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„Trotz aller Bemühungen“

Die Sanierung von Zielpunkt, zu der die Pfeiffer HandelsgmbH angetreten war, ist gescheitert. Das gestand Pfeiffer-Chef Georg Pfeiffer im APA-Interview am Donnerstag unumwunden ein - auch wenn das schmerze. Den Mitarbeitern droht nun die Arbeitslosigkeit. Pfeiffer verteidigte jedoch die Pleite der Supermarktkette. Die Gewerkschaft widersprach.

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Der Investitionsstau sei im Nachhinein gesehen bereits 2012 zu groß gewesen, so Pfeiffer. Trotz Investitionen von 50 Mio. Euro sei es ihm nicht gelungen, die Tochter Zielpunkt wieder fit zu machen. „Wir haben uns zugetraut, Zielpunkt zu sanieren. Trotz aller Bemühungen war es trotzdem zu wenig“, sagte Pfeiffer. Im Nachhinein gesehen sei die Situation vielleicht schon zum Zeitpunkt des Pfeiffer-Einstiegs „hoffnungslos“ gewesen, so der Chef der Zielpunkt-Mutter.

Pfeiffer-Chef Georg Pfeiffer

APA/Hans Klaus Techt

Georg Pfeiffer, Chef der gleichnamigen Handelsfirma

GPA: Fast 3.000 Mitarbeiter betroffen

Von der Zielpunkt-Insolvenz sind fast 3.000 Beschäftigte betroffen, so die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) am Donnerstag gegenüber der APA. Zu den vom Unternehmen genannten 2.500 Beschäftigten kämen nämlich noch 200 weitere, die derzeit in Karenz seien, sagte der GPA-Sprecher unter Berufung auf die Betriebsräte der Handelskette.

Weiters seien auch fast 300 Mitarbeiter des Logistikzentrums von der Insolvenz erfasst. Logistikmitarbeiter seien am Donnerstag schon nach Hause geschickt worden. Insgesamt handle es sich also um fast 3.000 Menschen, die von der Pleite erfasst werden.

Pfeiffer: „50.000 Euro Verlust pro Tag“

„Zielpunkt war immer in der Verlustzone“, so Pfeiffer. Zwar sei eine letzte Fortbestehensprognose vom Sommer noch positiv gewesen, mittelfristig - binnen drei bis fünf Jahren - hätte man in die Gewinnzone kommen können. Laufende Evaluationen hätten aber ab Oktober gezeigt, „dass sich das Bild begann zu drehen. Diese Situation hat sich im November weiter verstärkt“, so Pfeiffer. „Maximal ein Drittel“ der Zielpunkt-Filialen sei gewinnbringend gelaufen. Zuletzt habe es pro Tag insgesamt Verluste von 50.000 Euro gegeben.

Hintergründe der Zielpunkt-Pleite

Seit Jahren wird schon gemunkelt, aber jetzt scheint es tatsächlich so weit zu sein: Zielpunkt ist am Ende einer langen Geschäftstätigkeit, die unter anderen Namen bis in die 60er Jahre zurück geht.

„Zielpunkt kann auch mittelfristig nicht aus den roten Zahlen kommen“, sagte Pfeiffer. „Eigentlich ist damit schon ein Insolvenztatbestand gegeben.“ Für die nächsten drei bis fünf Jahre wären zum Überleben 60 Mio. Euro nötig gewesen: „Diese hätten wir in ein Fass ohne Boden geschüttet.“ Denn mit der Summe wäre Zielpunkt noch nicht saniert gewesen, so Pfeiffer.

Was passiert mit den Filialen?

Pfeiffer, zu dessen Gruppe auch Unimarkt und Nah&Frisch gehören, sagte auch, dass diese beiden Märkte, „eher Unimarkt“, auch Zielpunkt-Filialen übernehmen könnten, sobald das im Rahmen des Insolvenzverfahrens möglich ist. Wie viele der 229 Standorte weiterbetrieben werden? „Ich glaube und wünsche es unseren Mitarbeitern, dass es so viele wie möglich sind.“ Es gebe in allen Regionen, in denen Zielpunkt vertreten ist, gute und schlechte Standorte. Maximal ein Drittel lief gewinnbringend. Filialen gibt es in Wien, Niederösterreich, der Steiermark und dem Burgenland.

Die größten Handelsketten des Landes, REWE und Spar, können sich vorstellen, einzelne Zielpunkt-Filialen zu übernehmen. Ein Kauf der gesamten Zielpunkt-Gesellschaft oder größerer Filialpakete käme aus wettbewerbsrechtlichen Gründen aber nicht infrage. Auch Hofer und Lidl interessieren sich für einzelne Zielpunkt-Filialen.

Insolvenz muss noch eingereicht werden

Zu Preiserhöhungen werde es jedenfalls infolge der Zielpunkt-Insolvenz nicht kommen, versicherten die Handelsriesen. Vielmehr sei die Zielpunkt-Pleite ein Zeichen für den harten Wettbewerb auf dem heimischen Lebensmittelmarkt. Anders sieht das Theodor Thanner, Chef der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB): „Jetzt ist ein großer wesentlicher regionaler Anbieter ausgeschieden. Und hier ist zu befürchten, dass die Preise steigen werden“, meinte Thanner am Mittwoch.

Die Insolvenz von Zielpunkt soll am 30. November oder 1. Dezember erfolgen. Zu den Zahlen hielt sich Pfeiffer trotz mehrfacher Nachfragen allerdings zurück. Jedenfalls sei „die Pfeiffer-Handelsgruppe selbst mit Abstand der Hauptgläubiger. Wir haben sehr, sehr viel Geld selbst schon in Zielpunkt versenkt. Wir müssen 30 Millionen Euro Forderungen abschreiben“, sagte Pfeiffer zur APA. Auch der Geschäftsführer der Pfeiffer Holding, Erich Schönleitner, sagte zu den Verbindlichkeiten: „Die Holding finanziert den Zielpunkt.“ „Die Märkte gehen ab kommender Woche in Abverkauf“, so Pfeiffer. Die Hoffnung sei, dass „so bald wie möglich“ neue Mieter einziehen.

Kritik an GPA-Chef Katzian

Die harte Kritik der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) wies Pfeiffer zurück. „Es wurden seitens der Gewerkschaft Gesprächstermine mit der Geschäftsführung wiederholt nicht wahrgenommen.“ Zuletzt habe es „maßlos überzogene Sozialplanforderungen gegeben, und der letzte Gesprächstermin vorige Woche wurde von der Gewerkschaft abgesagt“. Erich Schönleitner, Geschäftsführer der Pfeiffer Holding, sagte der APA Richtung Gewerkschaft: „Man muss die Kirche im Dorf lassen. Die Reaktion (von GPA-Chef Wolfgang Katzian, Anm.) ist für uns nicht verständlich.“

Katzian sieht „Masterplan“ hinter Vorgehensweise

Gemeinsam von Betriebsrat und Gewerkschaft werden Betriebsversammlungen vorbereitet, bei denen die Zielpunkt-Mitarbeiter über ihre Rechte aufgeklärt werden. Katzian schilderte am Donnerstag, wie überraschend alles gelaufen sei: Man habe aus den letzten Wochen und Monaten gewusst, dass es bei Zielpunkt strukturelle Veränderungen gebe, so der Gewerkschafter im Ö1-Morgenjournal.

Es habe auch Verhandlungen mit den Betriebsräten gegeben. Für Mittwoch sei eine Sozialplanverhandlung angesetzt gewesen. Diese sei vom Management kurzfristig abgesagt worden, stattdessen habe die Firma „den Betriebsräten mitgeteilt, wir schicken die Firma in Konkurs“. Katzian vermutet einen „Masterplan“ hinter dieser Vorgehensweise, den er noch nicht kenne. Er sei noch am Recherchieren. „Eigenartig ist es jedenfalls.“ Er gehe davon aus, das sich der Masseverwalter die Dinge anschaut. Offenbar wolle man sich auf Kosten der öffentlichen Hand unrentabler oder schwieriger Standorte entledigen.

Unterstützung für Mitarbeiter angekündigt

„Wir organisieren für die Mitarbeiter auch die Anträge beim Insolvenzentgeltfonds“, sagte Katzian am Donnerstag weiter. Es gehe um die November-Gehälter - die nach Mitteilung des Unternehmens ja nicht mehr ausbezahlt würden - und um das Weihnachtsgeld. Es bestehe die Gefahr, dass die Abwicklung Zeit brauche. Die Gewerkschaft will helfen, dass die Gelder möglichst vor Ende Dezember ausbezahlt werden. Bei ähnlichen Insolvenzen sei da auch einiges gelungen.

Sozialminister Hundstorfer erklärt mögliche Hilfe

Wie nach dem Zielpunkt-Aus die Mitarbeiter jetzt seitens der Regierung unterstützt werden könnten, erläutert Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ).

Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) sprach am Donnerstag von einem schweren Schlag für alle Zielpunkt-Mitarbeiter und für den ganzen Arbeitsmarkt. Er sicherte zu, dass die ausstehenden Gehälter und auch das Weihnachtsgeld „selbstverständlich vom Insolvenzentgeltfonds übernommen und ausbezahlt“ werden. Niemand müsse sich Sorgen machen, dass er um sein Geld umfalle, so der Minister in einer Ausendung. Auch ihm gehe es darum, dass diese Ansprüche so bald wie möglich zur Auszahlung kommen. Die großen österreichischen Banken sicherten laut Hundstorfer zu, den von der Zielpunkt-Pleite betroffenen Mitarbeitern keine Zinsen für Kontoüberziehungen zu verrechnen, bis die Mitarbeiter ihrer ausstehenden Gehälter erhalten.

Fonds: Abwicklung im Dezember „wird knapp“

Der Geschäftsführer des Insolvenzentgeltsfonds, Wolfgang Pfabigan, versicherte im Gespräch mit der APA, dass das Geld dafür bereitstehe und der Fonds so schnell wie möglich arbeiten werde. Ob sich die Abwicklung noch im Dezember ausgehe, sei aber offen: „Es wird knapp.“ Im ersten Schritt werden die offenen Gehälter nachgezahlt. Es geht bei Zielpunkt also zunächst um die laut Unternehmen ausstehenden November-Gehälter und die Weihnachtsremuneration für die Mitarbeiter. Dann folge die Auszahlung eventueller weiterer Gehälter und von Abfertigungsansprüchen. Organisatorisch sei alles auf Schiene, so Pfabigan.

Der ISA-Geschäftsführer erwartet, dass der Fonds „einen zweistelligen Millionenbetrag“ an die Zielpunkt-Beschäftigten zahlen müsse. Für den Fonds sei das aber kein Problem. „Es braucht keiner Angst haben, das Geld ist auf jeden Fall da“, so Pfabigan. Auch die Senkung der Beiträge zum Fonds müsse nicht zurückgenommen werden. „Wir können das stemmen.“ Allerdings: Sollten noch viele weitere Großinsolvenzen kommen, werde der Fonds seine Rücklagen aufbrauchen.

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