Militär auf den Straßen von Paris
Frankreich befindet sich nach den Terroranschlägen in Paris in der Nacht auf Samstag im „Krieg“, hat Präsident Francois Hollande am Samstag erklärt. Bei koordinierten Terrorattacken an sechs verschiedenen Orten wurden mindestens 129 Menschen getötet. Rund 80 Menschen schweben weiterhin in Lebensgefahr, 220 befanden sich mit minder schweren Verletzungen weiter in Spitalsbehandlung.
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Hollande wies als erster Vertreter des offiziellen Frankreich explizit der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) die Urheberschaft an dem Attentat zu. Diese „ausländische Armee“ habe die Anschläge „von außen“ geplant und organisiert und mit Komplizen „im Inneren“ ausgeführt. „Was sich gestern ereignet hat, ist ein Kriegsakt, und dem gegenüber muss das Land die angemessenen Entscheidungen treffen“, hieß es auch in einer Mitteilung des Elysee-Palasts auf dem Kurznachrichtenportal Twitter.
Demonstrationsverbot bis Donnerstag
Hollandes Aussage über den Kriegszustand ist nicht nur politisch zu verstehen, sondern auch in ihrer unmittelbaren Form. Das Militär wurde zur Wahrung der Ordnung auf die Straßen von Paris abkommandiert, der landesweit verhängte Ausnahmezustand ist überall spürbar: Öffentliche Einrichtungen sind abgesperrt, auch der öffentliche Nahverkehr wurde reduziert. Kirchen, Sehenswürdigkeiten und Touristenattraktionen bleiben zu, es gilt bis mindestens Donnerstag zudem ein Demonstrationsverbot.
Francois Hollande nennt Islamischen Staat als Täter
Der französische Präsident Francois Hollande trat mit neuesten Informationen zu den Hintergründen der Anschläge an die Öffentlichkeit und nannte als Täter den Islamischen Staat.
Indizien für die Urheberschaft des IS waren schon vor Hollandes Erklärung vorgelegen: In einem Video wurde zu weiteren Anschlägen aufgerufen und erklärt, die Franzosen sollten von nun an bei „jedem Marktbesuch in Angst sein“. Zudem tauchte ein zumindest authentisch wirkendes Bekennerschreiben im Internet auf, in dem von „acht Brüdern mit Sprengstoffgürteln“ die Rede ist und das auch mögliche Hinweise auf ein weiteres, nicht zur Ausführung gekommenes Attentat enthält.
Sechs beinahe gleichzeitige Attacken
Mindestens acht Attentäter griffen am Freitagabend beinahe zeitgleich sechs Orte in Paris an, darunter die Umgebung des Stade de France, in dem das Freundschaftsspiel Deutschland gegen Frankreich stattfand, sowie mehrere Cafes und Restaurants. Sieben Angreifer sprengten sich in die Luft, der achte wurde von der Polizei getötet. Der folgenschwerste Angriff des Abends wurde auf die Konzerthalle Bataclan in der Innenstadt verübt, in der 1.500 Menschen ein Rockkonzert besuchten.

APA/EPA/Elysee palace/Christelle Alix
Hollande in dem Moment, als er - selbst im Stade de France zu Gast - von der Anschlagswelle informiert wurde
Kurz nach Mitternacht stürmten Einsatzkräfte der Polizei den Saal in dem beliebten Musikclub, in dem die Attentäter Geiseln genommen und wahllos in die Menge geschossen hatten. Mindestens 82 Menschen starben nach Angaben der Polizei allein bei dem Angriff auf die Konzerthalle, nachdem dort mehrere mit Kalaschnikows bewaffnete Attentäter - laut allerdings widersprüchlichen Angaben unter „Allahu Akbar“-Rufen („Gott ist groß“) - die Halle gestürmt und das Feuer eröffnet hatten.
Suche nach Vermissten über Soziale Medien
Die Attentate ereigneten sich nur zehn Monate nach jenen auf die Satirezeitung „Charlie Hebdo“ und einen jüdischen Supermarkt in Paris. Zahlreiche französische Spitzenpolitiker brachten den Zeitpunkt des Attentats aber auch mit den internationalen Syrien-Gesprächen am Wochenende in Wien in Zusammenhang. Andere verwiesen auf den kommenden Klimagipfel in Paris sowie auf den ebenfalls an diesem Wochenende stattfindenden G-20-Gipfel in der Türkei.

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA
Orte der Terrorangriffe, im Überblick und im Detail
Weiterhin galt am Wochenende der Aufruf an alle Pariser Bürger, zu Hause zu bleiben. In den Sozialen Medien wurden in unüberschaubarer Menge Fragen und Botschaften über den Verbleib von Freunden und Familienmitgliedern ausgetauscht, die sich mutmaßlich am Freitagabend in der Nähe eines der Orte der Anschläge befanden.
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