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„Traumfabrik“ in chinesischer Hafenstadt

Die chinesische Wanda-Gruppe besitzt Einkaufszentren und Luxushotels, investiert in Fußballclubs und Kinoketten, baut das größte Filmstudio der Welt und plant weitere Superlative. An der Spitze des Konglomerats steht Wang Jianlin, dessen Privatvermögen auf umgerechnet 28 Milliarden Euro geschätzt wird. Im Vergleich zu Alibaba-Gründer Jack Ma ist er im Westen aber noch praktisch unbekannt.

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Der Erfolgslauf des chinesischen Multimilliardärs begann in der PLA, der chinesischen Volksbefreiungsarmee. Dass er schon mit 15 einrücken durfte, verdankte Wang seinem Vater, der während des Langen Marschs an der Seite von Mao gekämpft hatte. In den folgenden 16 Jahren kletterte er die militärische Karriereleiter nach oben, ehe er einen Posten in der Bezirksverwaltung der Stadt Dalian (Provinz Liaoning) übernahm und kurz darauf ebendort seinen Immobilienkonzern gründete.

Mittlerweile verwaltet Wang Immobilien in ganz China, darunter zahlreiche Einkaufszentren und Luxushotels, laut dem Wirtschaftsmagazin „Forbes“ ist er der reichste Mann Chinas. Auch außerhalb Asiens investiert die Wanda-Gruppe Beträge in Milliardenhöhe, um im Westen Fuß zu fassen.

Fußball, „Ironman“ und Kinos

Für Aufsehen sorgte Wang mit dem Einstieg in den Profifußball: Anfang 2015 erwarb der Wanda-Konzern einen Anteil von 20 Prozent am spanischen Traditionsverein Atletico Madrid. Mit dem Investment solle auch der Weg für chinesische Nachwuchstalente geebnet werden, so Wang. Im Sommer kaufte Wanda dann die ehemals amerikanische World Triathlon Corporation, die unter anderem die Rechte am „Ironman“-Wettbewerb besitzt.

Besonderen Wert legt Wang aber auf den Unterhaltungssektor: Mit Wanda Cinemas betreibt er bereits die größte Kinokette Chinas. Im Jahr 2012 erwarb er darüber hinaus die strauchelnde amerikanische Kinokette AMC - für rund zweieinhalb Milliarden Euro -, und erst im Juni dieses Jahres erweiterte Wang das Portfolio seines Konzerns auch um die Kinos des australischen Betreibers Hoyts. Über 500 Spielstätten sollen sich damit mittlerweile im Besitz der Wanda-Gruppe befinden.

Größtes Filmstudio der Welt ab 2017

Dass der Tycoon mit seinem Unternehmen neben dem Geschäft mit Immobilien zunehmend auf Investitionen im Unterhaltungsbereich setzt, dürfte auch mit einer Veränderung auf dem chinesischen Markt zusammenhängen. Zwar betreibt die Wanda-Gruppe mittlerweile nach eigenen Angaben knapp 100 Einkaufszentren, doch mit dem zunehmenden Boom von Onlinehändlern - allen voran dem Alibaba-Konzern - ist die Zukunft der riesigen Shopping-Malls ungewiss.

Im April 2017 soll in der Stadt Qingdao das größte Filmstudio der Welt eröffnen und Produktionen auf Hollywood-Niveau in China ermöglichen. Daneben sollen ein Filmmuseum und ein Wachsfigurenkabinett, ein Yachthafen und gleich mehrere Hotels entstehen. Mit dem Milliardenprojekt will Wang Unterhaltungsriesen wie Disney Paroli bieten.

Eigenes Filmfestival geplant

Mehr als 100 Film- und Fernsehproduktionen werden jährlich anvisiert. Unterstützend wird an einem Filmfonds gearbeitet, der in Zusammenarbeit mit der lokalen Regierung große Produktionsfirmen nach Qingdao locken soll. Auch ein eigenes Filmfestival ist in Zukunft angedacht, um - laut Aussagen des Konzerns - eine „Brücke zwischen östlicher und westlicher Filmwelt zu schlagen“.

US-Schauspieler Leonardo DiCaprio in Qingdao

Reuters/Jason Lee

DiCaprio auf dem von Wangs Firma ausgerollten roten Teppich

Wang lud bereits zum Startschuss des Projekts das Who’s who Hollywoods auf den roten Teppich in der chinesischen Hafenstadt. Stars wie Leonardo DiCaprio und John Travolta, Christoph Waltz und Catherine Zeta Jones waren anwesend - Gerüchte, dass sie für ihren Auftritt siebenstellige Dollar-Beträge kassierten, wurden dementiert.

Hund mit Apple Watch

Wangs Vermögen wird auf 28 Mrd. Euro geschätzt. Bei einem Börsenabsturz im August verlor er zwar umgerechnet über drei Milliarden Euro, blieb aber chinesischer Spitzenreiter auf der Milliardärsliste des Wirtschaftsmagazin „Forbes“.

Während Wang privat sein Geld bevorzugt in Luxusyachten und Designerkleidung investiert, geriet sein Sohn Wang Sicong im Mai für einen außergewöhnlichen Einkauf in die Kritik der Medien: Für seinen Husky erstand er nämlich gleich zwei der begehrten goldenen Apple Watches - und teilte daraufhin Bilder davon in Sozialen Netzwerken. „Die Mehrheit der Menschen mit Geld, vor allem die besonders reichen, sind gute Menschen“, betonte dessen Vater bei einem Kurzauftritt ein paar Monate später.

Undurchsichtige Verbindungen zur Regierung

Wangs Aufstieg ist nicht nur seinem wirtschaftlichem Talent geschuldet. Er gilt als am besten vernetzter Geschäftsmann Chinas - was nicht zuletzt bedeutet, dass er ein Nahverhältnis zur chinesischen Regierung pflegt. Laut einem Bericht der „New York Times“ gehört Wang zu einem Netzwerk von Investoren, das in direktem Zusammenhang mit Chinas Präsident Xi Jinping steht.

In einem Gespräch mit Studenten der US-amerikanischen Eliteuniversität Harvard bestritt Wang jegliche Verbindung zur Politik, ging aber ungewohnt offen mit der Frage nach der Rolle der Investoren um. So bestätigte er etwa, dass der Schwager des chinesischen Präsidenten über Jahre hinweg Investor gewesen sein soll, sich aber kurz vor dem Börsengang zurückzog und dadurch auf einen beträchtlichen Gewinn verzichtete.

Das Protokoll der Diskussionsrunde wurde anschließend auf der offiziellen Website des Wanda-Konzerns veröffentlicht. Wenige Tage später wurde die betreffende Passage aus dem Text jedoch wieder entfernt. Auch auf dem Kurznachrichtendienst Weibo, der vergleichbar mit Twitter ist (sich jedoch unter staatlicher Kontrolle befindet), führten entsprechende Suchanfragen kurz darauf nur noch ins Leere.

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