Was kein Problem ist, wird dazu gemacht
Unnötig oder großartig? Das gerade „entdeckte“ Ketchup in Scheiben scheint die interessierte Netzgemeinde zu spalten. Vor allem in den USA - dort bietet ein Restaurant in Los Angeles nämlich neuerdings in seinen Burgern das feste Ketchup in dünnen, quadratischen Stücken an. Beworben wird es als die Lösung für das Problem durch normales Ketchup aufgeweichter Burgerweckerln.
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Hergestellt wird es recht simpel: Tomatensauce wird mit Sojasauce gemischt und mit Knoblauch und Kräutern gemixt, auf eine ebene Fläche aufgetragen und im Backrohr getrocknet. Zum schnellen Ausprobieren geht es aber auch einfacher: fertiges Ketchup auf Backpapier auftragen, und ab in den Ofen damit.
Ketchup aus dem Backrohr
Der Trick hinter „Ketchup Leather“ ist, dass sich beim Zusammentreffen der Ketchup-Scheibe mit dem warmen, saftigen Fleischleiberl diese wieder rehydriert und leicht schmelzen soll, ähnlich wie das Käse tut. Dieses Ineinanderwachsen der einzelnen Komponenten soll einen unverwechselbaren Geschmack ergeben. Aussehen tut die rote Scheibe gewöhnungsbedürftig. Zumindest die Gefahr, sich anzupatzen wird damit aber sicher geringer.

Screenshot: Youtube / Food Steez (Montage)
Schnell gemacht - wenn man’s haben will
Das Onlineportal Foodbeast jubelt über die Erfindung. Eingeleitet von der Frage, ob die Ketchup-Scheibe Burger „für immer“ verändern wird, heißt es dort: „Wir brauchen mehr Ketchup Leather in unserem Leben.“ Auch im Gadget-Blog Gizmodo ist man höchst erfreut und überschlägt sich beim Lob fast: "Es ist wie eine Käsescheibe aus Ketchup. Oder wie Großartigkeit („awesomeness") in einem Quadrat.“ Auch für das Technikportal Tech Insider ist es „die Lösung“ für letscherte Burgerweckerln und eine „grandiose Idee“.
„Geht es noch grauslicher?“
Dass Ketchup plötzlich nicht mehr flüssig sein soll, löst aber nicht nur Begeisterungsstürme aus. „Kann ich meinen Burger dann noch immer irgendwo eintunken?“, fragt sich ein Leser. Die britisch-amerikanische Nachrichtenseite Mashable ist auch skeptisch: „Ketchup Leather“ sei die Lösung für etwas, wovon man nicht wusste, dass man es braucht, heißt es dort. So überschwänglich die positiven Stimmen klingen, so vernichtend sind die negativen: „Ob ‚Ketchup Leather‘ aus Paradeisern oder gleich aus alten Schuhen gemacht wird?“, fragt sich User Lex Kazda auf Twitter. ORF-Redakteur Hanno Settele fragt, ob es „noch grauslicher“ geht.

Screenshot: Youtube / Food Steez (Montage)
Mahlzeit!
Wenn Ketchup zum Problem wird
Die US-Nachrichtenseite The Atlantic versucht, das Ganze eher von der sozioökonomischen Seite anzugehen und stellt die Fragen in den Raum, ob denn letscherte („soggy“) Burger tatsächlich ein Problem sind? Offenbar ja, wenn man den Hype betrachte, wundert sich die Seite. Neu ist das Phänomen des Lösens von Problemen, die so drängend vielleicht gar nicht sind, jedoch nicht.
Der Glaube, dass jedes Problem mit einer kleinen, einfachen technischen Lösung geregelt werden kann, hat einen eigenen Namen (vorerst nur im Englischen): The Atlantic zitiert den Technologiekritiker Jewgeni Morosow mit dem Wort „Solutionism“. Eines der Merkmale einer von „Solutionism“ geprägten Gesellschaft sei, dass alles als Problem gesehen wird. Sogar Ketchup.
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