Kritik auch aus eigener Partei
Ein Verbot der Einreise in die USA für alle Muslime: Mit dieser Forderung hat Donald Trump eine Welle der Kritik ausgelöst. Der bei den Republikanern führende Bewerber um die Kandidatur für das Weiße Haus 2016 begründete seine gravierende Forderung mit angeblichem Hass von Muslimen auf die USA.
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Der Unternehmer verbreitete eine Erklärung mit einer Umfrage, in der eine große Zahl befragter Muslime Gewalt gegen Amerikaner in den USA als Teil des globalen Dschihad bejaht habe. Die Umfrage soll im Frühsommer 2015 unter 600 Menschen gemacht worden sein und zeigt laut Trump den „großen Hass gegenüber Amerikanern“.
Trump erklärte wörtlich: „Solange wir dieses Problem und die damit verbundenen Gefahren nicht verstehen, darf unser Land kein Opfer der Attacken von Leuten werden, die an den Dschihad glauben.“ Volksvertreter und Politiker des Landes müssten zunächst feststellen, was eigentlich los sei. „Wir müssen herausfinden, woher all dieser Hass kommt.“
Terror als Wahlkampfthema
Doch bereits an der Befragung selbst wurden nach Trumps Aussendung Zweifel laut. Die Umfrage, auf die sich der US-Präsidentschaftskandidat bezog, wurde vom Center for Security Policy beauftragt. Dessen Leiter Frank Gaffney sei extrem islamfeindlich, schrieb die „Washington Post“.

AP/Mic Smith
Trump will angeblich herausfinden, „woher all dieser Hass kommt“
Trumps Forderung kam wenige Tage nach einer mutmaßlichen Terrorattacke im kalifornischen San Bernardino, bei der 14 Menschen erschossen wurden. Die beiden Täter waren Muslime. Die Frau hatte sich kurz zuvor in Sozialen Medien zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannt. Diese Ereignisse und zuvor die Terroranschläge von Paris befeuerten in den USA Ressentiments gegen Muslime. Das Thema spielt im Wahlkampf um die Präsidentschaft eine immer größere Rolle.
Trump für Jeb Bush „komplett verwirrt“
Trumps jüngste Äußerungen scheinen jedoch selbst seinen republikanischen Parteikollegen zu weit zu gehen. „Das ist keine konservative Politik“, sagte der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, am Dienstag vor Journalisten. „Was gestern vorgeschlagen wurde, ist nicht das, wofür diese Partei steht, und - viel wichtiger -, wofür dieses Land steht.“
Auch von seinen Mitbewerbern um das Präsidentschaftsamt musste sich Trump Kritik gefallen lassen. Jeb Bush nannte Trump gar „komplett verwirrt“. Die ehemalige Hewlett-Packard-Chefin und nunmehrige Präsidentschaftsbewerberin Carly Fiorina sprach von einer „gefährlichen Überreaktion“. Der einflussreiche Senator Lindsey Graham nannte die Äußerungen seines Rivalen „unamerikanisch“. Der Vorschlag stärke nur die Extremisten. Trump sei der „Mann des Jahres“ für den IS, sagte Graham und rief die Wähler auf, den Milliardär „zur Hölle“ zu schicken.
Mit Trump in der „Mülltonne der Geschichte“
Scharfe Kritik kam - weniger überraschend - auch von den Demokraten. Die Äußerungen Trumps stünden „vollkommen im Gegensatz zu unseren Werten“, so der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater von Präsident Barack Obama, Ben Rhodes. Noch härter formulierte es Obamas Sprecher Josh Earnest. „Was Donald Trump gestern gesagt hat, disqualifiziert ihn, als Präsident zu dienen“, so Earnest. Die Republikaner müssten sich nun fragen, ob sie mit Trump in der „Mülltonne der Geschichte“ landen wollten. Die demokratische Präsidentschaftsbewerberin Hillary Clinton meinte auf Twitter: „Skandalös, verwerflich, spalterisch. Trump, Du begreifst es nicht.“
Muslimvertreter sieht ideologischen Konflikt
Muslime in den USA zeigten sich tief verunsichert. Einer der größten Muslimverbände der USA sah die Religionsfreiheit vom politischen Klima bedroht. „Der IS versucht doch, die religiöse Freiheit in den USA zu unterminieren, und viele Politiker springen im Wahlkampf kleingeistig auf diesen Zug auf“, sagte Nihad Awad, Präsident des Council on American-Islamic Relations (CAIR).
„Manche Kandidaten spielen dem IS unmittelbar in die Hände, ob willentlich oder wissentlich“, sagte Awad. Es gebe aber „gar keinen religiösen Konflikt in den USA, sondern einen ideologischen“. Tatsächlich leben in den USA kaum Muslime. Laut dem Pew Research Center in Washington waren 2014 nur 0,9 Prozent der erwachsenen US-Amerikaner muslimischen Glaubens - die meisten von ihnen Zuwanderer. In einer Pressekonferenz sagte Awad später, Trumps Rhetorik erinnere an die Politik der Nazis gegen die Juden.
UNHCR äußert Sorge
Die Aufregung blieb nicht auf die USA beschränkt. Der britische Premier David Cameron nannte Trumps Äußerungen „spalterisch, nicht hilfreich und ganz einfach falsch“. Eine Sprecherin des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) sagte: „Wir sind besorgt, dass solche Wahlkampfrhetorik ein wichtiges Programm zur Aufnahme syrischer Kriegsflüchtlinge in den USA gefährdet.“ Auch der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, Said Raad al-Hussein, bezeichnete Trumps Aussagen als „völlig unverantwortlich“. Trump spiele den Extremisten in die Hände, die für ihre Ziele die „große Mehrheit der einfachen Muslime“ als Geiseln nähmen, so Hussein.
Ägyptens oberstes islamisches Rechtsinstitut Dar al-Iftaa bezeichnete Trumps Äußerungen am Dienstag wiederum als „extremistisch und rassistisch“. Sie könnten zu Hass und Spannungen in der US-Gesellschaft führen und den sozialen Frieden gefährden. Es sei „unfair, alle Muslime wegen einer Gruppe Extremisten zu bestrafen“. Trumps Forderung gebe Extremisten die Möglichkeit, „ihre kriminellen Ziele umzusetzen“.
Schlimmer als Voldemort?
Einen besonders harschen Vergleich zog am Dienstagnachmittag schließlich die britische Schriftstellerin J. K. Rowling. „Wie abscheulich. Voldemort war nicht einmal annähernd so schlimm“, schrieb die Schöpferin von Harry Potter auf Twitter. Der Vergleich mit dem Oberbösewicht der Romanreihe sammelte in den ersten Stunden nach seiner Veröffentlichung über 45.000 „Likes“ und wurde mehr als 50.000-mal geteilt.
Trump zeigte sich von der zahlreichen Kritik unbeeindruckt. Die Kritiker aus den Reihen der eigenen Partei „sind mir egal“, sagte er am Dienstag in einem Telefoninterview mit CNN. „Ich mache, was richtig ist.“ Bereits am Montagabend hatte er seine Forderungen bei einer Wahlkampfveranstaltung in South Carolina wiederholt. „Wir haben keine andere Wahl“, rief er seinen Anhängern zu. Sein Aufruf möge politisch nicht opportun sein, aber das interessiere ihn nicht. Laut US-Medien reagierten seine Anhänger mit frenetischem Jubel.
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