Paketübergabe als Knackpunkt
Der Kampf um jedes Paket tobt. Im Gegensatz zu ihren Kunden schenken sich die Lieferdienste gerade zu Weihnachten, der lukrativsten und geschäftigsten Zeit des Jahres, nichts. Allein im letzten Jahr wurden hierzulande knapp 64 Millionen Pakete verschickt, wie ein Bericht von Kreutzer Fischer & Partner Consulting ausweist. Der Großteil davon Ende des Jahres.
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Der Markt ist hart umkämpft. Denn das Weihnachtsgeschäft trägt erheblich zum Jahresumsatz bei, im Durchschnitt werden in diesen Wochen doppelt so viele Pakete ausgeliefert wie unter dem Jahr. Allein bei der Post lag der Tagesrekord 2014 bei 470.000 ausgelieferten Paketen.
Post vor DPD und GLS
Sieben Paketlieferdienste (Post, DPD, GLS, DHL, Hermes, UPS, TNT) rittern in Österreich um die Zustellung von online bestellten Waren. Klarer Marktführer ist die Post mit 77 Prozent Marktanteil. Diesen will ihr vor allem die Deutsche-Post-Tochter DHL streitig machen, die zuletzt eine Offensive auf dem österreichischen Paketmarkt angekündigt und die Post damit direkt angegriffen hat – mehr dazu in news.ORF.at.
Doch obwohl sich die Anbieter quasi ein Wettrennen zur Haustür liefern, kann das Service beim Paketempfang durchaus noch ausgebaut werden. Die größte Schwierigkeit liegt in der erfolgreichen Zustellung.

ORF.at/Dominique Hammer
Zur Weihnachtszeit herrscht Hochbetrieb bei den Zustelldiensten
Betroffen sind vor allem jene Kunden, die tagsüber im Büro sind, keine Zeit und Muße für lange Einkaufsbummel haben und gerade deswegen verstärkt online ordern. Für sie ist es mitunter erst recht mit umständlichen Wegen zu Paketshops verbunden, bis sie an ihre bestellten Produkte kommen. Hier fehlt bisher eine zufriedenstellende Lösung.
Lieferung in eigenen Kofferraum
Daher tüfteln sämtliche Zusteller an neuen Ideen, um Pakete auf unterschiedlichsten Wegen zum Empfänger zu bringen. Für Aufsehen sorgte zuletzt die Ankündigung der Post, Pakete durch Ablegen im Kofferraum des Kunden zuzustellen. Der Kunde muss seinen Kofferraum dafür mit einer speziellen Box nachrüsten, die dem Postler das Öffnen erlaubt. Möglich ist diese Art der Auslieferung, wenn der Wagen auf öffentlichen Straßen im Umkreis von zwei, drei Gassen zur Lieferadresse parkt und tagsüber nicht bewegt wird.

DHL
In Deutschland wie Österreich wird die Lieferung in den Kofferraum getestet
Auch ein Abstellen auf leicht zugänglichen Parkplätzen, etwa auf dem Firmengelände, ist möglich, so Post-Sprecher Michael Homola gegenüber ORF.at. Tiefgaragen und Parkhäuser kommen wegen Zutrittsproblemen und schlechtem GPS-Signal nicht infrage. Derzeit läuft laut Homola ein Test mit drei Autos in Wien, 2016 könnte der Marktstart erfolgen. Die Kosten der Umrüstungsbox liegen derzeit bei 300 Euro, der Einbau durch einen Fachmann kommt noch dazu. Ganz neu ist die Idee der Kofferraumzustellung allerdings nicht, DHL testet das bereits seit Mai in Deutschland im Raum München.
Pakete via App umleiten
Schon jetzt nutzbar und unter Zustellern stark im Trend sind eigene Apps für den Paketempfang. Sowohl DPD (Paket Navigator für Android und iOS) als auch die Post (Android, iOS und Windows Phone, auch nutzerbar für Pakete von Kooperationspartner Hermes), GLS (FlexDeliveryService für Android und iOS) und UPS (Android und iOS) bieten hier Apps, über die die Lieferungen teils unter Auswahl des Zustelltages an eine Wunschadresse umgeleitet werden können.
Paketkästen direkt im Haus
Des Weiteren wird mit Paketkästen für Mehrfamilienhäuser experimentiert. In diesen werden die Packerln, wie von Briefkästen gewohnt, direkt im Haus hinterlegt. Umgesetzt wurde das hierzulande bisher nur von der Post, allerdings mit einem Haken: Einzig die Zusteller der Post dürfen Pakete in den Boxen hinterlegen, andere Zusteller bleiben ausgesperrt. Die Kunden tragen zudem die Kosten von etwa 300 Euro pro Box (diese soll laut Post für 20 Hausparteien reichen) und für die Aufstellung. 12.000 dieser Boxen wurden in Österreich bisher von der Post installiert.
Ab Mitte nächsten Jahres will die Post zudem eine Paketbox für die eigene Haus- bzw. Wohnungstür anbieten. Derzeit teste man drei verschiedene Typen - einen Paketsack, eine faltbare Box und einen Hartplastikbehälter -, so Post-Sprecher Homola. Bis April soll die Entscheidung für ein Modell gefallen sein, dann sollen auch die genauen Kosten feststehen. Doch auch hier bleibt die Post dabei: Andere Paketdienste werden die Box nicht nutzen können.

ParcelLock
Wer in die Parcellock-Boxen liefern darf, legt der Kunde selbst fest
In Deutschland haben DPD, GLS und Hermes bereits gemeinsam ein Gegenmodell angekündigt. Unter der Bezeichnung Parcellock werden im nächsten Jahr Paketkästen in Wohnhäusern installiert, die allen Liefer- und Paketdiensten offenstehen. In weiterer Folge sollen die Paketkästen auch in anderen Ländern angeboten werden. Einen konkreten Einführungstermin für Österreich gibt es bisher nicht, so GLS gegenüber ORF.at. Hierzulande gehört inzwischen allerdings für viele Bauträger ein eigener Paketempfangsraum bzw. teilweise sogar eine gekühlte Lieferbox pro Wohnung zur Standardausstattung eines Neubaus.
24/7-Abholstationen in der Umgebung
Nach einem ähnlichen Prinzip, aber nicht ganz so bequem, funktionieren sogenannte Paketstationen. Die Post stellt diese etwa im Selbstbedienungsbereich der Postfilialen auf, der Kunde gibt direkt die Abholstation (zu seinen Händen) als Zustelladresse an. Daraufhin liefert der Post-Paketbote die Sendung in eines der verschließbaren Fächer, und der Kunde kann seine Waren zu jeder Tages- und Nachtzeit dort abholen.
Doch auch hier gilt wieder: Jeder Paketdienst kocht sein eigenes Süppchen. Konkurrent DHL hat Ende November eine erste Paketstation in Wien aufgestellt. Weitere sollen folgen. Eine für den Kunden wirklich bequeme Lösung, bei der sämtliche Zustelldienste ein und dieselbe Paketstation bzw. Hausbox verwenden können, ist damit momentan in weiter Ferne.

Österreichische Post AG
Rund 190 Abholstationen betreibt die Post derzeit
Abstellerlaubnis und Hinterlegen beim Nachbarn
Zu den hierzulande beliebtesten Möglichkeiten für Paketempfänger zählt die Abstellgenehmigung. Hier erteilt der Kunde dem Zusteller die Erlaubnis, das Paket an einem gewünschten Ort (Schuhkastel vor Wohnungstür, hinter Blumentopf im Gang, auf Stufen zur Haustür) zu deponieren. Der Ort sollte dabei aber mit Bedacht gewählt werden, denn ein hinterlegtes Paket gilt als erfolgreich zugestellt. Sollte das Paket abhandenkommen, trifft den Lieferanten keine Schuld, die Haftung geht mit der Zustellung auf den Empfänger über.
Die zweitliebste und vermutlich im Alltag üblichste Zustellform ist das Hinterlegen bei einem Nachbarn. Das sollte vorher mit dem oder den betreffenden Nachbarn besprochen werden. Denn wenn der Nachbar tagsüber zu Hause ist, ist er möglicherweise abends dann nicht da, und das Abholen des vermeintlich schon so nahen Pakets kann zum Katz-und-Maus-Spiel werden.
Lästiger Weg in den Paketshop
Zu guter Letzt bleibt noch der von den Kunden ungeliebte Gang in den Paketshop. Denn wird keine der genannten Möglichkeiten genutzt, landet das Bestellte dort. Eines der kleinen Geschäfte wie etwa Lebensmittelläden, Putzereien, Trafiken, Autowerkstätten, Schneidereien, die sich als Paketshop ein Zubrot verdienen, ist zwar meist nicht weit entfernt, doch auch hier ist man an Öffnungszeiten gebunden, und beim Abholen schwerer Pakete ist der Transport nach Hause oftmals eine körperliche Herausforderung.
Ärger nicht an Paketboten auslassen
In einem Test des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) im Vorjahr schnitt die Post bei der Zustelldauer und der Abwicklung gegenüber der Konkurrenz am besten ab. Von welchem Lieferdienst sein Paket ausgeliefert wird, kann sich der Kunde allerdings ohnehin nicht aussuchen. Die Wahl obliegt hier den Onlinehändlern. Amazon-Packerln werden von DHL und damit derzeit noch von der österreichischen Post ausgeliefert. Zalando, Universal und die Otto Group beauftragen Hermes, dieser kooperiert bei der Zustellung an den Kunden wiederum mit der Post. Deichmann und Marionnaud beauftragen GLS, DPD wird unter anderem von L‘Oreal und Sodastream genutzt.
Sollten Probleme beim Empfang aufkommen, rät der VKI dazu, das nicht am Paketboten auszulassen. Dieser sei das kleinste Rad im Getriebe des jeweiligen Logistikkonzerns und freue sich deshalb auch über das, was früher gegenüber dem Paketzusteller ganz selbstverständlich war: ein kleines Trinkgeld, wenn denn alles gut geklappt hat.
Beate Macura, ORF.at
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