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„Schwere Geburt“

Der UNO-Sicherheitsrat hat einstimmig eine Resolution zum Syrien-Konflikt verabschiedet. Die am Freitag in New York verabschiedete Resolution unterstützt den von 17 Staaten in Wien beschlossenen Friedensfahrplan für das Bürgerkriegsland, wonach Friedensverhandlungen, ein Waffenstillstand und die Bildung einer Übergangsregierung angestrebt werden.

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Kurz vor der Abstimmung hatten sich die mit einem Vetorecht ausgestatteten fünf ständigen Sicherheitsratsmitglieder USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich auf den Resolutionsentwurf geeinigt. In New York kamen am Freitag auch die Außenminister der 17 Staaten des Wiener Prozesses zusammen. Es war die dritte Syrien-Konferenz in dieser Zusammensetzung seit Oktober.

„Gelegenheit nicht verstreichen lassen“

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon bezeichnete die Verabschiedung des neuen Friedensplans für Syrien im Weltsicherheitsrat als große Chance für das Bürgerkriegsland. „Wir dürfen diese Gelegenheit nicht verstreichen lassen“, erklärte Ban nach dem Votum am Freitagabend (Ortszeit) in New York. „Die Vereinten Nationen stehen bereit, alles ihnen Mögliche zu tun, damit dieser Versuch gelingt.“

Ban wies darauf hin, dass es sich um die erste Resolution des Sicherheitsrats handle, die auf eine politische Lösung des Syrien-Konflikts abzielt. Vorherige UNO-Resolutionen hatten sich mit humanitären Fragen befasst oder waren am Veto Russlands und Chinas gescheitert.

„Klare Botschaft“

Laut US-Außenminister John Kerry sende die Resolution „eine klare Botschaft an alle Beteiligten, dass es nun Zeit ist, das Töten in Syrien zu beenden“. Durch die nun beschlossene Resolution will Kerry den bisherigen Beschlüssen mehr Gewicht verleihen. Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte, erstes Ziel müsse es sein, das lange Leid des syrischen Volkes zu beenden. „Und Syrien muss ein vereinigter, multikultureller, multireligiöser und säkularer Staat sein.“ Am Verhandlungstisch werde es „keinen Platz für Terroristen geben“.

US-Außenminister John Kerry und der russische Außenminister Sergej Lawrow

APA/AFP/Jewel Samad

US-Außenminister John Kerry und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow bei den Syrien-Gesprächen in New York

Beobachter sehen in der Resolution einen Durchbruch, der in diesem Jahr nicht mehr erwartet worden war, und sprechen laut dpa etwa von einem „Gütesiegel der Vereinten Nationen mit der Verpflichtung, einen etwaigen Waffenstillstand auch zu überwachen“. Die nun verabschiedete Resolution bietet Reuters zufolge aber vor allem eines: ein rares Bild in den seit Jahren meist fruchtlos verlaufenen Verhandlungen rund um Syrien.

AP und AFP zufolge wurde allerdings der bisher größte Streitpunkt weiter ausgespart: Den Namen Baschar al-Assad sucht man in der Vereinbarung vergeblich. Die Resolution äußert sich somit auch nicht zum politischen Schicksal des etwa von Russland unterstützten syrischen Langzeitmachthabers. Kerry bestätigte vielmehr, dass es in Bezug auf Assad weiterhin „große Differenzen“ zwischen den 17 Staaten der Syrien-Konferenz gebe.

„Jeder Aufwand lohnend“

„Niemand macht sich Illusionen darüber, dass viele Hürden und Hindernisse noch zu überwinden sind“, sagt dazu etwa Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier: „Der Ehrgeiz muss am Anfang bleiben. Und mit den Hindernissen müssen wir auf der Strecke umgehen.“

Der Durchbruch gelang Diplomaten zufolge nach einem fünfstündigen, teils „ziemlich zähen“ Verhandlungsmarathon im Hotel New York Palace, der dritten Station der internationalen Syrien-Verhandlungen nach den beiden Wiener Treffen. Auch Steinmeier sprach von einer „schweren Geburt“, angesichts der Lage in Syrien sei jedoch „jeder Aufwand lohnend“. Kritik kam am Freitag unterdessen vom britischen Außenminister Philip Hammond: Ungeachtet der nun beschlossenen Resolution warf dieser dem UNO-Sicherheitsrat vor, „durch seine Uneinigkeit“ zu zögerlich agiert zu haben.

Resolution fußt auf Wiener Vereinbarung

Der Resolutionstext fußt der AFP zufolge vollständig auf dem in Wien begonnenen Friedensprozess. Die Resolution „unterstützt einen Waffenstillstand auf dem gesamten syrischen Staatsgebiet“, der in Kraft treten soll, wenn Regierung und Opposition „die ersten Schritte in Richtung eines politischen Übergangs“ eingeleitet hätten, wird von der AFP unter anderem aus dem Text zitiert. Nicht beziehen soll sich der Waffenstillstand aber auf „Angriffe oder Verteidigung“ gegen Extremistengruppen wie die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und die Al-Nusra-Front.

Unterstützt wird in der Resolution laut AFP zudem die Abhaltung „freier und fairer Wahlen“, wie sie in Wien beschlossen wurde. Die im November beschlossene Wiener Vereinbarung sieht vor, dass sich Regierung und Opposition binnen sechs Monaten auf eine Übergangsregierung einigen sollen, Neuwahlen sollen binnen 18 Monaten stattfinden.

Politische Lösung nur mit Abtritt Assads

Syriens Opposition schließt unterdessen eine politische Lösung für den Bürgerkrieg ohne einen Abtritt Assads aus. Assad müsse zu Beginn einer Übergangsphase seine Macht abgeben, erklärte der Verhandlungskoordinator der syrischen Regimegegner, Riad Hidschab, am Freitag in der saudischen Hauptstadt Riad. Die Opposition werde in dieser Frage keine Kompromisse eingehen. Hidschab leitet ein Komitee, das die zersplitterten Gruppen der syrischen Opposition zur Vorbereitung von Friedensgesprächen gebildet haben.

Auch US-Präsident Barack Obama erneuerte seinen Ruf nach einem Abgang Assads. Dieser habe sich entschlossen, „Menschen abzuschlachten“, und sei damit für eine Mehrheit der Syrer nicht mehr an der Staatsspitze vermittelbar, betonte Obama am Freitag in seiner Pressekonferenz zum Jahresabschluss. „Unsere Sichtweise ist, dass man keinen Frieden nach Syrien bringen und den Bürgerkrieg beenden kann, wenn es keine Regierung gibt, die von der Mehrheit des Landes als legitim anerkannt wird.“

Assad selbst bekräftigte in einem Interview mit dem niederländischen Fernsehen, dass er nicht weichen will. „Ob es einen guten oder schlechten Präsidenten gibt“ sei „eine syrische Angelegenheit, keine europäische. Das syrische Volk entscheidet, wer geht oder bleibt“.

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