Einigung auf 150-seitiges Koalitionspapier
Wien bekommt wieder eine rot-grüne Stadtregierung: Nach mehr als zwei Wochen harter Verhandlungen hat man sich am Freitag endgültig auf einen Koalitionspakt geeinigt. Das teilten die Parteimanager von SPÖ und Grünen, Georg Niedermühlbichler und Georg Prack, mit. Das Papier muss noch offiziell von den Parteigremien abgesegnet werden.
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Der Zeitplan sieht nun vor, dass sowohl SPÖ als auch Grüne ihre Gremien am Samstagvormittag über das Koalitionspapier abstimmen lassen. Bei positivem Ausgang, der wohl nur Formsache sein dürfte, soll das gesamte Übereinkommen sowie die künftige Regierungsmannschaft noch am selben Tag der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Die Gremien der beiden Parteien werden am Samstag mit den Inhalten des Koalitionspakts konfrontiert. Bereits um 9.00 Uhr tagt der SPÖ-Parteivorstand im Rathaus, anschließend folgt der „Wiener Ausschuss“, konkret um 11.00 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt werden auch die Grünen ihre - im Gegensatz zu den roten Sitzungen öffentliche - Landesversammlung in einem Veranstaltungszentrum am Rennweg beginnen.
Offenbar keine Überraschungen im Regierungsteam
Nach Abstimmung und wohl Annahme der Übereinkunft durch die Funktionäre schreiten die Hauptprotagonisten zur Tat: Am Nachmittag werden Bürgermeister Häupl und Maria Vassilakou, die wohl Vizebürgermeisterin bleiben wird, das 150 Seiten starke Papier sowie die neue Stadtregierung präsentieren.
Laut letzten Informationen dürfte es hier aber nicht allzu große Überraschungen geben und der alte Kader mit dem neuen nahezu ident sein. Fix ist nur, dass die SPÖ wegen des Wahlergebnisses auf einen Ressortchef verzichten muss. Das dürfte Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch treffen, der wieder die Obmannschaft des roten Rathaus-Klubs übernehmen soll.
Knackpunkte Wahlrecht und Inserate
Wo genau die Knackpunkte lagen, wurde vorerst nicht verraten. Als inhaltliche große Brocken im Ringen um eine Einigung galten vor allem die Wahlrechtsreform, Verkehrsthemen wie der Lobautunnel und der städtische Werbeetat.
Man habe sich auch hier geeinigt, wobei Niedermühlbichler und Prack noch keine Details nennen wollten, wie die jeweiligen Lösungen ausschauen. Das soll den Chefverhandlern, Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne), vorbehalten bleiben. Beim Wahlrecht habe man sich, als „Zugeständnis“ an die Grünen, in der Mitte getroffen, berichtete der „Kurier“. Im Gegenzug bekomme die SPÖ ihre gewünschte Donauquerung für die S1.
2.000 Gemeindebauwohnungen sollen entstehen
Ein paar Punkte, bei denen von vornherein so gut wie Einigkeit herrschte, ließen sich die beiden Parteimanager aber doch entlocken. So will Rot-Grün jährlich 10.000 neue Wohnungen bauen. Für die gesamte Legislaturperiode hat man sich die Errichtung von mindestens 2.000 Gemeindewohnungen vorgenommen.
In Sachen Schanigarten-Aufsperrerlaubnis deutete Niedermühlbichler eine „gewisse Flexibilisierung in Absprache mit den Bezirken“ an. Im Öffi-Bereich will man die 365-Euro-Jahreskarte nach Möglichkeit bis 2020 beibehalten.
Außerdem soll Wien zur Bildungs-Modellregion werden, wobei es hier bundesrechtliche Rahmenbedingungen brauche, wurde betont. Darüber hinaus setzt man auf den Ausbau bzw. die Sicherung von Sozialleistungen und - im Hinblick auf Migration - auf Willkommenskultur, aber auch gemeinsame Spielregeln.
Zufriedenheiten in beiden Parteien
„Wir sind der festen Überzeugung, dass die Herausforderungen einer wachsenden Stadt mit einer Partei, die auch Zukunftsvisionen hat, besser und einfacher umsetzbar sind“, streute SPÖ-Wien-Parteimanager Niedermühlbichler dem bisherigen und künftigen Koalitionspartner Rosen. Dieser zeigte sich ebenfalls zufrieden mit dem Pakt - dessen Zustandekommen keineswegs nur Formsache gewesen sein dürfte.
Wahlergebnis
Die SPÖ errang als stimmenstärkste Partei 39,6 Prozent, gefolgt von der FPÖ (30,8 Prozent) und dahinter den Grünen (11,8 Prozent). Die ÖVP rutschte auf 9,2 Prozent ab. NEOS erhielt 6,2 Prozent.
„Es waren für beide Seiten harte Verhandlungen“, verwies sein grünes Pendant Georg Prack im APA-Gespräch auf die offenbar nicht unstrapaziösen Runden. Die letzte endete übrigens erst heute, Freitag, um 4.00 Uhr in der Früh. „Wir habe viele Punkte ausdiskutiert. In manchen Bereichen gibt es durchaus auch Kompromisse“, berichtete Niedermühlbichler. Für diese habe man sich eben viel Zeit genommen.
Wirtschaftskammer stellt Forderungen an Koalition
Bereits im Vorfeld hatte die Wiener Wirtschaftskammer (WKW) am Freitag einen Katalog mit Forderungen an die künftige Stadtregierung präsentiert. Nötig sei vor allem, die „unheilige Dreifaltigkeit“ des Wirtschaftsstandorts - „Rekordarbeitslosigkeit, Rekordverschuldung und Investitionsstau“ - zu bekämpfen, wie Kammer-Chef Walter Ruck in einer Pressekonferenz sagte - mehr dazu in oesterreich.ORF.at
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