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Sammelklage in Vorbereitung

Die Manipulationen bei Abgastests bescheren dem VW-Konzern eine Flut von Sammelklagen - und zwar nicht nur in den USA und in Kanada. Wie die ZIB2 in Erfahrung bringen konnte, bereitet nun auch die Wiener Rechtsanwaltskanzlei Aigner und Partner eine Gruppenintervention – also die österreichische Form der Sammelklage – gegen VW in Deutschland vor.

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In einem ersten Schritt hat die Kanzlei am 16. Oktober einen Brief an die Konzernzentrale in Wolfsburg geschickt: Darin fordert sie das VW-Management auf, österreichischen Investoren den durch den Kursverlust der VW-Aktie entstandenen Schaden zu ersetzen. Das Argument lautet, VW habe intern bereits im Frühjahr 2014 von den Tricksereien rund um den Schadstoffausstoß bei Dieselmotoren gewusst, ihre Aktionäre darüber aber im Unklaren gelassen.

Informationspflicht verletzt?

Sollte Wolfsburg sich nicht zu Schadenersatzzahlungen bereit erklären, will die Kanzlei Klage beim Handelsgericht Wien einbringen. Die Sozietät argumentiert, dass der VW-Konzern die in Deutschland und Österreich gleichermaßen geltende Ad-hoc-Pflicht verletzt hat. Diese besagt, dass wenn sich in einem börsennotierten Konzern wie VW Vorgänge ereignen, die den Aktienkurs erheblich beeinflussen, das den Aktionären unverzüglich zu melden ist.

VW drohen Klagen aus Österreich

Wegen der Affäre um manipulierte Abgaswerte drohen dem VW-Konzern nun auch Klagen aus Österreich. Heimische Anleger wollen Schadenersatz für den Wertverlust der VW-Aktie.

VW schwieg

Doch von unverzüglich kann im Fall VW nicht die Rede sein: Am 8. Oktober dieses Jahres räumte der US-Chef von VW, Michael Horn, gegenüber Kongressabgeordneten in Washington ein, er habe bereits im Frühjahr 2014 von den Unregelmäßigkeiten bei den Abgastests erfahren - also bereits vor rund eineinhalb Jahren. Doch die Öffentlichkeit erfuhr damals nichts davon.

Auch im Frühjahr 2015, als VW in den USA eine großangelegte Rückholaktion startete, blieben den Aktionären die wahren Hintergründe verborgen. Der Konzern schwieg, bis nichts mehr zu verbergen war: Erst am 22. September rang sich die Konzernzentrale in Wolfsberg zu einer Ad-hoc-Erklärung durch.

Aktienverlust soll abgegolten werden

So gesehen konnten österreichische Investoren im März dieses Jahres nicht ahnen, zu welcher Affäre sich das auswachsen sollte. Wer im März VW-Aktien kaufte, kaufte sie zu einem Stückpreis von rund 250 Euro – und muss nun feststellen, dass das Papier nur noch bei knapp 90 Euro notiert. Zu solchen Investoren zählt auch Aigners Mandantengruppe.

Sie argumentieren, dass sie die VW-Aktien nicht gekauft hätten, wenn sie im März schon über die konzerninternen Vorgänge informiert gewesen wären. Sie wollen von VW nun die Differenz zwischen Einstandspreis und aktuellem Verkaufskurs. Sollte das nicht außergerichtlich möglich sein, drohen sie mit dem Klagsweg.

Ein Fall soll Türe öffnen

Die Kanzlei will nun, nach Muster der österreichischen Gruppenintervention, zunächst einen Fall gerichtsanhängig machen, dem sich dann Investmentfonds, Versicherungen und institutionelle Anleger anschließen können.

Seit Frühjahr 2015 ist es österreichischen Aktionären laut einem Entscheid des Europäischen Gerichtshofes möglich, Schadenersatzansprüche gegen ausländische Emittenten vor heimischen Gerichten geltend zu machen. Diesen Entscheid hat eine Wiener Kanzlei durchgefochten: Aigner und Partner.

Ulla Kramar-Schmid, ZIB2, für ORF.at

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