Heftige Kritik von Abgeordneten
Als Chefin der Hypo-Untersuchungskommission hat sich Irmgard Griss einen guten Ruf erarbeitet und viel Lob bekommen. Entsprechend groß war auch der Vertrauensvorschuss in Umfragen, als sie ihre Bereitschaft erklärte, für das Präsidentschaftsamt zu kandidieren. Nun ist ihr Antreten fix. Doch gerade die Aufarbeitung des Hypo-Skandals brachte sie in den vergangenen Tagen ins Schlingern.
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Erst am Donnerstag wurde bekannt, dass die Gesprächsprotokolle der Hypo-Kommission vernichtet wurden. Die von Griss geleitete Kommission führte rund 50 Gespräche mit für das Hypo-Debakel relevanten Personen, 40 davon allein die wahrscheinliche Präsidentschaftskandidatin selbst. Diese Protokolle waren von allen Parteien im U-Ausschuss Anfang Dezember angefordert worden. Aus einem Schriftverkehr zwischen Griss und dem Finanzministerium geht nun hervor, dass die ehemalige Leiterin der Kommission bereits im Frühling zu Beginn des Hypo-Ausschusses mitgeteilt habe, dass man keine Dokumente mehr habe.
„Die Untersuchungskommission hat sich in den mit den verschiedenen Institutionen (Finanzministerium, Nationalbank, Finanzmarktaufsicht, etc.) abgeschlossenen Vereinbarungen verpflichtet, die ihr zur Verfügung gestellten oder zugänglich gemachten Unterlagen bei Beendigung ihrer Tätigkeit zurückzustellen oder zu vernichten. Das haben wir auch getan und das Büro im Gebäude des Finanzministeriums in der Hinteren Zollamtsstraße mit Ende Dezember geräumt“, heißt es in Griss’ Schreiben.
Finanzministerium dementiert
Anders sieht das das Finanzministerium. Im Vertrag mit Griss stehe nicht, dass die Unterlagen vernichtet werden müssen, hieß es am Donnerstag aus dem Büro von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP): „Die Kommission war unabhängig, das Finanzministerium hat nie Einfluss auf deren Arbeit oder deren Unterlagen genommen.“ Darüber hinaus wurden noch Verträge zwischen Griss und Institutionen wie Nationalbank und FMA geschlossen.
„Mir fehlen die Worte“
Unter den Abgeordneten im U-Ausschuss war die Empörung groß. „Mir fehlen die Worte, ehrlich gesagt“, sagte SPÖ-Fraktionschef Jan Krainer. ÖVP-Fraktionschefin Gabriele Tamandl sprach von einem „Wahnsinn“. Jeder Unternehmer müsse seine Belege aufbewahren. „Nicht nachvollziehbar“ ist die Aktenvernichtung für Rainer Hable (NEOS). Grundlagen für einen wesentlichen Bericht seien vernichtet worden. Auch die Ausschussvorsitzende Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) bezeichnete es in einer Stellungnahme als „bedauerlich“, dass die Gesprächsprotokolle der Kommission „nicht in die Aufklärungsarbeit des Hypo-Untersuchungsausschusses einfließen können“.
Robert Lugar (Team Stronach) zeigte sich verwundert, dass die Vernichtung der Unterlagen offenbar Teil der Verträge gewesen sei: „Typisch österreichisch - man will keine Transparenz, weil man glaubt, die Bürger verschaukeln zu können.“ Auch FPÖ-Fraktionsführer Gernot Darmann will die Situation nicht einfach akzeptieren, immerhin habe man stets darauf gedrängt, die Protokolle zu bekommen.
Er kündigte zudem ein parlamentarisches Nachspiel für das Finanzministerium an. Sein grüner Kollege Werner Kogler will der Sache ebenfalls nachgehen. Klären müsse man, von wem die Order kam, die Gesprächsprotokolle zu vernichten, ergänzte seine Parteikollegin Ruperta Lichtenecker. Zudem brauche man „explizit die Inhalte des Vertrags“.
Kritik an U-Ausschuss
Schon zuvor hatte sie Mitglieder des Hypo-U-Ausschusses vor den Kopf gestoßen. Im Interview mit dem „Falter“ sprach sie in Zusammenhang mit der Aufarbeitung des Hypo-Skandals von einer „Fehlallokation von Ressourcen“. Das Geld sei weg, „der Untersuchungsausschuss wird keinen einzigen Euro zurückholen“, so Griss im „Falter“: „Das Parlament sollte sich lieber den wirklich wichtigen Zukunftsfragen widmen.“
Die mit dem U-Ausschuss befassten Abgeordneten reagierten entsprechend empört über Griss’ Aussagen. Der Ausschuss habe bereits „eine Reihe von massiven politischen Interventionen bis hinauf zu den verantwortlichen Ministern nachgewiesen“, zeigte sich etwa Kogler „überrascht“ von der Kritik.
Sie habe „überhaupt nichts“ dagegen, wenn sich die Abgeordneten bemühen, die politische Verantwortung aufzuklären. Kontrolle sei doch „Hauptaufgabe des Parlaments“, verteidigte Griss ihren Vorstoß. Sie habe gemeint, dass es unökonomisch sei, die umfangreich vorliegenden Vorarbeiten über die Vorgänge rund um die Hypo Alpe-Adria, darunter auch den Bericht der Untersuchungskommission, „zur Seite zu schieben und bei der Stunde null zu beginnen“.
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