Filialen durch Pleite frei
Durch die Pleite der Lebensmittelkette Zielpunkt verlieren rund 3.000 Menschen ihren Job. Ihre Hoffnung ist, dass sie von anderen Supermarktketten, die Standorte übernehmen, allenfalls mitübernommen werden.
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In ganz Österreich werden alle 229 Zielpunkt-Standorte frei. Filialen gibt es in Wien, Niederösterreich, der Steiermark und dem Burgenland. Die heimischen Diskonter könnten die Zielpunkt-Pleite nutzen, im Osten Österreichs, insbesondere in Wien, schneller zu wachsen. Wie die Handelsriesen REWE und Spar interessieren sich auch Hofer und Lidl für einzelne Zielpunkt-Filialen. Beide Diskonter sind, wie auch REWE, in deutscher Hand.
Wer kann Mitarbeiter übernehmen?
„Hofer möchte sein Filialnetz mittelfristig auf 500 Märkte in Österreich erweitern. Wir sind deshalb an neuen Standorten, die unsere Kriterien im Hinblick auf Erreichbarkeit, Lage, Größe etc. erfüllen, grundsätzlich immer interessiert und unterziehen jeden möglichen Standort einer eingehenden Prüfung“, hieß es von Hofer am Donnerstag auf APA-Anfrage.
Hofer betonte weiters, stets auf der Suche nach neuen Mitarbeitern zu sein. „Gerne sind wir bereit, Zielpunkt-Mitarbeiter, die zu uns passen, eine neue, aussichtsreiche Zukunft bei Hofer zu geben.“ Hofer beschäftigt derzeit in Österreich mehr als 10.000 Mitarbeiter in rund 450 Filialen, bei Konkurrent Lidl arbeiten knapp 4.500 Menschen.
Lidl auf Expansionskurs
Ähnlich äußerte sich Lidl: Man wolle 2016 die Expansion fortführen, der Fokus liege auf Wien, wo Lidl derzeit nur 27 von 205 Filialen hat. „Wir haben schon vor Längerem gesagt, dass Wien Potenzial für die doppelte Menge an Filialen hat“, sagte Sprecher Hansjörg Peterleitner zur APA. Konkrete Gespräche zu Zielpunkt-Filialen habe man freilich noch keine geführt, aber „wir sind grundsätzlich auf der Suche nach weiteren Standorten“.
Für die Tiroler Supermarktkette MPreis dürfte eine Übernahme von Zielpunkt-Filialen indes eher nicht infrage kommen. MPreis ist derzeit hauptsächlich in Tirol vertreten und hat ein paar Filialen in Kärnten und Salzburg. Dort ist Zielpunkt nicht mehr am Markt.
Spar gibt sich bedeckt
Auch die größten Handelsketten des Landes REWE und Spar haben Interesse geäußert. „Was einzelne Standorte betrifft, werden wir das prüfen, sobald wir zu Gesprächen geladen werden“, sagte Spar-Sprecherin Nicole Berkmann am Donnerstag auf APA-Anfrage. Genaueres könne man noch nicht sagen. Etwas zurückhaltender gab sich Branchenprimus REWE (Billa, Merkur, ADEG, Bipa). Die Übernahme einzelner Standorte werde generell „immer geprüft“, so Sprecherin Lucia Urban.
Ob allenfalls auch Mitarbeiter mitübernommen werden, komme „sehr auf den Standort an“, sagte Urban. Beide Unternehmen, REWE und Spar, betonten, dass sie selbst stets auf der Suche nach qualifizierten Angestellten seien. „Gerne können sich auch Zielpunkt-Mitarbeiter bei uns bewerben“, sagte Berkmann. Spar beschäftigt in Österreich 41.000 Personen, REWE rund 40.700 (ohne ADEG).
Gänzliche Filialenübernahme ausgeschlossen
Dass alle Filialen zur Gänze von einem Handelsriesen übernommen werden, ist wettbewerbsrechtlich ausgeschlossen. Fast zu groß ist jetzt schon die Konzentration auf dem heimischen Lebensmittelmarkt. Eher könnten die Standorte an kleinere Player gehen, sagt Kartellrechtsexperte Martin Oder. Zielpunkt ist im Osten Österreichs, vor allem in Wien, stark. In der Bundeshauptstadt sind auch die beiden Handelsriesen REWE und Spar stark vertreten. Jurist Oder kann sich daher nicht vorstellen, dass Spar oder Billa Zielpunkt übernehmen dürften.
„Es ist aber möglich, dass sich jemand anderer dafür interessiert.“ Die Situation sei „regional sehr unterschiedlich“. Infrage kämen etwa Hofer und Lidl. Beim Tiroler MPreis sei es dagegen „fraglich, ob es in deren Geschäftspolitik passt, nach Wien zu gehen“, so Oder zur APA.
Bio-Supermarktkette könnte Lücken füllen
Für Wien könnte sich der Kartellrechtsspezialist auch vorstellen, dass Bio-Supermarktketten in Zielpunkt-Standorte einziehen. Da gäbe es dann wettbewerbsrechtlich eher kein Problem, denn der Bio-Anteil in österreichischen Supermärkten liege derzeit nur bei rund sieben Prozent, bei Frischprodukten (Milch, Eier) seien es 17 Prozent.
Ob es der Masseverwalter zulassen würde, dass die Pfeiffer-Tochter Unimarkt Zielpunkt-Standorte übernimmt, sei von außen schwer zu beurteilen. Grundsätzlich handle es sich bei Unimarkt und Zielpunkt um verschiedene Rechtspersonen, so Oder. Für Pfeiffer sind ein Teil der Zielpunkt-Standorte in Niederösterreich und der Steiermark „potenziell auch für die Unimarkt-Expansion interessant“. Die von der Zielpunkt-Pleite betroffenen Mitarbeiter werden es „nicht leicht haben, ohne Übernahme einen neuen Job zu finden“, fürchtet Oder.
Experte befürchtet Auswirkungen auf Preise
Was die Entwicklung der Lebensmittelpreise betrifft, ist Oder davon überzeugt, dass die Wettbewerbsbehörde (BWB) den Handel weiterhin mit Argusaugen beobachtet, vor allem in Ostösterreich. Die großen Konkurrenten wären jetzt also „gut beraten, nicht unmittelbar aus Anlass des Konkurses von Zielpunkt Preissignale nach oben zu senden“.
Zu Preiserhöhungen werde es jedenfalls infolge der Zielpunkt-Insolvenz nicht kommen, versicherten REWE und Spar. Vielmehr sei die Zielpunkt-Pleite ein Zeichen für den harten Wettbewerb auf dem heimischen Lebensmittelmarkt.
Anders sieht das Theodor Thanner, Chef der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB): „Jetzt ist ein großer wesentlicher regionaler Anbieter ausgeschieden. Und hier ist zu befürchten, dass die Preise steigen werden“, meinte Thanner am Mittwoch.
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