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Rubel und Würfel sollen rollen

Fast 500 Spielautomaten, über 60 Spieltische, drei Restaurants und mehr als 120 Hotelzimmer - das sind die Zahlen zu Russlands neuestem und größtem Casino. Eröffnet wurde das „Tigre de Cristal“ am Donnerstag im Fernen Osten des Landes am Rande der Hafenstadt Wladiwostok. Und geht es nach den hochtrabenden Plänen für die Region, ist das erst der Anfang.

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16 Casinos soll der Komplex an der russischen Pazifikküste am Ende umfassen. Daneben sind ein Skigebiet, Einkaufszentren, ein Jachthafen und natürlich weitere Hotels geplant. Rund zwei Milliarden Euro sind für das „Las Vegas am Pazifik“ veranschlagt, das in den kommenden Jahren aus dem Boden gestampft werden soll.

Spielautomaten im Casino "Tigre de Cristal"

Reuters/Yuri Maltsev

Es glitzert und blinkt an Russlands Pazifikküste

Möglich wird das durch einen fünf Jahre alten Erlass, der das Gebiet zur Sonderspielzone erklärte. Denn eigentlich ist seit 2009 jede Form von Glücksspiel in Russland verboten. Damals ließ der Kreml im Kampf gegen die Spielsucht seiner Bürger landesweit fast alle Casinos schließen. Auf den Glücksspieltourismus wollte Moskau aber doch nicht ganz verzichten.

Sonderzone am Rande Ostasiens

In vier Sonderzonen sollte weiterhin Platz für Roulettetische und „einarmige Banditen“ sein. Die Region um Wladiwostok war damals bereits eine davon - neben Asow Kaliningrad (Königsberg), der Region Altai in Sibirien und dem südrussischen Gebiet Rostow. Erst vergangenes Jahr kamen noch zwei weitere Gebiete mit Ausnahmeregeln hinzu: die von Russland annektierte Krim-Halbinsel und die Schwarzmeer-Stadt Sotschi.

Renderings von einem geplanten Casinokomplex in Russland

Nacacorp

Die futuristischen Pläne existieren vorerst nur auf dem Papier

Von den restlichen Sonderzonen unterscheidet sich Waldiwostok aber in einem wesentlichen Punkt: Es ist die einzige am Rande Ostasiens und damit im Einzugsgebiet von einem der weltweit größten Glücksspielmärkte. Sinnbild für diesen war bisher die chinesische Sonderverwaltungszone Macao. Milliarden Dollar steckten - auch ausländische - Investoren in die rund drei Dutzend Casinos der Küstenstadt am südchinesischen Meer.

Spielerschwund in Chinas Glückspielmetropole

Macao ist der einzige Ort in China, an dem Casinos legal sind, und profitierte bisher von reichen und superreichen Asiaten, die ihr Geld in dem Las Vegas Ostasiens ließen. Macaos Casinos nahmen zuletzt etwa siebenmal so viel ein wie die Konkurrenz in Las Vegas. Doch die Glücksspielmetropole könnte ihren Zenit überschritten haben. Denn die Sonderverwaltungszone spürt die verschärften Antikorruptionsmaßnahmen der chinesischen Regierung.

„Angesichts der Antikorruptionskampagne und der politischen Grundstimmung halten es viele reiche Leute für sehr riskant, nach Macao zu gehen. Sie wollen nicht auf dem Radarschirm gesehen werden“, zitierte die „NZZ“ erst im Oktober Tony Tong, Gründer der Beratungsfirma Pacific Financial Services. Bereits Ende 2012 hatte die chinesische Regierung Gesetze erlassen, die den bisherigen - eng mit der Mafia verbundenen - Glücksspieltycoons das Wasser abgraben sollten.

Durch die Sondermaßnahmen wurden Bankkonten in unbekannter Zahl eingefroren und den Casinobetreibern staatliche Aufpasser zur Seite gestellt. Zwar gab die chinesische Regierung als Ziel an, die Glückspielbranche analog zu den staatlichen Wirtschaftsvorgaben wachsen zu lassen. Doch seit fast eineinhalb Jahren gehen die Spieleinnahmen in Macao mittlerweile zurück - ebenso ein Zeichen für das Ausbleiben reicher Spieler wie das Verschwinden von VIP-Tischen aus den Casinos.

Alternativangebot aus Russland

Die „High Roller“ sehen sich mittlerweile nach Alternativen um und finden diese in Vietnam, Kambodscha, Südkorea, den Philippinen - und zukünftig vielleicht auch in Wladiwostok. Günstig liegt die Stadt allemal: In zweieinhalb Flugstunden ist die Stadt von China, Korea und Japan aus zu erreichen. Und so sollen auch 57 Prozent der Gäste aus China, 22 Prozent aus Korea und 13 Prozent aus Japan kommen.

Croupier und Spieler an einem Roulettetisch im Casino "Tigre de Cristal"

Reuters/Yuri Maltsev

In Wladiwostok sollen Rubel und Würfel rollen

Der russische Markt werde hingegen gerade einmal mit acht Prozent veranschlagt, rechnete Andrew Klebanow von der Beraterfirma Global Market Advisors vergangenes Jahr laut „Forbes“ vor. Seine Firma hatte zuvor eine Machbarkeitsstudie für die Region erarbeitet und ihr bereits nach drei Jahren einen Jahresumsatz von 1,2 Milliarden Dollar prognostiziert.

Asiatisches Kapital für asiatische Spieler

Zugleich hat Russland selbst vorerst wenig zu verlieren. Setzt man bei der Entwicklung von Wladiwostok doch vor allem auf ausländisches Kapital. Neben dem kambodschanischen Casinobetreiber NagaCorp ist über die Summit Ascent Holding Ltd. auch der chinesische Casinokonzern Melco Crown Entertainment mit an Bord.

Das Unternehmen baute und betreibt das nun eröffnete größte „Tigre de Cristal“. Hinter dem Unternehmen steht der Casino-Investor Lawrence Ho Yau Lung - die Nummer 949 der „Forbes“-Milliardärsliste. Seine Familie war mit Casinos in Macao reich geworden. Allein für das „Tigre de Cristal“ nahm Ho nun 110 Mio. Dollar in die Hand. Damit soll es aber nicht getan sein.

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