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Gemeinsame Linie möglich?

Der Kampf gegen den Terror ist schon vorher auf der Agenda des G-20-Gipfels gestanden. Doch die Anschläge von Paris zeigen, wie dringend eine gemeinsame Strategie wäre. Raufen sich die Mächtigen nach dem Schock zusammen?

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Die einflussreichsten Politiker der Welt sind aufgerufen, eine gemeinsame Linie gegen den Terrorismus zu finden. Das Bürgerkriegsland Syrien als wichtigste Brutstätte der aktuellen Terrorgefahr liegt nur wenige hundert Kilometer vom Tagungsort Belek bei Antalya entfernt.

„Terrorismus hat keine Religion, keine Nation, keine Rasse, kein Vaterland“, sagte der Gipfelgastgeber und türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Die Logik „Mein Terrorist ist gut, deiner ist schlecht“ dürfe nicht mehr gelten. Doch gerade diese Logik war beim Kampf gegen den Terror bisher kaum zu überwinden.

Welche Rolle soll der Anti-Terror-Kampf beim Gipfel spielen?

Erdogan hatte das Thema Terrorismus schon vor Paris auf die Agenda gesetzt. Vor allem der Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) steht im Mittelpunkt. Für Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel ist das mörderische Treiben des IS eine Hauptursache für die Flucht Hunderttausender. In der geplanten Abschlusserklärung des Gipfels dürfte dem Kampf gegen den Terror wegen Paris mehr Raum gegeben werden.

Woran scheitert eine gemeinsame Linie bisher?

Terrorist, Freiheitskämpfer oder Rebell? Wer wen für einen Terroristen hält, ist oft eine Frage der politischen Sicht. Einzelne Länder, aber auch die UNO oder die EU haben Listen von Terrorgruppen aufgestellt, die aber nicht immer deckungsgleich sind.

So stufen die USA, die EU und die Türkei die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK als Terrorgruppe ein. Der PKK-Ableger in Syrien, die PYD, ist aus Sicht der Türken ebenfalls eine terroristische Organisation. Dagegen ist die PYD weder in der EU noch in den USA auf der Terrorliste.

Die USA beliefern die PYD-Milizen sogar mit Waffen, weil sie ihr wichtigster Verbündeter im Kampf gegen den IS in Syrien sind. Aus russischer Sicht ist jede bewaffnete Gruppe in Syrien außerhalb des Regimes von Baschar al-Assad terroristisch. Solche Widersprüche gibt es zwischen vielen der G-20-Staaten.

Liegt der Fall beim IS anders?

Der IS unterscheidet sich insofern, als er keine staatlichen Unterstützer hat. Im Gegenteil: Alle Staaten erkennen die Gefahr, die vom IS für den Nahen Osten vom Irak bis nach Libyen ausgeht. Für Europa wie für Russland bedeuten kampferprobte IS-Heimkehrer ein ständiges Terrorrisiko.

Nicht nur die Pariser Anschläge nimmt der IS für sich in Anspruch. Auch der Absturz des russischen Airbus über dem Sinai Ende Oktober geht mutmaßlich auf sein Konto. Die übergroße Gefahr könnte ein Bündnis gegen den IS erleichtern. Auf der anderen Seite scheint klar, dass die Terrormiliz nicht nur aus der Luft zu besiegen sein wird.

Gibt es Anzeichen für eine Einigung beim G-20-Gipfel?

Die ersten Reaktionen der Gipfelteilnehmer deuten zumindest auf Entschlossenheit hin. Frankreich werde den Kampf aufnehmen und unerbittlich sein, sagte Präsident Francois Hollande. US-Präsident Barack Obama sprach von Anschlägen auf die gesamte Menschheit. Merkel verurteilte die „barbarischen terroristischen Anschläge“. Kreml-Chef Wladimir Putin rief zum gemeinsamen „Kampf gegen das Böse“ auf.

Kann der Gipfel Frieden für Syrien bringen?

Syrien ist derzeit der größte Brandherd der Welt. Mehr als 250.000 Menschen wurden im Bürgerkrieg bereits getötet, Millionen sind auf der Flucht. Doch der Einstieg in eine politische Lösung ist völlig offen. Ein Erfolg wäre schon, wenn Obama und Putin stärker an einem Strang ziehen würden. Bisher ist in Belek aber kein Zweiertreffen der beiden Präsidenten geplant.

Henning Otte, Andreas Landwehr/dpa

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