Brasilien wechselte die Seite
Bis in die frühen Morgenstunden sind die Verhandler in Le Bourget bei Paris in der Nacht auf Samstag zusammengesessen. In den frühen Morgenstunden verlautbarte aus dem Büro des französischen Außenministers Laurent Fabius schließlich die Fertiggestellung des endgültigen Entwurfs für ein neues Klimaabkommen. Das Papier soll am Samstag um 11.30 Uhr den Delegierten aus 195 Ländern präsentiert werden.
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Der gesamte Freitag war zuvor von Beratungen im kleinen Kreise hinter verschlossenen Türen geprägt gewesen. US-Außenminister John Kerry und UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon waren nur zwei der vielen Speerspitzen, die von einem Gespräch zum nächsten eilten, um die Gegner und Skeptiker eines Klimavertrags, allen voran China, zu Kompromissen zu bewegen. Fabius assistierte mit Zuckerbrot und Peitsche.
„Niemand wird hundert Prozent bekommen“
„Noch nie hat es einen besseren Moment gegeben, um einen universellen, ambitionierten Klimavertrag zu bekommen“, erklärte Fabius am Freitagabend in einem Appell an die 195 teilnehmenden Staaten. Niemand werde „hundert Prozent von dem bekommen, was er fordert. Wenn aber jeder auf hundert Prozent beharrt, werden am Ende alle nichts bekommen“. Er beharrte zudem auf der von ihm gesetzten Frist: „Morgen ist der Tag, an dem Entscheidungen getroffen werden müssen.“

Reuters/Greepeace
Gelbe Farbe in einer Aktion von Umweltschützern machte aus der Place Charles-de-Gaulle rund um den Arc de Triomphe in Paris ein Sonnensymbol
Die UNO-Klimakonferenz hatte am Montag vergangener Woche begonnen und hätte eigentlich bereits am Freitag enden sollen. Ziel des neuen Abkommens ist es letzten Entwürfen zufolge, die Erderwärmung auf 1,5 bis zwei Grad zu begrenzen. Wichtige Finanzfragen und auch langfristige Klimaziele waren bis zuletzt allerdings noch umstritten. Wissenschaftler verwiesen darauf, dass in dem bisher vorliegenden Textentwurf Ziele und Maßnahmen nicht zueinander passten.
Für Österreich sprach sich Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) für ein Abkommen auf Augenhöhe unter allen Partnern aus. Alles andere sei wie eine „Ehe ohne gemeinsamen Haushalt“.
China pocht auf „Differenzierung“
Auf den letzten Metern ging es zu einem Gutteil ums Geld. Trotz Bekenntnissen für finanzielle Unterstützung von Entwicklungs- und Schwellenländern warnte etwa Indiens Umweltminister Prakash Javadekar am Rande der Beratungen, das Abkommen könne noch scheitern, weil die Industriestaaten nicht auf Sorgen der Entwicklungsländer eingingen. Chinas Vizeaußenminister Liu Zhenmin pochte auf eine festgelegte „Differenzierung“ bei den Rechten und Pflichten zwischen Industrie- und Entwicklungsländern.

Reuters/Stephane Mahe
In Le Bourget versammelten sich Umweltschützer um ein Eiffelturm-Modell
Bewegung in die bis dahin relativ starren Fronten brachte am Nachmittag die Entscheidung des Schwellenlandes Brasilien, sich der selbst ernannten „Koalition der Hochambitionierten“ von EU, USA und zahlreichen weiteren Industrie- und Entwicklungsländern anzuschließen. „Um den Klimawandel zu bekämpfen, braucht man Ehrgeiz und politischen Willen“, sagte die brasilianische Außenministerin Izabella Teixeira. Brasilien hatte bis dahin eher mit China und Indien zusammengearbeitet.
„Noch eine spannende Nacht“
Auch tauchte am Freitag bei bisherigen „roten Linien“ einzelner Länder ein Hauch von Kompromissbereitschaft auf. China stellte sich nicht mehr kategorisch gegen eine Überprüfung der Klimaverpflichtungen im Fünfjahresrhythmus. Saudi-Arabien wiederum beschränkte seine Gegnerschaft auf eine bindende Festlegung auf die 1,5-Grad-Grenze. Fabius meinte, man sei schon „fast am Ende des Weges“, hin zu einem „großen Schritt für die ganze Menschheit“.
Auch die erste Riege schaltete sich zum Verhandlungsfinale wieder ein: Unter anderem sprach US-Präsident Barack Obama mit Chinas Staatschef Xi Jinping und Frankreichs Präsident Francois Hollande. Die ursprünglich für Freitagabend gesetzte Frist für das Ende der Verhandlungen verstrich währenddessen beinahe unbemerkt. Deutschlands Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) stellte sich auf „noch eine spannende Nacht“ ein. Sie dürfte recht behalten haben.
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