Verdient Blatter Ehrungen?
Die national-konservative Schweizer „Weltwoche“ und der russische Präsident Wladimir Putin sind sich einig: Der skandalumwitterte suspendierte Präsident des Weltfußballverbandes (FIFA), Joseph Blatter, ist geeignet für höhere Weihen und hat Ehrungen und Preise verdient. Putin schlug Blatter für den Friedensnobelpreis vor.
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Blatter habe viel für den Fußball getan und sei eine sehr respektable Person, sagte Putin bei seiner Jahreskonferenz vor Journalisten. Die Vorwürfe der Korruption im Weltfußballverband müssten allerdings genauso wie Korruption generell im Sport aufgeklärt werden. Putin betonte, Russland habe die Ausrichtung der Fußball-WM 2018 mit fairen Mitteln gewonnen.
„Weltwoche“: Schweizer des Jahres
Aus Sicht der Schweizer „Weltwoche“ hat Blatter den Titel „Schweizer des Jahres“ verdient. In der Donnerstag-Ausgabe hob das Blatt den derzeit suspendierten Präsidenten des Fußballweltverbands auf den Titel und schwärmte von den „eindrücklichen Leistungen dieses Ausnahmeschweizers, der als eine Mischung aus Sonderbotschafter und Entwicklungshelfer rastlos um den Planeten tourte“.

APA/AFP/Fabrice Coffrini
Blatter in einem Auto vor Beginn der FIFA-Ethikkomission am Donnerstag
Der 79-Jährige werde verkannt, die Zeitung sieht in ihm einen „unermüdlichen und bewundernswerten Fußballkämpfer für eine bessere Welt“. Blatter selbst sagte im Interview: „Eigentlich müsste man mir ein Diplom überreichen für das, was ich hier erreicht habe.“
Dubiose Zahlung
Blatter wird eine dubiose Zwei-Millionen-Franken-Zahlung im Jahr 2011 an den derzeit ebenfalls für 90 Tage suspendierten UEFA-Chef Michel Platini vorgeworfen. Nach Darstellung der beiden Fußballspitzenfunktionäre handelt es sich um eine verspätete Honorarzahlung für Dienste aus den Jahren 1998 bis 2002 - mehr dazu in sport.ORF.at.
Die einst mächtigsten Männer des Weltfußballs weisen alle Vorwürfe zurück, fühlen sich zu Unrecht verfolgt und vorverurteilt. Das politisch motivierte Verfahren diene allein dazu, seine Kandidatur für das Amt des FIFA-Präsidenten zu verhindern, beklagte der Franzose Platini. Er und Blatter hatten auch schon zuvor Stimmung gegen die FIFA-Ethiker gemacht und von „Inquisition“, „Verstoß gegen die Menschenrechte“ und „öffentlicher Hinrichtung“ gesprochen. Im Falle einer Verurteilung will Blatter alle Einspruchsinstanzen durchlaufen. Das Ziel Blatters ist auch, am 26. Februar den außerordentlichen FIFA-Kongress zu leiten, bei dem sein Nachfolger gekürt werden soll.
FBI ermittelt in weiterem Fall
Blatter steht laut BBC erneut im Zentrum von Ermittlungen. Die US-Bundespolizei FBI untersuche die Rolle des Schweizers in dem früheren gigantischen Bestechungsskandal um die inzwischen bankrotte Sportmarketingfirma ISL. Rund 100 Millionen Dollar (92 Mio. Euro) wurden in den 1990er Jahren von der ISL an hochrangige Funktionäre der FIFA gezahlt.
Unter ihnen waren auch zwei Brasilianer: der langjährige FIFA-Präsident Joao Havelange und das ehemalige Exekutivmitglied Ricardo Teixeira. Als Gegenleistung wurden ISL lukrative TV- und Vermarktungsrechte zugeschanzt. Blatter war viele Jahre FIFA-Generalsekretär unter Havelange.
Immer gleiche Verteidigungstaktik
Blatter bestritt jede Kenntnis über die Bestechungen. „Das stimmt nicht“, sagte der Schweizer in einem Interview des Südwestrundfunks (SWR) über den BBC-Bericht. Laut der Nachrichtenagentur AP haben die Schweizer Behörden bestätigt, dass sie aus den USA um die Aushändigung von Unterlagen aus dem ISL-Fall gebeten wurden.
Auch in dem laufenden Verfahren der US-Justiz gegen mehrere Dutzend Fußballfunktionäre und führende FIFA-Offizielle aus Süd- und Mittelamerika will Blatter keine Kenntnis von den Vorgängen gehabt haben. „Sicher hab’ ich das nicht gewusst. Wenn ich gewusst hätte, was die machen, hätte ich ein Fragezeichen gemacht, hätte gesagt, hört mit dem auf. Ich bin sauer. Ich bin aber auch sauer, dass ich für alles verantwortlich sein soll. Das kann ich ja nicht“, sagte er.
BBC verweist auf Brief
Neu beleuchtet wird durch die neuen Ermittlungen die Rolle Blatters im ISL-Skandal. Der umstrittene Schweizer soll laut BBC von der Bestechung gewusst haben. Das gehe aus einem Brief hervor, der offenbar von Havelange stamme. Darin habe der Brasilianer von den erhaltenen ISL-Zahlungen berichtet. Blatter habe „vollständige Kenntnis von allen Aktivitäten“ gehabt und sei „jederzeit“ informiert gewesen, berichtete die BBC.
Das Schreiben sei Bestandteil von Ermittlungsakten, die das FBI von den Schweizer Behörden im Zuge seiner Untersuchungen erhalten habe. Bereits früher sei man dort Bestechungsvorwürfen in Bezug auf ISL nachgegangen. Damals habe der Bundesanwalt unter anderem „Havelanges Erklärungen in Zusammenhang mit Blatter“ untersucht.
FIFA setzte bereits Schlussstrich
Bereits Ende April 2013 hatte die FIFA-Ethikkommission unter Richter Hans-Joachim Eckert einen Schlussstrich unter die ISL-Bestechungsaffäre gezogen - und Blatter entlastet. Der FIFA-Boss sah sich reingewaschen, Havelange hatte seinen Titel als FIFA-Ehrenpräsident zuvor abgegeben.
Eckert hatte in seinem Abschlussbericht festgestellt, es gebe keine Hinweise dafür, „dass Präsident Blatter Provisionszahlungen von ISL, ihrem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Jean-Marie Weber oder von anderen erhalten hat“. Auch gebe es „keinerlei Anhaltspunkte“ dafür, dass der FIFA-Präsident für Schmiergeldzahlungen an Havelange und Teixeira verantwortlich gewesen sei. Allerdings sei Blatters Verhalten ungeschickt gewesen, hieß es.
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