Notquartiere überfüllt
Die Lage der in Slowenien ankommenden Flüchtlinge ist laut der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) „prekär“. Die Menschen müssten „derzeit im Freien übernachten“, sagte die Präsidentin von MSF Österreich, Margaretha Maleh, am Montag der APA. „Das unbedingt Notwendigste ist eine warme Unterkunft, sonst hat es zur Folge, dass die Menschen wirklich schwer krank werden“, sagte Maleh.
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„Das ist jetzt nicht die Schuld von Slowenien“, sagte Maleh, die selbst im Erstaufnahmezentrum Brezice war. Die slowenischen Behörden seien bemüht, alles zu machen, was bei einer solchen Anzahl von Flüchtlingen möglich sei. „Der Mangel an Koordination zwischen den EU-Mitgliedsstaaten erzeugt eine humanitäre Krise“, kritisierte sie.
Forderung nach mehr Hilfe für Flüchtlinge
Die slowenischen Behörden haben sich laut MSF auf die Ankünfte gut vorbereitet, doch der „massive Flüchtlingszustrom war überwältigend“. Die Notquartiere seien überfüllt. Deshalb stranden laut MSF Tausende Menschen auf Feldern oder in überfüllten Aufnahmezentren und müssen die kalten Nächte unter freiem Himmel verbringen.

Reuters/Leonhard Foeger
Mädchen an der slowenisch-österreichischen Grenze
„Das ist das Schlimmste für die Menschen - die Nächte auf nacktem Boden nur mit einer Decke zu verbringen“, sagte Maleh. Unter solchen „erbärmlichen“ Bedingungen müssten auch Familien mit kleinen Kindern, Schwangere, Ältere und Behinderte die Nächte verbringen, hieß es. MSF fordere deshalb mehr Hilfe für Flüchtlinge in Slowenien.
MSF: Situation wird sich verschlechtern
Das MSF-Team behandle derzeit hauptsächlich Erschöpfungszustände, Unterkühlungen, Atemwegserkrankungen, Grippesymptome sowie Magen-Darm-Infektionen, so die Präsidentin. Erwartet wird, dass sich die Situation angesichts des bevorstehenden Winters und sinkender Temperaturen verschlechtern wird. „Wenn es zunehmend kalt wird, wird immer mehr medizinische Hilfe nötig sein“, sagte Maleh. Das medizinische Team von Ärzte ohne Grenzen bleibt laut Maleh vorerst in Brezice. Über eine mögliche Aufstockung der Hilfe soll in den nächsten Tagen entschieden werden.
Erneut Tausende Flüchtlinge angekommen
Die Zahl der Neuankömmlinge in Slowenien bleibt hoch. Fast 16.000 Flüchtlinge waren am Montagabend in Slowenien in den dortigen Aufnahmezentren und Unterkünften untergebracht. Das zeigte die Polizeistatistik mit Stand 18.00 Uhr. Der Großteil davon, rund 11.000 Menschen, befand sich im Südosten des Landes, wo die Flüchtlinge aus Kroatien ankommen. Später am Abend, gegen 21.00 Uhr, ging die Zahl der Flüchtlinge in dem südöstlichen Grenzgebiet etwas zurück. Mehr als 1.300 Menschen wurden laut der Polizei in Novo mesto in die Unterkünfte ins Innere des Landes transportiert. In den vergangenen zehn Tagen kamen insgesamt mehr als 75.000 Menschen nach Slowenien.

AP/Eldar Emric
Flüchtlinge in Südslowenien kurz nach der kroatischen Grenze
Die slowenische Regierung beantragte unterdessen auch offiziell in Brüssel finanzielle Hilfe für die Bewältigung der Flüchtlingskrise. Wie die slowenische Nachrichtenagentur STA mit Bezug auf die EU-Kommission berichtete, bat Slowenien um zehn Millionen Euro. Zudem soll Slowenien in Bälde 400 Polizisten aus anderen EU-Staaten erhalten. Das wurde am Sonntag auf dem Balkan-Gipfel in Brüssel beschlossen.
Hunderte übernachteten im Niemandsland
In der Sammelstelle am Grenzübergang Spielfeld in der Steiermark mussten am Montag 5.000 Flüchtlinge vorübergehend versorgt werden. Am Dienstag werden rund 7.000 Schutzsuchende erwartet - mehr dazu in oesterreich.ORF.at. In der Früh befanden sich noch rund 3.400 Menschen im Grenzraum Spielfeld. Tausende waren zuvor mit Bussen in Notquartiere gefahren worden, das war laut Polizei trotz der vielen Menschen geordnet verlaufen.
Dennoch verbrachten mehrere hundert Menschen die Nacht auf Dienstag im Freien. Sie seien von slowenischen Soldaten direkt an die Grenze geschickt, von den österreichischen Grenzern aber abgewiesen worden, sagten mehrere Flüchtlinge, die in einer Art Niemandsland festsaßen. Sie hätten keinerlei Nahrung oder Wasser erhalten. Um sich vor der Kälte zu schützen, entzündeten sie Lagerfeuer.
58.000 Flüchtlinge in einer Woche
In der Nacht auf den Nationalfeiertag wurden insgesamt 13.200 Flüchtlinge in Österreich in Notunterkünften betreut. Etwa 4.300 hätten in den vergangenen Wochen einen Asylantrag gestellt, gab der Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes, Gerry Foitik, am Montag bekannt. Nach Angaben der slowenischen Polizei reisten bis Dienstag innerhalb der vergangenen Woche insgesamt 58.000 Flüchtlinge nach Österreich ein.
BH prüft „Flashmob“ der „Identitären“
Montagnachmittag kam es in Spielfeld zu einem Aufmarsch von Anhängern der rechtsradikalen „Identitären“ sowie „normalen“ Bürgern, sagte Polizeisprecher Leo Josefus. Etwa 100 Teilnehmer wurden gezählt. Sie schwenkten österreichische und steirische Fahnen. Eine Demonstration bei der Sammelstelle war nicht genehmigt, da der Antrag zurückgezogen worden war. Die Bewegung dürfte die Protestaktion jedoch wie schon am Samstag - da hatten etwa 20 Personen teilgenommen - als „Flashmob“ deklarieren. Die Bezirkshauptmannschaft (BH) Leibnitz will den Marsch prüfen.
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