Gericht legalisiert Marihuana in Mexiko
Der Oberste Gerichtshof in Mexiko hat den Konsum und Anbau von Marihuana für den Eigengebrauch grundsätzlich erlaubt. Das Urteil gilt zunächst nur für die vier Kläger, dürfte aber als Präzedenzfall die künftige Rechtsprechung bestimmen. Zuvor war ein achtjähriges Mädchen als erste legale Marihuana-Konsumentin bestätigt worden.
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„Das völlige Verbot ist übertrieben und schützt nicht das Recht auf Gesundheit“, sagte die Richterin Olga Sanchez Cordero. „Der Konsum sollte aus Respekt vor dem Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung erlaubt werden.“ Die Gesetze, die den Konsum von Marihuana verbieten, seien verfassungswidrig, urteilte die Kammer. Der Handel mit der Droge bleibt aber untersagt. Bisher war der Besitz geringer Mengen von Marihuana in Mexiko erlaubt, nicht aber der Konsum und Anbau.
Harte Anti-Drogen-Politik wenig effektiv
Die lange Zeit von den USA verlangte harte Anti-Drogen-Politik in Lateinamerika erwies sich als wenig effektiv. Zahlreiche Politiker in der Region fordern einen Richtungswechsel, zumal auch in vielen US-Bundesstaaten der Marihuana-Konsum mittlerweile erlaubt ist. Uruguay hatte 2013 als erstes Land weltweit den Anbau und Verkauf von Marihuana unter staatlicher Kontrolle legalisiert.
Richter: „Totales Verbot unverhältnismäßig“
„Niemand hat gesagt, Marihuana sei harmlos. Es ist eine Droge und verursacht Schäden“, sagte der Richter Arturo Zaldivar. „Wir haben nur festgehalten, dass das totale Verbot unverhältnismäßig ist angesichts der wissenschaftlich nachweisbaren Schäden.“ Sein Kollege Alfredo Gutierrez Ortiz Mena sagte, aus verfassungsrechtlicher Sicht sei ein absolutes Verbot nicht angemessen. Die Regierung respektiere die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, schrieb Präsident Enrique Pena Nieto auf Twitter.
Achtjährige erleidet 400 Anfälle täglich
Zuvor hatte bereits ein anderer Entscheid aufhorchen lassen: Ein achtjähriges Mädchen, das täglich rund 400 Epilepsie-Anfälle durchleidet, wird Mexikos erste legale Konsumentin von medizinischem Marihuana. Trotz des bis dahin strikten Marihuana-Verbots genehmigte das Gesundheitsministerium die Einfuhr eines Mittels auf der Basis von Cannabidiol (CBD), das die Anfälle des Mädchens deutlich verringern soll.
Schwere Form der Epilepsie
Davor hatte ein Richter den Eltern gegen den Widerstand der Regierung die Nutzung des Mittels erlaubt. Die achtjährige Graciela aus der nordmexikanischen Industriestadt Monterrey leidet unter dem sogenannten Lennox-Gastaut-Syndrom, einer schwer zu behandelnden Form der Epilepsie. Ihr erstes Wort als nicht ganz Zweijährige war Mama, seitdem spricht sie nicht mehr.
Graciela trägt Windeln, kann nur kriechen und bewegt sich in einem pinkfarbenen Rollstuhl vorwärts. Ihre Eltern versuchten bereits mit unzählige Therapien bis hin zu einer Gehirn-OP, das Leiden ihrer Tochter zu lindern - nichts half, stattdessen wurde es über die Jahre nur noch schlimmer.
Hoffnung ruht auf Cannabis-Präparat
Ihre ganze Hoffnung ruht nun auf Epidolex, einem Mittel auf Grundlage des aus der Hanfpflanze gewonnenen Cannabidiols, das sich noch in der Probephase befindet. Dessen britischer Hersteller GW Pharmaceuticals spricht von ermutigenden Ergebnissen: Bei Tests in elf US-Krankenhäusern habe sich die Zahl der Anfälle bei den 137 jungen Probanden im Durchschnitt mehr als halbiert.
Einfuhrerlaubnis einmalige Ausnahme
„Wir sind glücklich“, sagte Gracielas Vater Raul Elizalde nach einem Treffen mit dem Leiter der Behörde, die für Medizinimporte aus dem Ausland zuständig ist. „Es ist unsere letzte Hoffnung.“ Das Gesundheitsministerium machte aber gleichzeitig deutlich, dass die Einfuhrerlaubnis eine einmalige Ausnahme bleibe. Das bedeute nicht, dass nun Marihuana „in welcher Form auch immer“ importiert werden dürfe. Nach Angaben von Gracielas Vater geht auch der Kampf vor Gericht ungeachtet der Importerlaubnis weiter, da die Behörden Berufung gegen die Entscheidung des Richters einlegten.