Themenüberblick

Importverbot für Secondhandkleidung?

Gebrauchte Kleidung nicht im Hausmüll, sondern in dafür gedachten Containern entsorgen und damit Gutes tun: Das ist nicht nur bequem, es erleichtert auch das Gewissen. Schon seit den 90er Jahren steht diese Praxis allerdings in der Kritik.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Denn um ihre Projekte zu finanzieren, liefern die meisten Hilfsorganisationen die in Europa und den USA gespendete Ware nach Afrika, was in der Vergangenheit zum Niedergang der örtlichen Textilproduktion beigetragen haben soll. Kenia will den Import nun einstellen. Das könnte allerdings zu neuerlichen Problemen führen.

100.000 Tonnen gebrauchte Kleidung

Schließlich importiert Kenia rund 100.000 Tonnen gebrauchtes Gewand, Schuhe und Accessoires im Jahr. Ein nicht unbeträchtlicher Anteil dieser Ware wird am Gikomba-Basar in Kenias Hauptstadt Nairobi feilgeboten, dem größten Altkleidermarkt Ostafrikas.

Das sorgt selbstverständlich für entsprechend viele Arbeitsplätze. Der britischen Hilfsorganisation Oxfam zufolge gelangen 70 Prozent der weltweiten Kleiderspenden nach Afrika. Was in westlichen Secondhandgeschäften als Ladenhüter gilt, wird hier verkauft – und auch, was sich für das warme Klima eignet.

Kleidungspakete

Reuters/Noor Khamis

In großer Menge kommen die Altkleider nach Afrika

Billigware aus Südostasien

Die Qualität der Kleidung zweiter Wahl übertrifft dennoch die der Neuware aus Südostasien, die in Form von Billigexporten den Markt überschwemmt. So gesehen greift der Vorwurf, getragene Kleidung hätte Afrikas Industrie ruiniert, laut dem deutschen Bundesverband „Verbraucher-Initiative“ auch zu kurz. Das sei lediglich in der Anfangszeit der Gebrauchtwarenimporte der Fall gewesen: In den frühen 80er Jahren setzte der Niedergang der Textilindustrie Kenias ein. Damals erlaubte die Weltbank im Zuge der Marktliberalisierung den Verkauf von Kleiderspenden. Zuvor waren diese unter den Ärmsten der Armen verteilt worden – kostenlos.

Andere Kritiker beharren laut „Süddeutscher Zeitung“ darauf, dass der Niedergang der Textilindustrie in Afrika auch auf „hausgemachte“ Probleme wie Missmanagement und Korruption zurückzuführen sei.

Wenig Begeisterung bei Bevölkerung

Fakt ist: In der Textilindustrie Kenias waren in den 80er Jahren noch 500.000 Menschen beschäftigt – heute sind es nur noch etwa 20.000, so der „Guardian“. Zugleich feilen die Staatschefs von Kenia, Uganda und Tansania seit geraumer Zeit an einer Initiative, die mit Hilfe eines Einfuhrverbots von Secondhandkleidung die Textilindustrie der jeweiligen Staaten wieder ankurbeln soll.

Dass das nicht unbedingt auf Begeisterung seitens der Bevölkerung stößt, sollte etwa Tansania bereits bekannt sein: Dort versuchte man sich schon vor einigen Jahren an einem Importverbot und erntete damit einen Sturm der Entrüstung.

Abhängigkeit von Altkleidern

Aus Sicht der Bewohner Ostafrikas ist die Gegenwehr auch durchaus verständlich: Auch wenn die Jobs an den Marktständen und in der Logistik nicht gut bezahlt sein mögen, so leben dennoch Hunderttausende direkt oder indirekt vom Wiederverkauf von Altkleiderbeständen. Da die Händler nahezu kostenfrei zu ihrer Ware kommen, können sie diese trotz niedriger Preise gewinnträchtig verkaufen.

Dazu kommt, dass die Menschen aus rein praktischen Gründen auf die günstigen Kleidungsstücke angewiesen sind – wer wenig verdient, hat entsprechend wenig, das er ausgeben kann. Da kommen die Textilien, die auf den Märkten um wenig Geld in Haufen feilgeboten werden, gerade recht.

Marktstand für Second Hand Kleidung in Kenia

Reuters/Noor Khamis

Secondhandkleidung als begehrte Ware

Secondhand aus Prestigegründen

Und auch jene, die sich mehr leisten können, wühlen sich durch die Gewandberge. Denn ganz unten verstecken die Händler gerne Teile von begehrten Luxusmarken, die Chance, ein möglichst individuell anmutendes Kleidungsstück zu ergattern, spielt eine Rolle. Für die in den Industriestaaten gesammelte und nach Afrika exportierte und danach gebündelte Ware gibt es übrigens ein eigenes Wort: „Mitumba“.

Links: