Zwölf Rohrbomben gefunden
Nach der Schießerei mit 14 Toten im kalifornischen San Bernardino haben die Ermittler zwölf Rohrbomben im Haus der mutmaßlichen Schützen gefunden. Außerdem seien Werkzeuge zum Bombenbau sichergestellt worden, sagte der Polizeichef von San Bernardino, Jarrod Burguan, am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. „Sie hatten zusätzliches Material, um weitere Bomben zu bauen.“
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Das Ehepaar namens Syed Rizwan Farook und Tashfeen Malik hatte offenbar ein ganzes Waffenlager zur Verfügung. Laut Burguan führten Farook und Malik mehr als 1.600 Schuss Munition mit sich, als sie sich die Schießerei mit der Polizei lieferten. Im Haus des Paares fanden die Ermittler dann rund 5.000 weitere Schuss Munition.
Die vier eingesetzten Schusswaffen habe Farook legal erworben. „Sie waren ausgerüstet“, sagte Burguan. „Sie hätten eine weitere Attacke verüben können. Wir haben sie abgefangen, bevor das passieren konnte.“ Vier an ein ferngesteuertes Auto gekoppelte Rohrbomben fand die Polizei später am Tatort - sie zündeten nicht.
Zwei Menschen in Lebensgefahr
Die Zahl der Verletzten korrigierte Burguan nach der Bluttat am Mittwoch von 17 auf 21. Mindestens zwei davon schwebten nach Angaben des Krankenhauses noch in Lebensgefahr. Auch ein zweiter Polizist sei verletzt worden, sagte Burguan, beide seien aber auf dem Weg der Besserung. Der 28-jährige städtische Angestellte Farook hatte am Mittwoch gemeinsam mit seiner 27-jährigen Ehefrau bei einer Weihnachtsfeier seines Arbeitgebers das Feuer eröffnet. Die Behörden identifizierten die Schützen, die zunächst entkommen konnten und später bei einem Schusswechsel mit der Polizei ums Leben kamen.

Grafik: Omniscale/OSM/ORF.at; Quelle: APA/NY Times
FBI: „Zu früh“ für Urteil über Motiv
Der leitende FBI-Agent David Bowdich sagte bei der Pressekonferenz, es sei noch „viel zu früh“, über die Motive der Schützen zu spekulieren. Die Behörden schlossen einen terroristischen Hintergrund ebenso wenig aus wie einen Streit am Arbeitsplatz. Man wisse von einem Auslandsaufenthalt in Pakistan. Farooks Frau sei Pakistanerin, sie habe sich mit einem K1-Verlobtenvisum im Land aufgehalten.
Ermittlungen nach Blutbad in Kalifornien
Nach dem Blutbad von San Bernardino spricht US-Präsident Barack Obama von einer schrecklichen Tragödie und fordert erneut strengere Waffengesetze.
Die Nachrichtensender CNN und CBS berichteten unter Berufung auf Ermittlerkreise, dass Farook telefonisch und über Soziale Onlinenetzwerke mit mindestens einem Terrorverdächtigen in Kontakt gestanden sei. Offenbar sei er „radikalisiert“ gewesen, andere Motive wie Ärger im Job könnten aber auch zu der Tat beigetragen haben.

Reuters/Mario Anzuoni
Das Fluchtfahrzeug nach der Verfolgungsjagd
Ein Imam in San Bernardino wies unterdessen die Berichte über einen religiösen Hintergrund der Tat zurück. „Wir haben keine Anzeichen einer Radikalisierung gesehen“, sagte Mahmood Nadvi von der Al-Uloom-Al-Islamiyah-Gemeinde über den mutmaßlichen Schützen Farook. Der Student Nizaam Ali sagte, Farook habe die Moschee regelmäßig besucht, er habe ihn aber seit drei Wochen nicht mehr gesehen. Ein anderes Gemeindemitglied beschrieb den mutmaßlichen Schützen als „ruhig, schüchtern und reserviert“. Er könne sich nicht vorstellen, dass er die Tat aus religiösen Motiven begangen habe, sagte Gasser Shehata.
Zuvor Tochter abgegeben
Die beiden Angreifer hätten außer den Sturmgewehren auch Handfeuerwaffen gehabt und eine Art Kampfmontur getragen, sagte Burguan weiter. Das setze eine gewisse Planung voraus. Nach Angaben aus dem Bekanntenkreis des Paares hatten die beiden auch am Morgen der Tat ihre sechsmonatige Tochter bei Farooks Mutter abgegeben und gesagt, Malik habe an diesem Tag einen Arzttermin.
Sowohl ein terroristischer Hintergrund als auch ein Streit am Arbeitsplatz seien laut US-Präsident Barack Obama zufolge mögliche Motive für die Attacke auf eine Einrichtung für behinderte Menschen mit insgesamt 16 Toten. Ein Bezug zu Terrorismus sei möglich, aber das wüssten die Ermittler noch nicht, sagte Obama am Donnerstag nach einem Treffen mit FBI-Direktor James Comey, Justizministerin Loretta Lynch und Sicherheitsberatern im Weißen Haus.

APA/AP/KTTV
Das Inland Regional Center in San Bernardino
Kein „amerikanischer Traum“
Angeblich war der gebürtige US-Amerikaner Farook ein gläubiger Muslim. Er soll die gebürtige Pakistanerin Malik im Internet kennengelernt haben. Die beiden wurden gegenüber US-Medien als introvertiert, aber sehr beliebt geschildert. Alles habe „danach ausgesehen, als lebten die beiden den amerikanischen Traum“, sagte ein Ex-Arbeitskollege.
ORF-Korrespondent Kernmayer aus San Bernardino
Selbst Präsident Obama lässt beide Möglichkeiten offen: Terroranschlag oder Amoklauf. Was spricht für welche These? Ernst Kernmayer berichtet aus San Bernardino.
Streit bei Feier
Ebenfalls bekannt wurden jedoch private Details zum mutmaßlichen Täter. Er wuchs laut den Recherchen lokaler Medien in tristen Verhältnissen in einem Klima häuslicher Gewalt auf. Die Eltern ließen sich 2008 scheiden, laut den Scheidungspapieren machte Farooks Mutter geltend, dass ihr Mann "... inzwischen täglich mit Suizid" drohe und sich ihr Sohn zumindest einmal zwischen Vater und Mutter stellen habe müssen, um sie zu „retten“.
Farook arbeitete für die Gemeinde als Hygiene- und Gesundheitskontrollor von Betrieben und öffentlichen Einrichtungen, auch dem Inland Regional Center, wo Menschen mit geistiger Behinderung tagsüber betreut und gefördert werden. Laut Zeugenaussagen soll es bei der Feier am Mittwochvormittag (Ortszeit) wegen eines noch nicht bekannten Grundes zu Streit gekommen sein, an dem offenbar auch Farook beteiligt war.

Grafik: APA/ORF.at
Waffendebatte neu angeheizt
Die Tat heizte die Debatte über die US-Waffengesetze neu an. US-Präsident Barack Obama forderte überparteiliche Anstrengungen, um derartige Vorfälle künftig zu verhindern. „Wir wissen noch nicht, was die Motive der Schützen sind“, sagte er gegenüber dem Sender CBS. „Aber wir wissen, dass es Schritte gibt, mit denen wir den Amerikanern mehr Sicherheit bieten könnten.“ Obama will seit Jahren schärfere Waffengesetze, ist aber an der republikanischen Kongressmehrheit gescheitert.
Auch Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton meinte im Kurznachrichtendienst Twitter, sie weigere sich, Schießereien „als Normalität“ hinzunehmen. Die nunmehrige Tat ist die folgenschwerste Schießerei in den USA seit dem Massaker in Newtown im Bundesstaat Connecticut, bei dem 2012 ein Einzeltäter in einer Schule 26 Menschen ermordete. Erst vor einigen Tagen hatte ein Mann eine Abtreibungsklinik in Colorado Springs gestürmt und drei Menschen erschossen.
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