„Bereits vor Wochen vorbereitet“
Vor der Insolvenzankündigung von Zielpunkt hat dessen Eigentümer Pfeiffer offenbar noch alle Hoffnungen in die Supermarktkette gesetzt. Das suggeriert ein Brief, der dem Weihnachtsgeschenk für die Mitarbeiter am Montag beilag. Das Geschenk - eine Gewürzmischung - samt Schreiben sei „bereits vor Wochen vorbereitet“ worden, ruderte Zielpunkt am Montag zurück.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
In dem von Georg Pfeiffer, Eigentümer der oberösterreichischen Handelsgruppe Pfeiffer, unterzeichneten Schreiben an die Zielpunkt-Mitarbeiter, das auf Facebook veröffentlicht wurde, heißt es: „Ich hoffe, wir haben Ihren Geschmack getroffen! Ich möchte mich für Ihren Einsatz im zu Ende gehenden Jahr herzlich bedanken! Gemeinsam haben wir auch schwierige Herausforderungen gut gemeistert und uns für die Zukunft hervorragend aufgestellt. Ich wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und für 2016 Gesundheit, Glück und viel Erfolg!“

Screenshot www.facebook.com
„Uns ist völlig bewusst, dass der beigelegte Brief zum jetzigen Zeitpunkt wie Hohn in den Ohren der Mitarbeiter klingen muss“
Der Konzern entschuldigte sich umgehend dafür: „Uns ist völlig bewusst, dass der beigelegte Brief zum jetzigen Zeitpunkt wie Hohn in den Ohren der Mitarbeiter klingen muss. Ganz sicher steckt keine böse Absicht dahinter, auch wenn es heute kaum jemand glauben kann und will.“ Das Geschenk sei „bereits vor Wochen vorbereitet und in der Zwischenzeit zusammengestellt sowie versendet“ worden, hieß es in der Entschuldigung.
Aufregung auch über älteren Brief
Auch am 4. November hatte Georg Pfeiffer an alle Mitarbeiter in einem Brief geschrieben: „Wir werden mit voller Kraft die Entwicklung von Zielpunkt fortsetzen.“ Anlass des der APA vorliegenden Schreibens war der kurz davor abgewickelte Verkauf des Großhandelsbetriebs c+c Pfeiffer an Transgourmet, eine Tochter des Schweizer Handelskonzerns Coop.
„Neben der strategischen Perspektive dieser Partnerschaft war die Sicherheit Ihrer Arbeitsplätze die wichtigste Grundlage für diese Entscheidungen. Ich bin überzeugt, dass wir mit den neuen Strukturen bestmögliche Voraussetzungen für eine langfristig erfolgreiche Weiterentwicklung in allen Geschäftseinheiten geschaffen haben“, heißt es in dem Brief weiter.
Noch am 18. November sagte Zielpunkt-Geschäftsführer Erich Schönleitner dem „WirtschaftsBlatt“, dass Pfeiffer an Zielpunkt glaube und es bis 2017 aus den roten Zahlen schaffen wolle. Die Kette sollte mit Hilfe des Onlinegeschäfts, mehr Convenience-Produkten und Franchise-Partnern flottgemacht werden. In den nächsten drei Jahren hätten 20 bis 30 Standorte an Franchise-Partner gehen sollen. Doch nur eine Woche später kündigte das Unternehmen an, Insolvenz anmelden zu müssen. Der Konkursantrag erfolgte dann am Montag. Zielpunkt hätte nach eigenen Angaben mindestens bis zum Geschäftsjahr 2020/21 noch Verluste geschrieben.
Betriebsrätin: „Das ist eine Sauerei“
„Wir waren alle komplett geschockt. Das ist eine Sauerei jetzt vor Weihnachten“, sagte Zielpunkt-Betriebsratschefin Snjezana Brajinovic am Montag bei einer Betriebsversammlung in Wien. Zielpunkt zahlte die November-Gehälter und das Weihnachtsgeld nicht mehr aus. Das übernimmt nun der Insolvenzentgeltfonds (IEF). „Wir tun derzeit alles, um die harte Situation der Betroffenen abzufedern, und arbeiten intensiv an Maßnahmen, um unseren Mitarbeitern zu helfen“, beteuerte Georg Pfeiffer. „Mit Zielpunkt ist ein Herzensprojekt von mir gescheitert. Wir haben alles getan, um Zielpunkt zu sanieren.“
Zielpunkt-Insolvenz sorgt für Spannungen
Die Insolvenz der Supermarktkette Zielpunkt sorgt weiter für große Spannungen zwischen der Firmenleitung und der Gewerkschaft.
Auch wenn die Situation schrecklich sei, dürfe niemand eigenmächtig zu Hause bleiben, informierte die Gewerkschaft GPA-djp. „Keiner hört jetzt auf“, sagte Betriebsrätin Brajinovic. Sollte die Filiale, in der man arbeitet, demnächst geschlossen werde, habe der Arbeitgeber das Recht, den Mitarbeiter in einer anderen Filiale einzusetzen. Welche Filialen wann schließen, dürfte der Masseverwalter in den nächsten Tagen bekanntgeben.
Zurzeit kursieren viele Gerüchte, die die Beschäftigten verunsichern. „Hört nicht auf das. Der Herr Pfeiffer hat schon viel gesagt. Fragt uns“, empfahl Mario Ferrari von der GPA-djp. So will Pfeiffer sich dafür einsetzen, dass den Mitarbeitern eine Prämie ausbezahlt wird, wenn sie bis zum Schluss arbeiten. „Das ist Blödsinn. Der Pfeiffer hat jetzt nichts mehr zu sagen. Das Sagen hat der Masseverwalter“, klärte Ferrari auf - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.
„Jetzt habt ihr nix mehr zu verlieren“
Brösel gab es aber schon länger. Laut Brajinovic kam es immer wieder zu Übertretungen der Ruhezeiten. Beschäftigte erzählten, dass nicht sie selbst die Stundenliste führten, sondern die jeweilige Filialleitung. Betriebsrat und Gewerkschaft forderten die Beschäftigen auf, ihre Stundenaufzeichnungen unbedingt selbst zu führen. „Jetzt habt ihr nix mehr zu verlieren. Der Firma braucht ihr nichts mehr zu schenken“, so Brajinovic.
Laut GPA-Chef Wolfgang Katzian hatte der Betriebsrat seit Juni intensive Gespräche mit dem Management geführt. Dabei sei der Wunsch klar gewesen, die Zentrale von Wien nach Linz zu verlagern, um Synergien zu erzielen und sich von einigen unrentablen Standorten im Osten zu trennen. In diesem Zusammenhang habe es Gespräche über einen Sozialplan gegeben, den Pfeiffer aber nicht wollte, so Katzian.
Es sei auch zu einer fristlosen Entlassung eines Betriebsrates bekommen, „die wir bekämpft haben und wo wir vorige Woche recht bekommen haben“. Für vergangenen Mittwoch sei die vorläufig letzte Runde zur Verhandlung des Sozialplans ausgemacht gewesen. Die sei aber eine Stunde vor Stattfinden vom Management abgesagt worden, und der Betriebsrat wurde informiert, dass das Unternehmen in die Insolvenz geschickt wird.
"... dass es einem komisch vorkommt"
„Das war überraschend, weil alle zugänglichen Informationen eine völlig andere Sprache gesprochen haben“, sagte Katzian. „Wenn die das am 4. November als Linie vorgeben und dann 14 Tage später die Insolvenz kommt, dann wird es erlaubt sein, dass es einem komisch vorkommt“, verwies der Gewerkschafter auf den Brief von Georg Pfeiffer. Von der Insolvenz sind insgesamt 2.700 Mitarbeiter betroffen. Dazu kommen laut Gewerkschaft noch rund 300 Logistikmitarbeiter. Die Lebensmittelkette soll geschlossen und liquidiert werden. Als Masseverwalter der Zielpunkt GmbH fungiert der Wiener Anwalt Georg Freimüller.
Links: