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Bisher „wichtigster strategischer Sieg“

„Ich bin hier, um die Befreiung von Sindschar zu verkünden.“ Mit diesen Worten hat der Präsident der autonomen Kurdenregion im Nordirak, Massud Barsani, am Freitag nahe der Stadt die geglückte Rückeroberung der er im Vorjahr von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) eingenommenen Stadt Sindschar verkündet. Damit ist nun auch eine zentrale Transitroute des IS unterbrochen.

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Die grenzüberschreitende Verkehrsader verbindet mit Mossul und al-Rakka die beiden großen IS-Zentren in Syrien und im Irak. Beobachter sprechen von der wichtigsten Verkehrsverbindung in den vom IS kontrollierten Gebieten und einer möglichen Zweiteilung des vom IS ausgerufenen „Kalifats“. Laut „Washington Post“ transportierte der IS auf der Straße im großen Umfang Kämpfer und Waffen - Highway 47 habe für den IS aber auch eine zentrale wirtschaftliche Bedeutung.

Rauchwolke über Sindschar

APA/AFP/Safin Hamed

Rauchwolke über der Stadt

Berichtet wurde vom Austausch von Versorgungsgütern und Bargeld zwischen der irakischen IS-Hochburg und dem zur Hauptstadt des „Kalifats“ erklärten al-Rakka - genutzt worden sei die Straße nicht zuletzt für den Transport von Öl, das der IS zur Finanzierung seiner Operationen auf dem Schwarzmarkt verkauft. Laut einem Sprecher der US-geführten Militärallianz, die sich unter anderem mit Luftunterstützung an der Rückeroberung Sindschars beteiligte, sei nun eine „Kommunikationslinie“ durchtrennt, „die (den IS) nach unserer Einschätzung in die Lage versetzt, sich mit Nachschub zu versorgen“.

IS-Kämpfer offenbar geflüchtet

AFP-Reportern zufolge rückten Hunderte kurdische Peschmerga-Kämpfer Freitagfrüh in Sindschar ein. Medienberichten zufolge kam es bei der erst am Vortag gestarteten Großoffensive gegen den IS nur noch vereinzelt zu Gefechten. Der Großteil der IS-Kämpfer sei demnach über Nacht aus der Stadt geflohen. Explosionen in der Stadt führten Beobachter nur noch auf in den Häusern versteckte Sprengfallen zurück.

Kurdischer Soldat während der Offensive

APA/AFP/Safin Hamed

Kurdischer Soldat bei der Offensive

Die USA hatten bei der Offensive auch Militärberater in den Sindschar-Bergen. Diese suchten nach Angaben des Pentagons gemeinsam mit den kurdischen Peschmerga-Kämpfern die Ziele für unterstützende Luftangriffe aus. US-Präsident Barack Obama sagte, es sei von Anfang an das Ziel gewesen, den IS „einzudämmen“, das sei nun geschehen. Nach offiziellen Angaben waren an der Offensive 7.500 kurdische Kämpfer beteiligt.

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Sturm auf Sindschar

Kurdische Peschmerga-Kämpfer haben nach eigenen Angaben Sindschar vom zurückerobert.

IS verliert auch al-Hul in Syrien

Eine Unterbrechung der IS-Transitroute gelang gleichzeitig auch auf syrischer Seite: Ein Bündnis von kurdischen Kämpfern und gemäßigten Rebellen gab am Freitag die Eroberung der IS-Bastion al-Hul im Osten Syriens bekannt. Das sei der „wichtigste strategische Sieg“, der „in vollständiger Zusammenarbeit mit der internationalen Koalition“ unter Führung der USA errungen worden sei, sagte Talal Ali Sello, ein Sprecher der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF).

Zu dem Kampfbündnis auf der syrischen Seite der Grenze gehören die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG), die mehrheitlich arabische Gruppierung Burkan al-Furat und christlich-syrische Gruppierungen. Das Bündnis wurde am 12. Oktober mit Unterstützung der USA gegründet. Die internationale Koalition unter der Führung des US-Zentralkommandos (CENTCOM) flog am Mittwoch und Donnerstag in der Umgebung von Sindschar 36 Luftangriffe. 15 weitere in der Umgebung von al-Hul.

Die Eroberung von Sindschar hat nicht nur strategische Bedeutung, sondern auch großen symbolischen Wert: Im Sommer vergangenen Jahres waren infolge der IS-Blitzoffensive im Nordirak Zehntausende Jesiden in die karge Bergregion rings um die Stadt geflohen, wo sie weder Wasser noch Essen hatten. Tausende Männer wurden getötet, Frauen und Kinder entführt und versklavt. Die Vereinten Nationen sprachen von versuchtem Völkermord.

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