46 Triloge am Laufen
Nach den Anschlägen von Paris ist binnen weniger Tage die Einigung über die europaweite Fluggastdatenspeicherung zustande gekommen - und das nach jahrelangem Streit und hartnäckigem Widerstand des EU-Parlaments. Entscheidend war dabei der große politische Druck der EU-Staaten. Möglich war das in diesem Tempo aber zuletzt nur, weil EU-Rat, -Parlament und -Kommission in kleiner Runde verhandelten.
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Doch diese Verhandlungen hinter verschlossenen Türen, über die - wenn überhaupt - nur Weniges und noch dazu gefiltert an die Öffentlichkeit dringt, werden zusehends infrage gestellt. Die EU-Ombudsfrau Emily O’Reilly startete nun eine sogenannte öffentliche Konsultation, bei der jeder Interessierte, Privatperson wie Institution, seine Meinung abgeben kann.
Konkret geht es dabei um die Transparenz des Trilog-Verfahrens, also darum, ob die Öffentlichkeit während dieser speziellen Form des Gesetzgebungsprozesses ausreichend informiert wird. In welche Richtung es bei der Untersuchung O’Reillys geht, lässt sich bereits recht konkret an ihren Fragen ablesen, auf die sie alle interessierten EU-Bürger um Antwort bittet.
Schneller, aber intransparenter
Ziel der Triloge ist es, die in der EU ohnehin langwierige Gesetzgebung zu beschleunigen. Das tun sie teilweise auch - doch, wie Kritiker monieren, um den Preis, dass über das Zustandekommen des Gesetzes praktisch nichts bekannt wird. Viele sehen darin auch eine Schwächung des Parlaments.
Konkrete Fragen
Gefragt wird etwa, ob mehr Informationen über die Teilnehmer und die Tagesordnung vorab bekanntgegeben sowie die Verhandlungsmandate von Rat und Parlament publik gemacht werden sollten. Oder auch, ob die Positionen der drei Institutionen Rat, Parlament und Kommission, die gemeinsam mit dem Kompromisstext im „Vierspaltendokument“ zusammengefasst werden, nach einer Einigung veröffentlicht werden sollen. Damit wäre zumindest im Nachhinein ersichtlich, welche Seite sich wofür ein- und womit durchsetzte.
Schwieriger Überblick
Die Undurchsichtigkeit beginnt bereits bei dem Versuch, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, wie viele Triloge es aktuell und zu welchem Thema gibt. Eine längere Suche auf der Website des EU-Parlaments ergibt, dass derzeit 46 Triloge laufen.
28 davon wurden noch vor einer ersten Lesung im EU-Parlament eröffnet. Darunter etwa eine Verordnung über eine Vernetzung der nationalen Arbeitsmarktservices und die engere Verzahnung der Arbeitsmärkte, neue Regeln für Geldmarktfonds sowie eine Novelle der Schulmilchaktion. In dieser Gruppe scheint aber auch noch die eben de facto politisch ausgehandelte Fluggastdatenbank (PNR) auf, da sie formell von Parlament und Rat noch nicht beschlossen wurde.
Finaler Trilog zu Datenschutzverordnung
In 18 weiteren Gesetzesprojekten wurden die Triloge eine Stufe später eröffnet: Das Parlament beschloss dazu bereits im Plenum in erster Lesung je einen Entwurf mit Abänderungen. Darin finden sich Themen wie Tiergesundheit, Maßnahmen zum Schutz vor Pflanzenschädlingen und eine Verordnung über In-vitro-Diagnose-Instrumente.
Vor allem findet sich hier aber die für alle EU-Bürger relevante Generelle Datenschutzverordnung (GDPR). Dazu werden diese Woche in Straßburg die vermutlich letzten Trilog-Verhandlungen stattfinden. Eine Einigung steht laut Informationen, die ORF.at vorliegen, unmittelbar bevor.
Die Websites von Rat, Parlament und Kommission geben keinerlei Auskunft über den aktuellen Stand der einzelnen Triloge. Selbst wann solche stattfinden, ist nicht nachvollziehbar. Viele Dossiers befinden sich zwar im Trilog, das bedeutet aber nicht automatisch, dass sich tatsächlich etwas bewegt. Das lässt sich u. a. daran ablesen, dass die Entscheidung, solch eine Verhandlung zu starten, nicht selten mehr als ein Jahr zurückliegt.
Timmermans-Vorschlag im Jänner
Der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, hatte sich zuletzt kritisch zur Rolle der Triloge (mehr als 90 Prozent aller Gesetzesverfahren laufen mittlerweile über dieses abgekürzte Verfahren, Anm.) geäußert. Er wird im Jänner seine Vorschläge zur Verbesserung der Gesetzgebung auf EU-Ebene unter dem Schlagwort „Better Regulation“ vorlegen.
Darin sollen auch Vorschläge für mehr Transparenz enthalten sein. Das EU-Parlament versucht indes, mit einem Initiativbericht zum selben Thema seine Position festzulegen. Im März soll die Konsultation von Ombudsfrau O’Reilly enden - dann wird man klarer sehen, wie die Zukunft der Triloge aussieht.
Guido Tiefenthaler, ORF.at, aus Brüssel
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