Mit Lärm für mehr Sicherheit
Noch sind Elektroautos im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor Nischenprodukte. Dennoch hat die University of California bereits 2008 festgestellt, dass besagte Autos bei aller Umweltfreundlichkeit bei niedrigen Geschwindigkeiten ein großes Manko haben: Sie sind zu leise. Dadurch sind Fahrradfahrer und Fußgänger betroffen – bei Letzteren besonders Personen mit Sehbehinderungen.
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Das Problem besteht laut US-Untersuchungen vor allem bis zu einer Geschwindigkeit von 30 km/h, bei höherer Geschwindigkeit sorgen die Reibung der Räder und der Fahrtwind für die gewohnte Geräuschkulisse, die Passanten bei Autos erwarten. Das bereitet den Behörden in den USA immer größere Sorgen. Sie wollen künstliche Fahrgeräusche für Autos, SUVs, Lkws, Busse und Motorräder, die über einen Elektro- oder Hybridmotor verfügen, gesetzlich verankert sehen.
125.000 Unfälle mit Fußgängern jährlich
Die National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA), die zivile US-Bundesbehörde für Straßen- und Fahrzeugsicherheit, schätzt die Wahrscheinlichkeit für Fußgänger oder Radfahrer, in einen Unfall mit einem Elektroauto verwickelt zu werden, um 19 Prozent höher ein, als das mit einem Auto mit Verbrennungsmotor der Fall wäre.
Derzeit ereignen sich in den USA im Schnitt 125.000 Unfälle pro Jahr, bei denen Fußgänger und Radfahrer zu Schaden kommen. Zum Vergleich: In Österreich waren es letztes Jahr 4.258. Die Verordnungsgeber sind laut „Guardian“ fest davon überzeugt, mit den geplanten Maßnahmen die Anzahl der Unfälle dieser Art in den USA um 2.800 jährlich zu verringern.
Eigene Soundsysteme
Gut Ding braucht allerdings Weile. Schon 2010 beschloss der US-Kongress ein Gesetz, das der NHTSA eine Frist zur Finalisierung der Bestimmung bis Jänner 2014 setzte. Seit 2013 wird tatsächlich daran gearbeitet, und im Moment sieht es so aus, als könnte frühestens im Mai 2016 mit einem Beschluss gerechnet werden. Dass der Prozess in die Länge gezogen wird, liegt vor allem an den Autoerzeugern.
Sie würde die Umrüstung im ersten Jahr 23 Millionen Dollar (21,7 Mio. Euro) kosten, zudem wird kritisiert, dass die verlangten Fahrgeräusche allgemein zu laut und in der Realisierung zu kompliziert seien. Dagegen spricht, dass mehrere Firmen bereits eigene Soundsysteme für den Einsatz in Hybrid- und E-Autos entworfen haben.
Herkömmliche Motorengeräusche bevorzugt
Möglich ist dabei theoretisch alles: Vom Brummen eines Verbrennungsmotors über das Zwitschern von Vögeln (bei Überlandfahrten wohl nicht empfehlenswert) bis hin zu Geräuschen, die den Filmen „Star Wars“ und „Blade Runner“ entnommen sind. Vor allem für Sehbehinderte wäre eine Stadt voller verschiedener Geräuschpegel aber verwirrend. Dem 3Sat-Magazin „nano“ zufolge bevorzugen sie zur Orientierung herkömmliche Motorengeräusche.
Gerade bei Gegebenheiten, bei denen Autos und Fußgänger einander besonders nahe kommen, kann es gefährlich werden - bei Parkplätzen etwa. Dort beträgt die Durchschnittsgeschwindigkeit etwa 20 km/h. Und ab diesem Tempo soll eine von der EU für 2019 geplante Regelung greifen, nach der Elektroautos lauter werden sollen. Laut „Auto, Motor und Sport“ sind Elektroautos allerdings jetzt schon geräuschvoller als solche mit Verbrennungsmotor. Allerdings erst bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h.
Noch keine Massenkompatibilität
Massenkompatibilität muss man Elektro- und Hybridautos hierzulande ohnehin noch absprechen. In Österreich waren Ende 2014 insgesamt 3.386 E-Autos gemeldet, was lediglich 0,07 Prozent des Pkw-Bestandes entspricht. Anders sieht die Situation in Norwegen aus, dem Musterland in Sachen E-Mobilität, das massive Förderungen verspricht. Jeder fünfte Neuwagen ist ein Elektroauto, die 55.000 E-Fahrzeuge machen zwei Prozent aus. Allerdings fahren auch hier vorwiegend Bessersituierte mit Strom statt mit Benzin.
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