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Erster vielversprechender Versuch

Britische Geologen wollen in den nächsten fünf Jahren im Indischen Ozean mit einer Bohrung mehrere Kilometer tief in das Innere der Erde vordringen. Das Experiment soll diese Woche beginnen. Ziel ist es, neue Erkenntnisse über den geologischen Aufbau des Planeten zu gewinnen.

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Die Bohrung soll insgesamt in 5.000 bis 5.500 Meter Tiefe gehen, berichtete am Dienstag die britische BBC. Laut einem der Leiter des Forschungsprojekts, dem Geologen Chris McLeod, könnten dafür bis zu drei Expeditionen notwendig sein. Das Experiment dürfte kaum vor 2020 abgeschlossen sein, so der Wissenschaftler von der britischen Universität Cardiff.

Forschungsschiff JOIDES Resolution

Reuters/Juan Carlos Ulate

Das Expeditionsschiff „Joides Resolution“ 2011 vor Costa Rica

Mit der Bohrung sollen Gesteinsproben entnommen werden, die den Wissenschaftlern neue Informationen über den Aufbau von Erdkruste und Erdmantel liefern sollen. Der Mantel besteht aus anderen Materialien als die äußere Schicht der Erde, vor allem aus dem Gestein Peridotit. Die Erdkruste ist unterschiedlich dick, an manchen Stellen über 30 Kilometer. Der Mantel, die mittlere innere Schicht, reicht mehrere tausend Kilometer in die Tiefe.

Bohren an der „Atlantis Bank“

Das erklärt auch die Wahl des Orts. Unter dem Meeresgrund ist die Erdkruste dünner als auf dem Festland, besonders an der Bohrstelle im Indischen Ozean, der „Atlantis Bank“. Auf dem Südwestindischen Rücken an der Nahtstelle zwischen der Afrikanischen und der Antarktischen Platte sei die Kruste besonders „dünn“, heißt es in dem BBC-Bericht. Der Grund seien tektonische Verwerfungen, Bruchstellen im Gestein und Erosion. Zwischen dem Bohrschiff „Joides Resolution“ und dem Meeresgrund liegen laut Angaben der Expedition 700 Meter Wasser.

Wissenschafter auf dem Schiff JOIDES Resolution

Reuters/Juan Carlos Ulate

Bohrung zwei Kilometer tief unter dem Meeresboden (2011)

Die Bohrung ist bei Weitem nicht die tiefste bisher, soll aber laut BBC die erste werden, die den Mantel erreicht. Die Grenze zwischen Kruste und Mantel wird als Mohorovic-Diskontinuität (kurz „Moho“) bezeichnet, sie interessiert Expeditionsleiter McLeod besonders. An ihr verändert sich nicht nur die geologische Struktur des Erdinneren, sie weist auch seismische Besonderheiten auf.

Die Sage vom „Bohrloch zur Hölle“

Die bisher tiefste Bohrung Richtung Erdinneres gelang sowjetischen Geologen zwischen 1970 und 1989. Die Kola-Bohrung auf der gleichnamigen Halbinsel erreichte im Lauf der Jahre eine Tiefe von über zwölf Kilometern. Das Experiment forderte Fossilien, Milliarden Jahre alte Gesteinsproben und Rohstofffunde zutage - und es war auch die wahrscheinliche Grundlage für die Zeitungsente vom „Bohrloch zur Hölle“, dem „Well to Hell“.

Ende der 1980er Jahre tauchten Gerüchte auf, Mikrofone hätten in dem Bohrloch „Stimmen aus der Tiefe“ registriert. Heiß war es zwar, deshalb war bei 12.262 Metern auch Endstation für die Bohrer, allerdings waren die „Stimmen“ maximal Geräusche seismischer Aktivitäten. Jahre später tauchte die Legende erneut auf, damals in der Version einer Bohrung an einem unbekannten Ort in Sibirien unter Leitung eines Ingenieurs „Assakow“, teils geistert sie bis heute durch Internetforen.

Teil eines internationalen Forschungsprogramms

Die Mission der „Joides Resolution“ steht unter der Devise „Entdecken unter dem Meeresgrund“. Das Schiff hat seinen Namen von der (siebenten) „HMS Resolution“, dem Expeditionsschiff, das der Entdecker James Cook für seine Südsee-Reisen verwendet hatte. Das Bohrexperiment ist Teil des internationalen Integrated Ocean Drilling Program (IODP), das sich mit der geologischen Geschichte und dem Aufbau der Erde befasst.

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