Ein historisches Grundbedürfnis
Seit der Mensch das Feuer beherrscht, gilt seine Aufmerksamkeit auch dem Heizen. Eine behagliche Umgebungstemperatur ist ein ähnliches Grundbedürfnis wie Essen und Trinken. Ohne die Kulturtechnik des Heizens hätte der Mensch weite Teile des Planeten gar nicht besiedeln können.
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Richtig leistungsfähig ist der Mensch bei Temperaturen von 20 bis 28 Grad Celsius. Weil auch in klimatisch heißen Zonen durch den Temperaturabfall in der Nacht enorme Temperaturunterschiede herrschen, ist das Leben ohne Wärmequellen selbst dort ungemütlich. Heizen ist eine der Grundbedingungen für erfolgreiche Zivilisationsformen. Da wundert es wenig, dass die klügsten Köpfe ihrer Zeit auch das Heizen zum Experimentierfeld machten.
„Montgolfiere-Ofen“ und „Pennsylvania Fireplace“
Johann Wolfgang von Goethe etwa ließ sich im Jahr 1786 vom Hofkupferschmiedemeister Christoph Gottlieb Pflug einen Ofen nach eigenen Entwürfen bauen. Der „Montgolfiere-Ofen“ (hier zu sehen) sollte höchste Effizienz beim Heizen gewährleisten. Der Name rührte vom ballonartigen Aufsatz aus Kupfer, der durch seine runde Form die Strahlungswärme gleichmäßig im Raum verteilt. Standort des Ballonofens war Goethes Arbeitszimmer.
Ein knappes halbes Jahrhundert zuvor beschäftigte sich mit Benjamin Franklin ein weiteres Universalgenie des 18. Jahrhunderts mit den Fragen des optimierten Heizens. Franklin, einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten von Amerika, der später als Erfinder des Blitzableiters Technikgeschichte schrieb, wollte die Wärmegewinnung maximieren und für einen besonders raschen Abzug der Rauchgase sorgen. Der „Pennsylvania Fireplace“ wurde im Jahr 1744 umgesetzt - blieb aber ein Ladenhüter. Nicht zuletzt, weil der Rauch entgegen dem ursprünglichen Gedanken sogar sehr schlecht abzog.
Der Fußboden als Wärmequelle
Beheizbare Räume bestimmen das soziale Leben seit jeher. Die Küche mit der Feuerstelle als einziger beheizbarer Raum war noch bis ins 20. Jahrhundert das Zentrum des bäuerlichen Familienlebens. Jene, die es sich leisten konnten, waren allerdings bereits vor über 2.000 Jahren besser dran. Hypokaustenheizungen, die mit warmer Luft in Hohlräumen unter dem Boden und in der Wand funktionieren, kannten schon die Griechen.

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Glanum bei Saint-Remy-de-Provence (Frankreich; gallo-griechisch und gallo-römisch, 6. Jh. v Chr. - 270 n. Chr.), Fußbodenheizung des Hauses der Kybele und des Attis
Der römische Händler und Ingenieur Gaius Sergius Orata griff um 80 vor Christus diese Idee auf und verbesserte das Prinzip der Fußbodenheizung, das später auch in den römischen Thermen und Bädern Anwendung fand. Orata gilt damit als Pionier der Heiztechnik. Allerdings war der Betrieb dieser Warmluftheizungen alles andere als effizient. Der Holzhunger der Römer war immens, die Rodung der Wälder veränderte in vielen Teilen ihres Reichs nachhaltig die Landschaft.
Nachhaltig heizen
Die Geschichte des Heizens ist auch die Geschichte des Energiesparens. Sogenannte Sparofenschriften sind seit dem 18. Jahrhundert bekannt und bezogen ihr Know-how oft aus dem bergmännischen Zusammenhang, wo zur Metallgewinnung ungeheure Mengen an Holz verfeuert wurden und entsprechendes Interesse an der Optimierung herrschte.

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Holzofen in einer Selbstversorgerhütte in Kreuth in Bayern - er dient gleichzeitig dem Heizen und Kochen
Der Begriff der Nachhaltigkeit stammt vom sächsischen Bergmann Hans Carl von Carlowitz, der im Jahr 1713 ein entsprechendes Modell der Forstwirtschaft, das nur so viele Bäume entnimmt wie nachwachsen, propagierte.
Effizienz als Wettbewerb
Dass Sparen immer schon Teil einer jeden Konsumrealität war, zeigt auch ein Wettbewerb, den Friedrich der Große von Preußen anno 1763 ausgerufen hat. Der „Alte Fritz”, wie er landläufig bezeichnet wurde, rief dazu auf, „einen Stubenofen, so am wenigsten Holz verzehret“, zu entwerfen.
Aus dem Wettbewerb ging Johann Paul Baumer als Sieger hervor, dessen Entwurf als „Berliner Kachelofen“ bekannt wurde. Die entscheidenden Neuerungen für ein holzsparendes Befeuern waren ein Rost und die Möglichkeit der Regulierung der Luftzufuhr und eine Rauchgasklappe.
Messbarkeit schafft Bewusstsein
Dieses neue Bewusstsein für das Energiesparen entstand nicht zufällig. Thermometer wurden im Lauf des 18. Jahrhunderts immer ausgereifter. Mit Daniel Gabriel Fahrenheits aus dem Jahr 1724 stammender Temperaturskala war erstmals eine allgemein gültige Objektivierung der Temperatur möglich. Anders Celsius folgte mit seiner Skala knapp 20 Jahre später.

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Pellets zum Befeuern einer modernen Zentralheizung
Eine mindestens so entscheidende Grundlage für die Optimierung des Heizens bildete die Forschungsarbeit des deutschen Forstwissenschaftlers Georg Ludwig Hartig: Ende des 18. Jahrhunderts bestimmte er erstmals die Brennwerte unterschiedlicher Holzarten. Heizen wurde so berechenbar. Der Heizungskomfort, wie wir ihn heute kennen, geht auf den Schweden Marten Trifvald zurück. Im Jahr 1716 entwickelte er die erste Warmwasserheizung, deren Prinzip heute die meistbenutzte Form der Wärmeweitergabe in Räumen ist.
Die Globalisierung der Brennstoffe
Die wahre Dynamik beim Thema Heizen zeigt sich seit 200 Jahren bei den Brennstoffen. Kohle wurde im Lauf des 19. Jahrhunderts immer wichtiger. Im 20. Jahrhundert und mit den nach dem Zweiten Weltkrieg aufkommenden Zentralheizungen lösten Flüssigbrennstoffe und Erdgas das Holz und die Kohle ab. Die hohe Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen macht das Heizen seit Jahrzehnten auch zu einem geopolitischen Thema. Zugedrehte Öl- und Gashähne lösen nach wie vor Schreckensszenarien aus.
In Österreich werden laut Statistik Austria aktuell von 3,7 Millionen Wohnungen 900.000 mit Erdgas und weit über 600.000 mit Öl und Flüssiggas beheizt. Mit über einer Million Wohnungen bildet die Fernwärme, die sich aus unterschiedlichen Quellen von Hausmüll über Hackschnitzel, aber mitunter auch aus Erdgas speist, einen weiteren großen Anteil der heimischen Heizformen.
Wärmebildkamera statt Ballonofen
Die Beschäftigung mit der Optimierung des Heizens zeigt sich im Zeitalter effizientester Verbrennungsprozesse und hoher Wirkungsgrade von einer anderen Seite. Was früher die Sparofenschriften waren, läuft heute unter der Kategorie Energiespartipps und Wärmedämmung. Thermische Sanierungen von Häusern stehen seit vielen Jahren im Mittelpunkt der staatlichen Förderpolitik und sind stark an das Thema Energiewende gekoppelt. Der technikaffine Goethe würde heute wohl eher mit einer Wärmebildkamera experimentieren, als an einem Ofen zu tüfteln.
Johannes Luxner, ORF.at
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