Kampf gegen „Kriegsterrorismus“
Mit den jüngsten Terrorattacken sind nach den Worten von Präsident Francois Hollande die Werte Frankreichs angegriffen worden. „Sie sind eine Aggression gegen unser Land, unsere Werte, unsere Jugend und unseren Lebensstil“, sagte Hollande am Montag während einer außerordentlichen Sitzung des Kongresses, einer Versammlung der beiden französischen Parlamente Nationalversammlung und Senat.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Hollande kündigte an, das Parlament noch in dieser Woche um eine Verlängerung des nach den Anschlägen von Paris verhängten Ausnahmezustands zu bitten. Das Parlament soll sich bereits am Mittwoch mit dem Vorschlag befassen, diesen auf drei Monate zu verlängern. Um wirkungsvoll gegen den „Kriegsterrorismus“ kämpfen zu können, sei außerdem eine Verfassungsänderung nötig. Dabei geht es nach Worten des Sozialisten insbesondere darum, im Kampf gegen den Terrorismus leichter Sondermaßnahmen ergreifen zu können.
Strengere Strafen, schnellere Abschiebungen
Ausländer, die eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellten, sollten schneller abgeschoben werden können, sagte Hollande am Montag vor beiden Parlamentskammern in Versailles. Zudem soll es möglich sein, Franzosen die Staatsbürgerschaft abzunehmen, wenn sie wegen eines Angriffs auf „fundamentale Interessen der Nation“ verurteilt würden - vorausgesetzt, dass sie noch eine weitere Nationalität haben. Zweistaatlern soll auch die Einreise verweigert werden können, wenn sie ein Terrorrisiko darstellten.

Reuters/Philippe Wojazer
Es ist das erste Mal seit 2009, dass sich ein Präsident vor den Abgeordneten und Senatoren äußert
Außerdem sollten Strafen deutlich verschärft werden und binnen zwei Jahren 5.000 neue Polizisten eingestellt werden. Die Justiz will Hollande mit 2.500 zusätzlichen Stellen ausstatten, beim Zoll sollen es 1.000 sein. Zudem will Hollande eine Nationalgarde aus Reservisten schaffen. Gleichzeitig kündigte Hollande an, es solle keine weiteren Kürzungen der Ausgaben im Verteidigungshaushalt geben. Die Sicherheit gehe vor und sei „wichtiger als EU-Budgetvorgaben“.
Syrien-Rückkehrer unter Hausarrest?
Unbestätigten Meldungen zufolge plant die Regierung auch, Syrien-Rückkehrer künftig unter Hausarrest zu stellen. Geplant seien „drakonische Überwachungsmaßnahmen“ für Rückkehrer aus Syrien oder dem Irak, verlautete am Montagabend aus Regierungskreisen in Paris. Geschaffen werden solle ein „Rückkehrvisum“, das Syrien- und Irak-Reisende für die Rückkehr auf französischen Boden brauchen sollen.
Unter den Opfern der Anschläge von Paris sind nach Angaben von Hollande mehrere Dutzend Ausländer. Es gebe Opfer aus 19 Ländern, sagte er am Montag vor dem französischen Kongress in Versailles. Frankreichs Weltoffenheit sei ins Visier genommen worden. Er erklärte, die Attentate seien in Syrien entschieden und geplant worden. „Sie wurden in Belgien organisiert“, so Hollande weiter.
Angriff gegen „Frankreichs Werte“
Mit den jüngsten Terrorattacken seien Frankreichs Werte angegriffen worden, sagte Hollande. „Sie sind eine Aggression gegen unser Land, unsere Werte, unsere Jugend und unseren Lebensstil“, so Hollande. Die Republik habe aber bereits andere Prüfungen überstanden. „Unsere Demokratie hat sehr viel schlimmere Feinde überwunden als diese abscheulichen Mörder.“

AP/Frank Augstein
Montagnachmittag wurde der Eiffelturm wieder für Besucher geöffnet. Er erstrahlt drei Tage lang in den französischen Landesfarben Blau-Weiß-Rot.
Hollande hatte den Ausnahmezustand am Freitag nach den islamistischen Anschlägen verhängt. Das ist per Dekret für höchstens zwölf Tage möglich. Eine Verlängerung darüber hinaus muss per Gesetz vom Parlament gebilligt werden. Der Ausnahmezustand ermöglicht unter anderem Ausgangssperren, Wohnungsdurchsuchungen ohne richterlichen Beschluss (auch in der Nacht) und Hausarrest für Menschen, deren „Aktivität“ als „gefährlich für die Sicherheit und die öffentliche Ordnung“ angesehen wird. Außerdem können Konzertsäle und Kinos geschlossen sowie Versammlungsverbote verhängt werden.
Demoverbot bei Klimagipfel
Drei Tage nach den Anschlägen wurden zwar die Theater und Konzertsäle der französischen Hauptstadt unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen wieder geöffnet, Ministerpräsident Manuel Valls kündigte aber an, dass etwa rund um den in zwei Wochen geplanten UNO-Klimagipfel in Paris Konzerte, Feiern und Demonstrationen abgesagt würden. Stattfinden werden demnach nur die Kernverhandlungen.
Zu dem Treffen von 30. November bis 11. Dezember werden Dutzende Staats- und Regierungschefs erwartet. Valls sagte im Radiosender RTL, keiner von ihnen habe nach der jüngsten Gewaltwelle um eine Verschiebung des Gipfels gebeten. Außenminister Laurent Fabius sagte am Rande des G-20-Treffens, ihm hätten viele Politiker vielmehr ihre Teilnahme fest zugesagt. „Wir planen nicht nur zu kommen, wir müssen jetzt kommen, um den Terroristen zu zeigen, dass wir keine Angst vor ihnen haben“, hätten einige Staats- und Regierungschefs gesagt. Umweltgruppen hatten für den Vorabend des Gipfels eine Großdemonstration geplant, zu der sie auf 200.000 Teilnehmer gehofft hatten.
Justizgewerkschaft kritisiert „kriegerischen Diskurs“
Beunruhigt über die Maßnahmen der Regierung zeigte sich die französische Justizgewerkschaft Syndicat de la Magistrature. Sie warnte am Montag vor staatlichen Eingriffen in demokratische Rechte. „Der Ausnahmezustand verändert auf gefährliche Art die Natur und den Umfang der Polizeigewalt“, erklärte die Gewerkschaft. „Frankreich hat alles zu verlieren durch diese - wenn auch zeitweilige - Aussetzung des Rechtsstaats.“ Die Gewerkschaft zeigte sich zudem beunruhigt über den „kriegerischen Diskurs“ der Regierung.
Das Syndicat de la Magistrature vertritt nach eigenen Angaben ungefähr 30 Prozent der französischen Magistrate, also Richter und Staatsanwälte. Politisch ist die Organisation im Vergleich zur größeren Union Syndicale des Magistrats (USM) eher links angesiedelt.
Links: