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Wachstum und Fall durch Fluggäste

Kostengünstige Reiseangebote haben nicht nur bekannte Gebiete wie Palma de Mallorca in Spanien nachhaltig geändert - zahlreiche kleinere Städte, die von Billigfliegern nur aus Kostengründen verstärkt angeflogen werden, haben sich in den vergangenen Jahren spürbar verändert.

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Die Kleinstadt Keflavik auf Island, rund 52 Kilometer von der Hauptstadt Reykjavik entfernt, hat sich in den letzten Jahren durch den international genutzten Flughafen, der kostengünstige Fluggesellschaften wie easyJet anzieht, deutlich verändert, schreibt die BBC. In den vergangenen 15 Jahren hat die Einwohnerzahl der Stadt von 10.500 auf 14.800 zugelegt.

Fluggastzahlen steigen weiter

Vier Millionen Menschen haben den Flughafen heuer bereits benutzt - das ist das Zwölffache der Bevölkerungszahl Islands. 2016 werden sechs Millionen Fluggäste erwartet, berichten lokale Medien. In den letzten vier Jahren stieg die Zahl der Fluggäste um 87 Prozent. Eine Million Touristen kam 2014 nach Island, für heuer werden 1,2 Mio. erwartet. Die Zahl der Fluglinien, die den Flughafen auch über das ganze Jahr hinweg ansteuern, steigt laufend. Ausbaupläne, um die Kapazitäten zu vergrößern, gibt es bereits.

Flughafen in Keflavik auf Island

Reuters/Ingolfur Juliusson

Flughafen Keflavik auf Island

Als er sein Hotel in Keflavik 1986 gegründet habe, sei er noch komisch angeschaut worden, sagt Steinthor Jonsson. Mittlerweile plane er, das Obergeschoß seines Hotels in Luxussuiten umzubauen. „Niemand hätte gedacht, dass es ein Fünfsternhotel in Keflavik geben würde“, sagte er gegenüber der BBC. Gerade der Wintertourismus in Island sei durch die Billigfluglinien gestärkt worden, so der Direktor des Wickinger-Museums, Bjorn Jonasson.

Billigflieger bauen aus

Auch Apuliens Hauptstadt Bari in Italien hat sich, seit es Zielort von easyJet ist, stark verändert: die Infrastruktur wurde verbessert, es gibt mehr kulturelle Angebote, und vieles wurde renoviert. Der Effekt kann allerdings auch nach hinten losgehen. Girona etwa war einst begehrter Zielflughafen für Personen, die nach Barcelona oder an die Costa Brava wollten. Seit Ryanair Barcelona direkt anfliegt, fiel die Zahl der Reisenden auf dem Flughafen auf zwei Millionen - von ehemals fünf Millionen 2009.

Hafen von Bari

Fotolia/Lotharingia

Der Hafen von Bari in Apulien

Das könnte in den kommenden Jahren noch zunehmen: Weil Billigfluglinien immer mehr Geschäftsreisende auf Kurzstrecken ansprechen und große Flughäfen anfliegen, laufen regionale Airports und kleinere Flughäfen größerer Städte Gefahr, Passagiere zu verlieren, warnte die Ratingagentur Moody’s vor Kurzem. Das könnte auch Austrian Airlines (AUA) und den Flughafen Wien treffen. Die Lufthansa hat zuletzt jedoch ihre Billiglinie Eurowings in Wien angesiedelt. Zugleich nimmt die Zahl der Billigflugstrecken zu, wie eine Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt zeigt.

Airbnb weiter in der Kritik

Eine deutliche Auswirkung haben auch Zimmervermittlungsplattformen wie Airbnb, Wimdu und 9flats. Kritiker werfen diesen vor, die Wohnungsknappheit noch zu verstärken, weil sich die Eigentümer Hoffnungen auf höhere Einkünfte mit Kurzzeitgästen machen. In Paris etwa werden rund 50.000 Zimmer und Wohnungen über Airbnb angeboten, mehr als in jeder anderen Stadt der Welt.

In Berlin griff die Politik bereits 2014 ein. Seither ist die „Nutzung von Wohnraum zu anderen als Wohnzwecken“ genehmigungspflichtig. Ein Riegel vorgeschoben werden soll damit vor allem jenen Anbietern, die Wohnungen bewusst zum Zweck der Vermietung an Feriengäste anschaffen und so die Wohnungsknappheit verschärfen.

Wien: Zustimmung von Miteigentümern nötig

In Wien gibt es ebenfalls Einschränkungen für private Vermieter. Der OGH legte 2014 in einem Urteil fest, dass die kurzfristige Vermietung auch nur einer Wohnung innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) nicht ohne Zustimmung der anderen Eigentümer des Wohnhauses erlaubt ist. Eine Mietwohnung darf nur mit Zustimmung des Vermieters bzw. nur dann, wenn im Mietvertrag ausdrücklich eine Untervermietung gestattet ist, untervermietet werden. Auch darf die Untermiete nicht höher sein, als jene, die man selbst bezahlt.

In San Francisco, das wegen der boomenden IT-Industrie bereits unter Wohnungsnot und steigenden Preisen leidet, scheiterte Anfang November eine Bürgerentscheidung, um die Vermietdauer auf 75 Tage zu reduzieren. Auch in New York, Barcelona und Paris hatte Airbnb größere Probleme. In San Francisco hatte das Unternehmen rund 7,3 Mio. Euro in eine TV-Kampagne gesteckt, um eine Verschärfung der Regeln zur Untervermietung abzuwehren.

Umsätze in Österreich gehen zurück

Der heimische Tourismus bekommt die Auswirkungen von Airbnb laut eigenen Angaben ebenfalls zu spüren. Es gebe zwar Nächtigungsrekorde, die Umsätze würden aber nicht mithalten, so ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer Ende September gegenüber Ö1. Die Wertschöpfung pro Gast sei geringer geworden. Allein in Wien würden ein Sechstel der angebotenen Betten mittlerweile über Internetplattformen angeboten. „Das ist ein starker Mitbewerb“, räumte Reitterer ein.

Unterdessen steigt der Druck der Finanzbehörden auf Airbnb, auch aus Österreich. Die Behörden fürchten, dass dem Staat durch die private Zimmervermietung viele Steuereinnahmen entgehen. Auch die Ortstaxe (Wien: 3,2 Prozent des Buchungspreises) wird meist nicht bezahlt. Airbnb ging zuletzt in die Offensive und kündigte Anfang November an, einen „gebührenden Anteil“ an Steuern aus dem Hotel- und Tourismusgewerbe entrichten und neue Regeln beim Angebot von Unterkünften einführen zu wollen.

Vermieter müssen künftig nachweisen, dass sie in den vermieteten Wohnungen auch selbst wohnen und die Unterkünfte nur begrenzt zur Verfügung stellen. Außerdem versprach Airbnb, den Städten bei der „effizienten Eintreibung von Steuern aus dem Hotel- und Tourismusgewerbe“ behilflich zu sein.

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