Themenüberblick

Herumballern im Schnee

Die Zeitläufte mögen Österreich seiner Rolle als Pufferzone im Kalten Krieg beraubt haben - aber: Auf James Bond ist Verlass, er kommt trotzdem her, bleibt volle 20 Minuten; und dann wird auch noch der Bösewicht von einem Österreicher gespielt. Daniel Craig und Christoph Waltz liefern einander eine actionreiche Neuauflage des Kampfes Gut gegen Böse.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

„Spectre“ schließt an „Skyfall“ an und damit einerseits an Bonds Reise in seine Kindheit, andererseits an den Tod von MI6-Chefin M (Judi Dench). Sie hat dem Agenten mit der Lizenz zum Töten einen Auftrag hinterlassen. Dieser brockt Bond allerhand Ärger mit seinem Arbeitgeber ein, beschert den Zuschauern aber eine erste atemberaubende Actionszene in einem Hubschrauber über Mexiko-Stadt.

Daniel Craig (James Bond) in Spectre

2015 Sony Pictures Releasing GmbH

Daniel Craig als James Bond und Österreich als hübsches Schlachtfeld

Der neue M (Ralph Fiennes) ist deshalb sauer und suspendiert Bond vom Dienst. Was diesen natürlich nicht davon abhält, einer geheimen Terrororganisation mit Oktopus-Logo auf die Spur zu kommen - „Spectre“. M hat unterdessen eigene Probleme: Mit Max Denbigh (C) taucht ein Bürokrat auf der MI6-Bildfläche auf, der nicht an Doppelnull-Agenten glaubt, sondern an Kontrolle durch totale, international vernetzte Überwachung.

In der Rolle des Bond-Girls glänzt diesmal Lea Seydoux. Sie zeigt im Gegensatz zu Craig und Waltz gleich mehrere unterschiedliche Gesichtsausdrücke. Ebenfalls hervorzuheben: Bonds zweite Liebe in nur einem Film. Monica Bellucci ist mit 51 Jahren das älteste Bond-Girl aller Zeiten. Hier ist Bond wohltuend in der Gegenwart angekommen: Die Geliebte des Helden muss nicht 30 Jahre jünger sein als er selbst - mehr dazu in oe1.ORF.at.

„Habe versucht, ihm nahezukommen“

Sonst jedoch schließt der neue James Bond nahtlos an - aber nicht an die drei bisherigen Craig-Bonds, sondern an die Zeit davor. Die tiefen psychologischen Verstrickungen, die Vielschichtigkeit der Person Bond, die Craig und seine Drehbuchväter gemeinsam mit Regisseur Sam Mendes herausgearbeitet hatten, fehlen diesmal weitgehend. „Ich habe versucht, ihm nahezukommen“, sagt Craig dennoch im Interview mit dem „kultur.montag“ über seine Rolle.

Craig plaudert in „kultur.montag“

Daniel Craig, Christoph Waltz und Lea Seydoux im Interview mit „kultur.montag“: Craig liebt die Berge, Seydoux hat das Casting verhaut, Waltz musste erst gar nicht antreten.

Die turbulenten Abenteuerszenen sind Versatzstücke aus Zeiten, in denen Sean Connery noch ohne Schottenrock herumging und Roger Moore als Sexsymbol galt. Herumballern im Schnee, Ethno-Schnipsel, Verfolgungsjagden: Dieser Bond ist retro.

TV-Hinweis

ORF eins zeigt am Samstag um 20.15 Uhr „James Bond - Skyfall“ - mehr dazu in tv.ORF.at.

Dass die Retro-Schiene bewusst gewählt wurde, zeigen die zahlreichen Referenzen an ältere Bond-Streifen. Ganz besonders die Organisation Spectre - sie tauchte bereits in „Liebesgrüße aus Moskau“, „Feuerball“, „Dr. No“, „Man lebt nur zweimal“, „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“, „Diamantenfieber“ und „Sag niemals nie“ auf. Diesmal fehlen dem Konglomerat des Bösen ein wenig die überzeugenden Ziele, etwa den Erdball in die Luft zu jagen und Auserwählte einer Herrenrasse auf dem Mars anzusiedeln.

Selbst Waltz bleibt - unverschuldet - hinter seinen Möglichkeiten zurück. Ein einziges kindlich-schelmisches „Kuckuck“ schenkt er seinen Fans. Was hätte Quentin Tarantino aus diesem Bösewicht machen können? Und dennoch: Dieser Bond ist kein schlechter Bond. Er ist lediglich aus der Zeit gefallen. Würde man ihn nicht an den drei anderen Craig-Filmen messen (ganz besonders an „Skyfall“), nichts wäre an ihm auszusetzen.

Altaussee, Sölden und Obertilliach

Der österreichische Einsatz als Location für „Spectre“ hat sich jedenfalls gelohnt. Abgesehen davon, dass sich die Touristiker über 16 Mio. Euro Ausgaben und 30.000 Hotelnächtigungen in Tirol, Kärnten und der Steiermark freuen, hofft man auch auf Nachwirkeffekte beim Filmpublikum. Und die könnte es dank der zahlreichen Österreich-Bilder zweifellos geben.

Szene aus dem James-Bond-Film Spectre

2015 Sony Pictures Releasing GmbH

Bösewicht Waltz und Bond-Girl Seydoux

Gute 20 Minuten sind die drei heimischen Drehorte Altaussee, Sölden und Obertilliach auf der Leinwand zu sehen - bei 148 Minuten Gesamtlaufzeit. Rechnet man die ausführlichen Endcredits ab, spielt „Spectre“ mithin zu rund einem Sechstel in Österreich. Dabei dauert es eine ganze Weile, bis das erste Mal rot-weiß-rote Örtlichkeiten zu sehen sind. So muss der Austrofan rund 52 Minuten warten, bis Altaussee samt Seehütte des zweiten Bösewichts zu sehen ist - dafür immerhin einige Minuten am Stück, was beim notorisch locationhoppenden Bond keine Selbstverständlichkeit ist. Und Angst, dass ortsunkundige Bond-Freunde nicht wissen, wohin sie demnächst auf Kur fahren sollen, muss niemand haben: Altaussee wird gleich zweimal samt Namen eingeführt.

Keine Lust auf Smoothies

Danach kommt Tirol (Sölden) zu seinem Recht - mit knappen neun Minuten Leinwandzeit. Das eindrucksvolle Glasrestaurant „ice Q“ dient für das 24. Bond-Abenteuer zwar als Privatklinik, wird aber ausgiebig in Szene gesetzt. Dass 007 der offerierte Smoothie nicht schmeckt, fällt da wohl nicht ins Gewicht. Der spektakulärste Auftritt bleibt im Anschluss jedoch Obertilliach vorbehalten, endet eine rasante Verfolgungsjagd auf der Ötztaler Gletscherstraße doch im dortigen Skigebiet. Im Gegensatz zu den Kollegen von Altaussee müssen die Touristiker von Sölden und Obertilliach jedoch ohne explizite Namensnennung ihrer Region im Film auskommen.

Lea Seydoux (Madeleine Swann) in Spectre

2015 Sony Pictures Releasing GmbH

Seydoux muss als Madeleine Swann Einsatz zeigen

Craig schwärmte im Interview von den österreichischen Bergen: „Es ist unbeschreiblich, wenn man da oben steht. Die Luft ist so klar. Wir hatten wundervolle Tage. Die Location war beeindruckend. Und diese Landschaft hat sich perfekt in den Film eingefügt. Wir hätten keine besseren Orte finden können.“

James Bond, ein „Kasperltheater“

Waltz, neben der Landschaft der zweite österreichische Beitrag, musste im Übrigen kein Casting überstehen, er wurde eingeladen, wie er im „kultur.montag“ erzählte: „Ich glaube nicht, dass es übertriebene Einbildung und Selbstüberschätzung ist, dass die in dem Moment denken, dass das hineinpasst.“

Gegenüber Printmedien hatte Waltz James Bond als „Kasperltheater“ bezeichnet: „Die archetypische Konstellation innerhalb der Bond-Geschichte ist quasi moderne Mythologie“, sagte er im Interview der Zeitschrift „Bunte“. „Es ist wie im Volkstheater, wie im Kasperltheater.“ Bond ist seiner Meinung nach in diesem Spiel der Kasperl, er selbst verkörpert das Krokodil, das verliert. „Ich habe noch kein Kasperltheater gesehen, wo das Krokodil den Kasperl frisst.“

Link:

  • 007 (offizielle Website)