkampf erfolgt über Soziale Netzwerke. Bilder der Kandidaten sind für beide Geschlechter verboten, TV-Werbung ist ebenfalls tabu.
Erstes kleines Zugeständnis
Generell sind ihre Rechte in dem islamisch-konservativen Königreich, in dem eine besonders strenge Auslegung des islamischen Gesetzes der Scharia gilt, stark eingeschränkt. Frauen dürfen weder Auto fahren noch ohne die Einwilligung eines männlichen Verwandten arbeiten, reisen oder heiraten. In der Öffentlichkeit sind die meisten Frauen verschleiert.
Der im Frühjahr verstorbene König Abdullah hatte 2011 im Rückenwind des „arabischen Frühlings“ die Teilnahme von Frauen an Wahlen per Erlass möglich gemacht und sich damit den Einsprüchen religiöser Hardliner widersetzt. Diese warnen seitdem vor „moralischem Übel“. Dennoch weckte die Zulassung der Frauen zu der Wahl Hoffnungen, dass weitere Schritte hin zu einer Öffnung des politischen Systems folgen können.
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